
Nostalgie und Innovation vereint in einem Müesli
Sommerserie – Teil 4: Seit einigen Monaten ist bei der Dittligmühle das Fotzelschnitte-Müesli im Sortiment. Inhaberin...
Fast wie kleine blaue Fläschchen sehen sie aus, die Haskap-Beeren. Sie sind auch bekannt unter den Namen Maibeere Blaue Heckenkirsche, Kamtschatka-Heckenkirsche. Der lateinische Name ist Lonicera. Seinen Ursprung hat der Strauch in Sibirien, auf Kamtschatka (Nordostasien) und auf den Kurilen (Russland).
Die Pflanzen gedeihen auch in unseren Breitengraden sehr gut. Wie auf dem Biohof Oberzinggen in Hellbühl LU zu beobachten ist.
«Wir haben nach einer Ergänzung gesucht zu unseren Erdbeeren und Himbeeren», sagt Thomas Joss. Weil der Markt bei den Aronia-Beeren bereits gut gedeckt war, sei er auf die Haskap-Beeren gestossen.
Diese sind robust im Anbau und nicht anfällig auf Frost. Die Blüte ist bereits im März und verträgt bis zu -8°C. Da Haskap-Sträucher hier nicht einheimisch sind, haben sie bisher auch keine Krankheiten und Schädlinge. Auf Pflanzenschutzmittel kann Familie Joss hier komplett verzichten. Das Unkraut hingegen sei ein Problem, welches der Landwirt zu Beginn unterschätzt habe.
Bekannt sind Haskap-Beeren, besonders in Japan, wegen ihren Inhaltsstoffen. Sie sind reich an Antioxidantien (Vitamin A, C und E). Ausserdem enthalten sie auch Eisen, Magnesium und Calcium sowie Anthocyane.
Anthocyane sind wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die in vielen Blüten und Beeren vorkommen, welche intensiv rot, violett oder bläulich sind. Sie haben antioxydative Wirkung. Ihnen wird zugeschrieben, dass sie im Körper freie Radikale binden und die DNA schützen können. Diese Wirkungen sind jedoch nicht wissenschaftlich erwiesen.
«Die gesundheitliche Wirkung bewerben wir nicht gross bei den Haskap-Beeren», sagt auch Thomas Joss. Dies auszuloben sei als Lebensmittelproduzent ohnehin nicht gestattet. Hingegen wird in der Vermarktung der Geschmack in den Vordergrund gerückt.
Haskap-Beeren sind süss-säuerlich. Ihr Geschmack erinnert an eine Mischung aus Cassis, Himbeere, Holunder und wilden Heidelbeeren. Zudem variiert er je nach Haskap-Sorte. 2017 haben Anna und Thomas auf dem Biohof Oberzinggen 6 ha der Sträucher mit verschiedenen Sorten angepflanzt. Es sind Kreuzungen aus Wildformen aus Nordamerika. Diese haben etwas mehr Geschmack und bieten auch einen besseren Ertrag.
Der Anbau von Haskap-Beeren hat auch einen ökologischen Mehrwert. Dies einerseits, weil die Wildpflanzen keine Pflanzenschutzmittel benötigen. Ausserdem ist die Sträucher-Hecke beliebt bei zahlreichen Vögeln und anderen Kleintieren. Da die Sträucher bereits im März blühen, sind ihre Pollen und ihr Nektar wertvoll für Hummeln und andere Insekten.
Erntereif sind die frühreifen Beeren bereits Ende Mai bis Anfang Juni. Auf dem Biohof erntet sie die Bauernfamilie maschinell mit einem umgebauten Traubenvollernter. Anschliessend werden sie auf einem spezialisierten Betrieb gepresst und als Saft zurückbezogen. Der Oberzinggenhof verarbeitet den Saft dann weiter, entweder direkt zu Produkten wie Sirup, Gelée, Schorle oder Essig.
Andererseits gibt es auch Fruchtstoffe daraus, welche an externe Verarbeiter wie Getränkefirmen und Molkereien verkauft werden. So stellt zum Beispiel die Gelateria «Kalte Lust» ein Haskap-Glacé her. Die Getränkeherstellerin Komeo in Malters braut ein Kombucha-Tee mit Haskap-Beeren. Ausserdem produziert Swiss Alpine Herbs in Därstetten eine Apfel-Beeren-Teemischung mit Haskap-Trester. Sogar ein Sauerbier entsteht aus der sibirischen Beere.
So rosig wie es nun klingt, sei der Absatz der Haskap-Produkte jedoch nicht, sagt der Landwirt. «Auf uns hat niemand gewartet. Haskap-Beeren kennt niemand und braucht niemand.» So sei es sehr schwer, grössere Verarbeiter zu finden, welche Haskap-Beeren zum Verarbeiten einsetzen. Ein Problem dabei sei auch der höhere Preis im Vergleich zu anderen Fruchtstoffen, die oft nicht aus der Schweiz kommen. Weil der Absatz trotz vieler Anstrengungen nicht besser ist, will Familie Joss die Haskap-Beeren-Produktion nun reduzieren.
Momentan gehen 2/3 der Haskap-Beeren zu externen Verarbeitern und 1/3 verarbeitet der Biohof Oberzinggen in der Manufaktur «Haltbarmacherei». Joss hat die «Haltbarmacherei» aus Zürich kurzerhand übernommen, als diese den Betrieb aufgeben wollten. Die Haltbarmacherei war ein wichtiger Abnehmer für die Erdbeeren, Himbeeren und Haskap-Beeren.
Bereits davor verarbeiteten die Familie Joss und ihre Mitarbeiter einige ihrer Produkte auf dem Hof in einem professionellen Verarbeitungsraum in Handarbeit.
Heute führt der gelernte Koch, Michael Brunner, die «Haltbarmacherei» sowie die Produktion vom Biohof Oberzinggen in einem 100% Pensum. Er stellt vor allem Sirup, Konfitüre und Getränke her in der Manufaktur. Ausserdem stellt er Spezialprodukte für externe Kunden her, wie zum Beispiel Kalamansi-Saft für ein Asiatisches Restaurant.
Die Manufaktur ist Bio-Suisse zertifiziert. Das heisst, dass alle Produkte, die das Bio-Suisse-Label tragen, mehrheitlich (90%) Schweizer Bio-Rohstoffe enthalten müssen. (Es gibt Ausnahmen, wie z. B. Zitronensaft). Auch der Zucker muss das Bio Suisse Label haben. Dieser kostet für die «Haltbarmacherei» 2 Franken pro Kilo, also deutlich mehr als konventioneller Zucker.
Die teureren Rohstoffe und die viele Handarbeit in Kleinproduktionen erklären, warum die Produkte teurer sind als industrielle.
Erhältlich sind die Oberzinggenhof-Produkte im eigenen Hofladen, in verschiedenen regionalen Läden und Hofläden sowie auch im Onlineshop. Im liebevoll eingerichteten Hofladen finden sich auch andere Produkte wie Alpaka-Wolle und Mützen daraus. Die Wolle stammt von den eigenen Alpakas, welche die Masthühner und Bruderhähne vor dem Fuchs beschützen. Rund 2600 Poulets mästet Familie Joss auf ihrem Hof.
Weiter leben 38 Milchkühe auf dem Landwirtschaftsbetrieb in Hellbühl. Familie Joss führt den Betrieb in der vierten Generation. Seit 1994 ist der Oberzinggenhof Bio-Suisse-zertifiziert. Insgesamt bewirtschaftet die Familie gemeinsam mit 3 Festangestellten und 2-3 Saisonangestellten 32 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Auf einer Hektare wachsen Gemüse wie Blumenkohl und Brokkoli, auf ½ ha Erbeeren und auf ½ ha Himbeeren.
«Wir haben einen halben Streichelzoo», sagt Anna Joss strahlend, während eine Herde Laufenten vorbeiwatschelt. Daneben verzieht Thomas scherzhaft das Gesicht: «Und wer muss zu diesen schauen?!»
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