Bäuerinnen und Bauern

So wird man AgrarScout

Sie wollen Brücken bauen zwischen Stadt und Land. An der LUGA 2025 absolvierten 12 Personen den Kurs des Landwirtschaftlichen Informationsdienstes LID.

Tag 1 – der Theorietag

Montagmorgen an der LUGA. Eine Stunde bevor das Publikum zum Messegelände zugelassen wird, trifft sich ein Dutzend Williger in einem Sitzungszimmer. Sie sind gewillt, einer wachsenden Bevölkerung, die kaum mehr in Kontakt kommt mit Bäuerinnen und Bauern vor Augen zu führen, was es bedeutet, in der Schweiz Landwirtschaft zu betreiben.

Aus dem Berner Oberland angereist ist etwa die junge Mutter, die zwar keine landwirtschaftliche Bildung vorweisen kann, aber von ihren Erfahrungen als Ehefrau eines Milchbauern und als Direktvermarkterin berichten kann. In den Pultreihen sitzen weiter etwa ein Innerschweizer Schafbauer, ein Junghennenzüchter aus Schaffhausen, ein Luzerner Schweinezüchter oder eine Bündner Gemüsebäuerin. Vom jungen Viehzüchter bis zum pensionierten Landwirten ist alles dabei. Gemeinsam haben sie den Wunsch, mit der landwirtschaftsfernen Stadtbevölkerung in Kontakt zu kommen.

Am ersten Kurstag erfahren sie Grundlegendes zum Thema Kommunikation. Dozent Matthias Zurflüh ist selbst gelernter Landwirt. Er weiss also, was GVE, TVD und SAK bedeuten. Und er macht den Teilnehmenden bewusst, wie sinnlos es wäre, würden sie im Gespräch mit Messebesucherinnen und -besuchern mit derlei Begriffen um sich werfen.

Überhaupt, das betont er mehrmals, bestehe erfolgreiche Kommunikation nicht darin, den Konsumentinnen und Konsumenten von oben herab die Welt der Bäuerinnen und Bauern zu erklären. Viel wichtiger sei es, erst einmal zu erspüren, welche Gedanken dem Gegenüber durch den Kopf gehen, mit welcher Einstellung es die Messe besucht. Nur wer auf Augenhöhe diskutiere, löse positive Reaktionen aus, so der Kommunikationsprofi.

Soweit so gut, soweit alles nachvollziehbar. Doch wie gelingt es nun, mehr oder weniger gelangweilt durch die Ausstellung spazierende fremde Menschen in ein Gespräch über Landwirtschaft zu verwickeln? Es ist ja nicht davon auszugehen, dass die grosse Mehrheit mit konkreten Fragen zur Landwirtschaft die Ausstellung besucht.

Die künftigen Agrarscouts denken über mögliche "Eisbrecher" nach. Jemand schlägt vor, sich mit einem Kompliment an die Besucherin oder den Besucher zu wenden. Davon raten Projektleiterin Nina Hübner und Kursleiter Matthias Zurflüh jedoch entschieden ab. In Zeiten von #Me-too-Debatten könnte es falsch aufgefasst werden, wenn ein Landwirt eine Besucherin zum Beispiel auf ihre Frisur ansprechen würde. Diese eine Einstiegsfrage, die in jedem Fall funktioniert, scheint es aber offenbar auch nicht zu geben.

Tag 2 – der Praxistag

Mit der vagen Hoffnung, dass dennoch das eine oder andere Gespräch zustande kommen wird, starten die Kursteilnehmenden am zweiten Tag ihr Praktikum. Am Stand der Luzerner Bäuerinnen fällt das Ansprechen relativ leicht. Man kann Wettbewerbtalons verteilen und kommt schnell ins Gespräch darüber, wann welches Gemüse Saison hat.

Aber auch im Stall, wo Schweine, Kühe, Schafe, Ziegen und Pferde ausgestellt sind, kommt es durchaus zum gewünschten Austausch. Etwa mit dem älteren Paar, das sich daran stört, dass die meisten Kühe keine Hörner mehr haben.

Weshalb denn die Schwänze dieser Schafe coupiert seien, wo das doch gar nicht mehr gestattet sei, will eine andere Besucherin wissen. Der anwesende Schafbauer erklärt ihr ausführlich sowohl Gesetzeslage und Praxis als auch die Gründe, die zum Schwanzkürzen führten. Umfassend informiert, zieht die Frau weiter. Sie weiss jetzt auch, was der Agrarscout selbst von der Schwanzlänge der ausgestellten Schafe hält.

Agrarscouts dürfen ihre persönliche Meinung äussern, sofern sie diese als solche deklarieren. Nicht erwünscht ist jedoch die politische Meinungsmache. Als unabhängige Botschafter der gesamten Landwirtschaft vertreten sie alle Produktionsrichtungen.

Mit müden Beinen, einem vollen Kopf und der Erinnerung an viele Begegnungen, nehmen ein Dutzend neue Agrarscouts am Ende des Tages ihre Kursbestätigung entgegen. Ob ihr Einsatz etwas bewirkt hat? Jedenfalls gehen sie mit der Hoffnung nach Hause, hier und dort ein bisschen Verständnis für die Handlungen der Schweizer Landwirtinnen und Landwirte geweckt zu haben.

 

Susanne Graf, AgrarScouts seit der LUGA 2025

Agrarscouts Luga 2025

Neuer AgrarScouts-Kurs: 27. und 28. April 2026 in Bern

Der nächste Kurs findet in Bern während der BEA statt.