Geld für Biodiversität lohnt sich
Die Schweizer Agrarpolitik geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Das zeigt Agrarökonom Robert Huber im Agrarpo...
Die Familie Guillod rund um die Gebrüder Léandre und Maxime hat sich in den letzten Jahren einen Namen im Schweizer Reisanbau gemacht. Und was einst am Vully als Experiment begann, hat sich nun auch in Kappelen etabliert. «Wir haben am Vully mit dem Reisanbau begonnen – mit ‹Riz du Vully›», erklärt Léandre Guillod und ergänzt: «Seit letztem Jahr bauen wir nun auch in Kappelen Reis an.» Dank der Kontakte von Livia Stähli, der Freundin und zukünftigen Frau von Maxime, konnte die Familie Land pachten und so einen zweiten Standort aufbauen.
Der Reisanbau in Kappelen war zunächst ein grosses Wagnis und mit drei Hektaren auch eine ziemlich grosse Pilotfläche. «Wir haben nicht gewusst, ob es hier auch funktioniert, denn es sind wirklich andere Bedingungen als am Vully – anderer Boden, anderes Wasser», erklärt Léandre Guillod, «aber es hat geklappt.»
Die Erweiterung nach Kappelen hatte aber auch strategische Gründe. «Reis ist eine ziemlich risikoreiche Kultur und da Kappelen etwa 20 Kilometer vom Vully entfernt ist, können wir das Risiko besser managen und die Produktion trennen», erläutert der Agraringenieur. Um den neuen Standort auch marketingtechnisch zu etablieren, haben Guillods auch eine neue Marke ins Leben gerufen. «Für den Standort hier haben wir die Marke ‹Aare Riis› lanciert, um den Reis in der Deutschschweiz besser zu vermarkten», erklärt Léandre Guillod und ergänzt: «Nach Bern kennt man den Mont Vully nicht mehr, die Aare aber ist noch weiter herum bekannt.»
In Kappelen baut Familie Guillod drei verschiedene Reissorten an. Loto ist die Hauptsorte und wird vor allem als Risotto gekocht, Nana ist eine japanische Sorte, die als Beilage oder für Sushi verwendet wird. Die dritte Sorte ist Ebano, ein schwarzer aromatischer Vollkornreis, der häufig als Beilage oder Reissalat serviert wird. Diese Sortenvielfalt ermöglicht es der Familie, unterschiedliche Märkte zu bedienen und den Kunden eine breite Palette an Produkten anzubieten.
Der Reisanbau stellt besondere Anforderungen an Boden und Technik: «Hier in Kappelen ist der Boden recht schwer, schon ein bisschen lehmig», erläutert Léandre Guillod. «Wir haben die Felder planiert – auch bei anderen Kulturen, beispielsweise im Gemüsebau, macht man das, damit es keine Senkungen gibt», ergänzt er. Der Unterschied liegt jedoch in der anschliessenden Behandlung des Bodens. «Im Gemüsebau lockert man den Boden nach dem Planieren wieder auf», erklärt der Agraringenieur, «das haben wir hier nicht gemacht und somit bleibt der Boden etwas verdichtet und sorgt dafür, dass das Wasser stehen bleibt.»
«So machen wir eigentlich genau das Gegenteil von dem, was man sonst in der Landwirtschaft macht: Alle schauen, dass möglichst kein Wasser in den Feldern steht und dass der Boden locker ist und für den Reis braucht es das Gegenteil», erklärt Léandre Guillod.
Beim Anbau setzt die Familie Guillod auf asiatische Techniken: «Wir fluten das Feld und setzen die Reissetzlinge ins stehende Wasser – so wie es in Asien gemacht wird», erklärt Léandre Guillod. Diese Methode hat den Vorteil, Unkraut effektiv zu unterdrücken. Im ersten Jahr am Vully haben Guillods den Reis noch trocken gesät und die Felder erst geflutet, als der Reis aufgelaufen war. Das brachte aber Schwierigkeiten mit der Hühnerhirse, die ebenfalls gut gedieh und dem Reis grosse Konkurrenz machte. «Da wir keine Herbizide oder sonstige Pflanzenschutzmittel beim Reis verwenden, mussten wir alles von Hand jäten und das war dann nicht rentabel – jetzt setzen wir den Reis direkt ins Wasser, was viel besser funktioniert», erzählt der Reisproduzent.
Auch die technische Ausstattung spielt eine wichtige Rolle beim Setzen des Reissetzlinge direkt ins stehende Wasser. «Über die Jahre haben wir mehrere Modelle gekauft, getestet und optimiert», berichtet Léandre Guillod und ergänzt: «Es hat nicht mit allen geklappt – aktuell haben wir nun Maschinen aus Japan und die funktionieren gut.»
Unabhängig davon, ob der Reis ausgesät oder gesetzt wird, ist der Reisanbau im Wasser nördlich der Alpen aber grundsätzlich Voraussetzung, denn das seichte Wasser heizt schnell auf und die Wärme wird auch in der Nacht gespeichert. Dadurch kann der Reis schneller wachsen und wird bis im Herbst auch nördlich der Alpen reif.
«Es ist ursprünglich nicht unsere Idee gewesen, Reis anzubauen – wir sind dazu gekommen, weil mein Bruder Maxime in Australien gearbeitet und dort die Technik des Planierens kennengelernt hat», erzählt Léandre Guillod. Diese Technik erschien ihnen zunächst nützlich für ihren Gemüseanbau, um Stauwasser vorzubeugen: «Wir sind Gemüseproduzenten und haben eine kleine Planiermaschine gekauft, um unsere Felder zu verbessern», erklärt er weiter.
«Aber es war dann Agroscope, das landwirtschaftliche Forschungsinstitut des Bundes, das die Idee mit dem Reisanbau hatte», führt Léandre Guillod aus. Es gibt in der Schweiz viele Flächen, die drainiert sind und viele dieser Drainagen sind mittlerweile sanierungsbedürftig – gleichzeitig gehen immer mehr wertvolle Feuchtflächen verloren. Agroscope sah hier Potential, beide Probleme zu verbinden und quasi symbiotisch zu lösen: Agroscope verfolgte den Ansatz, Kulturen anzubauen, die mit Staunässe umgehen können. So müssten die Drainagen nicht erneuert werden und gleichzeitig entstünden neue Feuchtflächen, die sowohl die Biodiversität fördern als auch produktiv sind.
Unter den vorgeschlagenen Kulturen war auch Reis. «Aber um Reis produzieren zu können, damit es wirtschaftlich Sinn macht, muss es perfekt eben sein und so sind wir ins Spiel gekommen – wegen der bereits vorhandenen Planierungsmaschine», erläutert Léandre Guillod.
«Und so haben wir einen Versuch auf 30 Aren gewagt, der relativ gut verlaufen ist», erinnert sich der Agraringenieur weiter. Heute bewirtschaften Léandre und Maxime Guillod elf Hektaren Reisfelder an zwei Standorten. «Es war viel Arbeit, aber wir haben gesehen, dass sich daraus etwas realisieren lässt – und so haben wir 2019 am Vully angefangen und seither den Anbau auch immer langsam, aber stetig etwas ausgebaut», erzählt Léandre Guillod.
Und die Reisfelder der Familie Guillod sind nicht nur produktiv, sondern auch ökologisch wertvoll. Nebst der Nahrungsproduktion bieten die Reisfelder als Feuchtgebiete auch Wattvögel, Frösche und Libellen Lebensraum «Auf den Feldern am Vully hat der stark gefährdete Kiebitz schon genistet», berichtet Léandre Guillod. «Es ist schön zu sehen, dass unsere Felder auch der Natur etwas zurückgeben», ergänzt er.
Die gesamte Weiterverarbeitung des Reises erfolgt vollständig auf dem eigenen Betrieb. «Wir dreschen den Reis im Herbst und trocknen, schälen und polieren ihn dann selbst», erklärt Léandre Guillod. Für die Familie Guillod ist diese Unabhängigkeit nicht nur eine Frage der Qualitätssicherung, sondern auch ein Prinzip der Wertschöpfung: «Wir finden es schade, dass in der Landwirtschaft die Wertschöpfung für die Produkte heutzutage für die Bäuerinnen und Bauern häufig verloren geht», betont Léandre Guillod. Durch die Eigenverarbeitung und direkte Vermarktung möchten sie ein anderes System implementieren. «Bei der Ernte 2023 gab es auf neun Hektaren über 25 Tonnen Reis und wir haben die ganze Menge selbst abgesetzt», erklärt er.
Der Reis wird direkt ab Hof, über den Webshop und über kleinere Wiederverkäufer vermarktet. «Es ist aufwendig, aber es ist machbar und für uns auch eine Investition in die Zukunft», erklärt er weiter. Durch diese direkte Vermarktung kann die Familie Guillod sicherstellen, dass ihr Produkt von höchster Qualität ist und die Kundschaft zufriedenstellt.
Auch die Reissetzlinge zieht die Familie Guillod selbst. «Wir waren die ersten, die in der Schweiz mit dem maschinellen Setzen von Reis direkt ins Wasser angefangen haben», erzählt Léandre Guillod stolz. Und die Schweiz ist in Europa fast das einzige Land, das Reis setzt und nicht sät. Nur in Frankreich und Italien gibt es einige wenige Produzenten, die ebenfalls diese Methode anwenden. «Darum gibt es in Europa auch keine nennenswerte Setzlingsproduktion», erklärt Léandre Guillod und ergänzt: «Es gibt zwar mittlerweile ein paar Gemüsesetzlingsproduzenten, die auch Reissetzlinge machen, aber die Produktionskosten sind hoch, da die Pflanzdichte von Reis viel höher als bei Gemüse ist.»
Daher produzieren sie die Setzlinge selbst, um Kosten zu sparen und die Qualität zu kontrollieren. «Schlussendlich geht es auch hier um Risikominimierung und es ermöglicht uns, verschiedene Sorten zu testen und auf verschiedene Pflanztechniken einzugehen», erläutert Léandre Guillod.
Es braucht 200’000 Setzlinge pro Hektare, was bei elf Hektaren 2,5 Millionen Setzlinge bedeutet. «Diese Anzahl stellt eine der grössten Herausforderungen dar, da alle Setzlinge gesund und möglichst gleichmässig sein müssen», führt der Agraringenieur aus.
Die Kombination aus traditionellen Methoden und moderner Technik sowie die ständige Suche nach Optimierungsmöglichkeiten zeigt, wie Familie Guillod den Reisanbau in der Schweiz erfolgreich vorantreiben.
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