Klimagipfel im Zeichen von Klima, Konsum und graslandbasierter Landwirtschaft
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«Technologie, ein Weg zur nachhaltigen Ernährungswirtschaft?!» lautete an der Swiss Future Farm die Frage zum Innovationsforum Ernährungswirtschaft. Das Forum brachte Fachleute aus Landwirtschaft, Forschung und Industrie sowie Interessierte aus Gewerbe, Dienstleistung und Politik zusammen, um über den Einsatz innovativer Technologien in der Lebensmittelbranche zu diskutieren.
Der Anlass im thurgauischen Tänikon wurde erstmals vom ISF Institut für Intelligente Systeme und Smart Farming an der OST – Ostschweizer Fachhochschule veranstaltet. Gemeinsam mit Agroscope und der Swiss Future Farm betreibt das ISF die Plattform für den Austausch praxisnaher Themen der innovativen Land- und Ernährungswirtschaft.
Der Einsatz modernster Technologien in der Landwirtschaft reduziert oder erübrigt ganz das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Entsprechendes Gerät wird derzeit noch getestet oder ist bereits im Einsatz. Robotische Lösungen waren ein weiterer Schwerpunkt des Innovationsforums Ernährungswirtschaft. Daniel Vetterli von der Vetterlifarm setzt im Biozuckerrüben-Anbau seit 2020 auf den FarmDroid-Roboter, der die Zwischenräume der Pflanzen autonom jätet. «Das verringert bis zur Hälfte die Handarbeit», erklärte er.
Handjäten ist in der Biolandwirtschaft immer noch nötig. «Es ist aber mit hohen Kosten und Personalmangel verbunden», sagte Radek Zenkl. Deshalb setzt das ETH-Spin-off Caterra, bei dem er als CTO tätig ist, auf Laser statt auf Handarbeit. Der batteriebetriebene Roboter von Caterra navigiert voll autonom per GPS durch das Feld und beseitigt Unkraut mit Laserstrahlen. Ein Deep-Learning-Algorithmus erlaubt es ihm, zwischen Nutzpflanzen, Unkraut und Erde zu unterscheiden.
Nach diesem Prinzip arbeitet auch Prof. Dr. Katrin Lohan, Institutsleiterin des EMS Institut für Entwicklung Mechatronischer Systeme der OST. Dabei geht es um den modularen Roboter namens OFA (Open Field Automation). Der Roboter entfernt Unkraut, vor allem Blacken, mit Heisswasser oder Stromstössen. Damit der Roboter weiss, wo die Blacken sind, wird das Feld zuvor mit einer Drohne abgeflogen. KI-Bilderkennung ermöglicht es, die Schädlinge zu erkennen. Ob Laser, Strom oder Heisswasser, alle Methoden bergen Potenzial. Der Einsatz von Pestiziden wird damit stark reduziert. «Wahrscheinlich werden sich die verschiedenen Techniken ergänzen», betonte Radek Zenkl.
Neben dem OFA-Roboter präsentierten die Sponsoren und Partner des Innovationsforums eine breite Palette weiterer Technologien für eine innovative Land- und Ernährungswirtschaft. Das Start-up Frugal Tec aus Diepoldsau stellte seine Vertical-Farming-Anlagen vor. Zudem war der autonome Mähroboter amea, der in Zusammenarbeit mit der OST entwickelt wurde, zu sehen. Das ISF zeigte unter anderem den hundeähnlichen Mehrzweck-Roboter ANYmal, mit dem aktuell noch experimentiert wird. ANYmal ist mit Sensoren und Kameras ausgestattet, um sich autonom in schwierigen Umgebungen zurechtzufinden, Hindernisse zu erkennen und Aufgaben wie Inspektion, Überwachung oder Datenerfassung auszuführen.
Während heute rund 700 Millionen Menschen auf der Welt Hunger leiden, verzeichnet die Schweiz pro Jahr rund 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittelverluste. Eine zutiefst deprimierende Relation. Damit will sich Olivia Menzi nicht abfinden. Sie ist Geschäftsführerin von Circunis, einem digitalen Marktplatz für Lebensmittelüberschüsse. Auf der Plattform warten aktuell fast 90 Tonnen überschüssige Waren aus Verarbeitungs- und Produktionsbetrieben. Um immensen Food Waste zu verhindern, müssen sie wieder in den Kreislauf gebracht werden. «Unsere Vision ist eine Schweiz, die verwendet, was da ist – statt auf Kosten von Umwelt und Gesellschaft zu wirtschaften», sagte Olivia Menzi in ihrem Impulsvortrag.
Der weltgrösste Lebensmittelkonzern Nestlé hat sich mit der klimaneutralen Landwirtschaft ein grosses Ziel gesetzt. Daniel Imhof, Leiter der landwirtschaftlichen Angelegenheiten von Nestlé Schweiz, ist überzeugt, dass es langfristig erreicht werden kann: «Aus meiner Sicht ist die Landwirtschaft der einzige Bereich, in dem Treibhausgase wirtschaftlich aus der Atmosphäre entfernt werden können – und zwar in einer Win-win-Situation.» Eine zentrale Rolle soll dabei die landwirtschaftliche Sequestrierung spielen, das heisst die Speicherung von CO₂ im Boden.
Daniel Imhof nannte als funktionierendes Beispiel das Projekt «AgroImpact», welches Nestlé gemeinsam mit dem WWF im Kanton Waadt betreibt. Damit werden Emissionen auf Bauernhöfen reduziert und die CO₂-Speicherung gefördert. Initiativen wie diese würden dazu beitragen, dass Nestlé bis 2050 das Netto-Null-Ziel erreicht, so der Referent weiter.
Nachhaltige Transformation in der Schweiz ist auch ein erklärtes Ziel der Labelorganisation IP-Suisse. Mit rund 18'000 Mitgliedern und 10'000 Label-Produzenten zählt sie zu den bedeutendsten Produzentenorganisationen des Landes. Seit 2021 verpflichtet IP-Suisse ihre Betriebe zu einem «Klimapunktesystem». Damit soll die Klimawirkung der Produktion erfasst werden, ohne dass die Landwirtinnen und Landwirte umfangreiche Daten sammeln müssten, erklärte Geschäftsführer Christophe Eggenschwiler.
Das sei ein zentraler Faktor bei der Entwicklung des Online-Tools des Klimapunktesystems gewesen. Die Produzenten sollen nicht zusätzlich mit administrativer Arbeit überlastet werden, sagte Eggenschwiler und zog bei seinem Impulsvortrag die Bilanz: «Die Resonanz unserer Mitglieder auf das Tool ist positiv ausgefallen. Wir haben sogar 700 proaktive Vorschläge der Bauern für Klimamassnahmen erhalten.»
Diese Frage stellte Prof. Dr. Henrik Nordborg, Studiengangleiter Erneuerbare Energien und Umwelttechnik an der OST. «Kann sich die Menschheit ernähren, ohne den Planeten zu zerstören», fragte er weiter. Wichtig sei in diesem Zusammenhang eine nachhaltige Lösung, lautete seine Antwort. Sie müsse eng mit der globalen Versorgungssicherheit verknüpft werden. Laut einer Studie von 2019 würde bis 2050 die Nachfrage nach Lebensmitteln um 50 Prozent steigen. Die dafür benötigte Ackerfläche entspräche der doppelten Fläche Indiens.
Dringenden Handlungsbedarf sieht der Nordborg nicht bei der Bereitstellung der Ackerfläche, sondern bei der Produktion von Nahrungsmitteln für einkommensschwache Bevölkerungsgruppen. Diese Produktion lohne sich nämlich marktwirtschaftlich kaum. Es seien daher finanzielle Anreizsysteme nötig, um die Grundversorgung sicherstellen zu können. «Das Gespenst der Unterernährung ist zurück», strich Hendrik Nordborg heraus. «Essen ist in erster Linie ein Verteilungsproblem und kein Produktionsproblem.»
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