
Bündner Bauer erfindet Kompostcontainer, um möglichst viele Nährstoffe zu binden
Peter Angelini ist ein wahrer Daniel Düsentrieb. Auf seinem Schafbetrieb in S-chanf im Engadin tüftelt er an einem ge...
Die Schweiz ist ein Land der Bäume. Rund 32 Prozent der Landesfläche sind bewaldet, das entspricht mehr als 13’000 Quadratkilometern. Genaue Baumzahlen zu nennen, ist schwierig – denn was zählt: Einzelbaum, Bestand, Waldparzelle? Schätzungen des Bundesamts für Umwelt und der eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft gehen von etwa 530 Millionen Bäumen aus, verteilt über die Wald-, Siedlungs- und Landwirtschaftsflächen. Doch der einzelne Baum bleibt einzigartig. Er ist kein Symbol – er ist ein System.
Ein Baum ist ein Wunderwerk. Zum Beispiel: Eine ausgewachsene Linde kann täglich bis zu 400 Liter Wasser durch ihren Stamm transportieren – über ein ausgeklügeltes Transpirationssystem, angetrieben durch Verdunstung in den Blättern. Gleichzeitig betreibt der Baum Photosynthese: Er nimmt Kohlendioxid aus der Luft auf und erschafft mit Hilfe der Energie von Sonnenlicht Zucker – seine zentrale Energiequelle. Diese Zucker nähren den Baum: Sie versorgen ihn mit Kraft für Wachstum, Zellbildung und den Aufbau neuer Gewebe. Als «Abfallprodukt» entsteht Sauerstoff, der an die Umgebung abgegeben wird.
Seine Krone spendet Schatten, seine Oberfläche filtert Feinstaub, seine Wurzeln lockern den Boden. Auch was unterirdisch geschieht, ist faszinierend: Über sogenannte Mykorrhiza – Pilznetzwerke – kommunizieren Bäume mit Artgenossen, tauschen Nährstoffe aus, warnen sich gegenseitig vor Schädlingsbefall. Dieses «Wood Wide Web» ist kein Mythos, sondern durch zahlreiche internationale Studien belegt. Ein Baum lebt somit nicht für sich – er lebt im Zusammenhang.
Seine Rinde beherbergt Moose, Flechten, Insekten. In seinem Geäst nisten Vögel und es ist Lebensraum für Pilze und Mikroorganismen. Auch im Tod lebt er weiter – als Totholz, Humus, Wärmequelle, Möbelstück oder Nährstoffquelle. Die Kette der Nutzung ist lang und beginnt nicht erst beim Fällen.
Früher war der Baum vor allem auch Rohstofflieferant: Brennholz, Bauholz, Futterlieferant für die Tiere. Die Buche zum Beispiel wurde «Brotbaum» genannt und die Baumart sicherte der Landwirtschaft das Einkommen. Heute wandelt sich das Wertverständnis gegenüber den Bäumen. Sie haben einen anderen Stellenwert erhalten – einen gesamtheitlichen, einen ökologischen, gesellschaftlichen und politischen.
Der Baum wird auch als Klimaschützer gesehen, wegen seiner Fähigkeit, CO₂ zu binden, Wasser zu speichern und die Luft zu kühlen. Er ist Teil von grossräumigen Planungsstrategien geworden, etwa im Rahmen der Schwammstadtkonzepte. Städte arbeiten an Strategien, um Städte widerstandsfähiger gegenüber Hitze und Starkregen zu machen. Die Idee: Regenwasser nicht ableiten, sondern speichern – in Grünflächen, Mulden, entsiegelten Böden. Bäume sind zentrale Akteure dieser Strategie. Werden sie in durchlässige, unversiegelte Böden gepflanzt, kann Regenwasser vor Ort versickern und zwischengespeichert werden. Dieses Wasser steht den Bäumen in Trockenperioden zur Verfügung und kann über Boden und Vegetation verdunsten – was das Mikroklima kühlt, die Kanalisation entlastet und die Biodiversität mitten im Quartier fördert.
Neue Baumstandards werden eingeführt, wie zum Beispiel in der Stadt Zürich. Seit 2022 soll jeder neu gepflanzte Stadtbaum mindestens 12 Kubikmeter durchwurzelbaren Boden erhalten – damit er langfristig gedeihen kann. Städte evaluieren auch sogenannte «Zukunftsbäume»: Arten, die Hitze und Trockenheit besser vertragen. Es geht nicht mehr nur darum, einen Baum zu pflanzen – sondern den richtigen, am richtigen Ort, unter den richtigen Bedingungen.
Bäume stehen nicht nur in der Landschaft, sondern auch im Gesetz – geschützt durch das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz, durch kantonale Bauvorschriften und kommunale Baumschutzverordnungen. Wie wirksam dieser Schutz ist, hängt allerdings von mehreren Faktoren ab: von der konkreten Ausgestaltung der Regelungen, von der Planungspraxis und oft auch vom Einzelfall. Ob ein Baum erhalten bleibt, entscheidet sich nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Zusammenspiel von Interessen, Zuständigkeiten, Prioritäten und Eigentumsverhältnissen.
Ein 60-jähriger Baum hat über die Jahrzehnte ein Vielfaches mehr CO₂ gebunden als ein Jungbaum – und bietet durch seine Grösse, Struktur und Baumhöhlen auch erheblich mehr Lebensraum für Tiere, Pilze und Mikroorganismen. Deshalb fordern Fachleute wie der Verband Schweizerischer Stadtgärtnereien (VSSG), dass Bäume konsequent als Teil der urbanen Infrastruktur mitgedacht werden – gleichwertig mit Strassen, Leitungen oder Plätzen.
Der Tag des Baumes am 25. April lädt zum Innehalten ein – und zum Nachdenken darüber, was ein Baum heute eigentlich bedeutet. Es geht längst nicht mehr nur um Pflanzaktionen oder schöne Gesten. Es geht um Verantwortung. Um Gestaltung. Und um Wissen.
Der Baum ist kein romantisches Naturbild vergangener Zeiten – sondern ein aktuelles, vielschichtiges Thema: ökologisch, städtebaulich und gesellschaftlich.
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