Das Label «Bio Cuisine» will mehr Bio in der Gastronomie

«Bio Cuisine» zeigt, wie hoch der biologische Anteil an Nahrungsmittel in einer Gastroküche ist. Heute sind 34 Betriebe ausgezeichnet, in fünf Jahren sollen es über 350 sein. Nicolas Darnauguilhem, «Green Chefs of the Year», bewertet das Label differenziert.
Zuletzt aktualisiert am 8. Mai 2025
von Monika Neidhart
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3 Bio Cuisine©Monika Neidhart

«Es ist einfach, zu Hause biologische Nahrungsmittel zu essen. Schwieriger wird es, wenn man sich auswärts in einem Restaurant, einer Kantine oder mit Take-Away-Gerichten verpflegt», analysiert David Herrmann, Mediensprecher von Bio Suisse, die Situation in der Schweiz.

Diese Realität hat seine Organisation im Jahre 2023 zum Anlass genommen, das Label «Bio Cuisine» zu lancieren.  Die nachhaltige Gastronomie soll sichtbarer und ihr dadurch einen Marktvorteil verschafft werden. Davon können alle Beteiligten profitieren, wie David Herrmann erklärt: «Produzenten erhalten mehr Absatzmöglichkeiten, die Gastronomie kann ihr Engagement hervorheben und das Essen mit biologischen Nahrungsmitteln wird für die Konsumierenden einfacher.»

Anzahl Sterne abhängig vom Einkaufswert

34 Betriebe führen das Label «Bio Cuisine»; vom kleinen Foodtruck über Restaurants bis zu Gemeinschaftsgastronomien wie der Mensa HAFL in Zollikofen. Ein Betrieb hat das Label aufgrund eines Managementwechsels seit dem Start zurückgeben. «Wir sind vor zwei Jahren verheissungsvoll mit dem Label gestartet, mussten aber bald feststellen, dass eine grössere Begleitung der interessierten Betriebe nötig war, als wir uns vorstellten», blickt David Herrmann auf den Anfang zurück.

«Besonders die Berechnung des Warenwertes und dem anteilsmässigen Bio-Warenwert ist etwas tricky, da die Warenwerte der unterschiedlichen Qualitäten oft mühsam herausgeschrieben werden müssen», weist er auf den entscheidenden Punkt hin. Ob das Label Bio Cuisine einen, zwei oder drei Sterne ausweist, hängt vom Einkaufswert der Ware und dem Anteil ab, wie viel davon biologisch produziert ist. Bei einem Anteil von mindestens 30% Bioprodukten am Gesamteinkauf gibt es einen Stern, ab 60 % sind es zwei Sterne. Wer über 90% erreicht, wird mit drei Sternen ausgezeichnet.

Von den zertifizierten Betrieben tragen acht einen Stern, fünf Betriebe zwei Sterne und 21 Unternehmen deren drei. Neben dem Offenlegen des Wareneinkaufs verpflichten sich die Betriebe zu regelmässigen Weiterbildungen und unabhängigen Kontrollen. Zudem zahlen sie einen Sockelbeitrag und ein Prozent der Summe der eingekauften Bioprodukte an Bio Suisse für das Label.

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Nicolas Darnauguilhem legt viel Wert auf den eigenen Garten. Dafür hat er extra einen Gärtner angestellt. Sein Engagement für die nachhaltige Ernährung brachte ihm auch den Titel «Green Chefs of the Year 2025» ein. (mne)

Green Chef of the Year mit zwei Bio Cuisine-Sternen

Das Fine-Dining-Restaurant «La Pinte des Mossettes» in Cerniat FR führt das Label Bio Cuisine. Es ist seit 2021 das Reich von Nicolas Darnauguilhem. Seine Küche ist mit einem Michelin-Stern, einem grünen Michelin-Stern und mit 17 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet.

Für die 2 Sterne bei Bio Cuisine musste der gebürtige Genfer keine Gewohnheiten ändern. Für ihn gehört es zu seiner Lebensphilosophie, möglichst mit lokalen und biologischen Produkten zu arbeiten und zu kochen. So investiert er viel in seinen grossen Garten, der an das jahrhundertealte Restaurant angrenzt. Unzählige Kräuter, essbare Blumen wie auch Besonderheiten wachsen unter der Obhut des Gärtners, der eigens für den Garten angestellt ist. Sogar Artischocken gedeihen hier, zuhinterst im La Valsainte auf rund 1000 M. ü. M. Dieses Engagement ist mit ein Grund, dass Nicolas Darnauguilhem von Gault-Millau und Bio Suisse zum «Green Chef of the Year 2025» erkoren wurde.

Zum Label Bio Cuisine und allgemein zu Labels hat der Koch und zweifache Familienvater eine differenzierte Meinung: «Grundsätzlich sollte es auch ohne Label möglich sein, eine nachhaltige Küche anzubieten. Dafür muss ich als Person glaubwürdig sein». Dass er dieses Label dennoch hat, begründet er damit, dass es eine Herzensangelegenheit für ihn ist. Da ist er auch gerne als hochdotierter Koch Vorbild.

«Menüplan überdenken und saisonale Lösungen finden»

«Es kann ein Anstoss für andere sein, ihren Menuplan zu überdenken und saisonale Lösungen zu finden, statt z.B. ganzjährig mit einem Tomatenschnitz und frischen Kräutern zu dekorieren». Gleichzeitig sieht er die Gefahr, dass allgemein Labels polarisieren und Diskussionen blockieren könnten, weil man einen «Stempel» trägt.

Das Hauptproblem sieht er aber im hohen administrativen Aufwand. «Als Kleinbetrieb mit sieben Angestellten braucht das tägliche Offenlegen des Warenwertes mit dem biologischen Anteil bei uns viel Zeit». Immerhin konnte er mit Bio Suisse eine pragmatische Lösung mit der Ernte aus dem eigenen Garten finden: «Die Hälfte des Lohnes vom Gärtner darf ich zum Wareneinkaufswert zählen».

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Seine Küche ist mit einem Michelin-Stern, einem grünen Michelin-Stern und mit 17 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet. Bei Bio Cuisine hat er 2 Sterne. (mne)

Darnauguilhem wünscht sich höheren Bekanntheitsgrad des Labels

Dass das Label einen Mehrwert in Bezug auf neue Kundschaft bringt, sieht Nicolas Darnauguilhem für seinen Betrieb nicht. Dafür sei das Label zu wenig bekannt. Er würde sich wünschen, dass Gault-Millau und Bio Suisse nicht nur den Titel «Green Chef» gemeinsam verleihen würden, sondern auch beim Labelling einer nachhaltigen, biologisch orientierten Küche zusammenarbeiteten.  «Das würde den Bekanntheitsgrad und die Anerkennung erhöhen», ist der 44-Jährige überzeugt.

«Bis 2030 über 350 zertifizierte Betriebe»

Das Label «Bio Cuisine» ist Teil der Bio Suisse Strategie. «Bis 2030 möchten wir 350 zertifizierte Betriebe haben», nennt David Herrmann das Ziel. Dafür laufen Kampagnen über verschiedene Kanäle. Vermehrt ansprechen möchte die Organisation neben Restaurants auch Gemeinden und Städte, Altersheime, Spitäler, Universitäten wie auch Grossverteiler, die einen grossen Teil der Ausser-Haus-Verpflegung abdecken.

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Nicolas Darnauguilhem möchte auch Raritäten im Garten wie etwa Artischocken. Gärtner Thomas Philippe lässt Rhabarbern unter einem Plastikkübel wachsen, damit die Stängel möglichst zart und wenig bitter werden. (mne)