Bi-direktionales Laden: wie die Landwirtschaft zur Energiewende beiträgt

Andrea Flütsch ein fortschrittlich denkender Bauer aus Graubünden hat ganz einen speziellen Mäher. Mit diesem kann er nicht nur landwirtschaftliche Arbeiten ausführen, sondern auch noch den Stromverbrauch auf dem Betrieb optimieren und das Netzwerk entlasten.
Zuletzt aktualisiert am 9. Juli 2025
von Jasmine Baumann
4 Minuten Lesedauer
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Kein Abgas einatmen, das ist für Andrea Flütsch ein grosser Vorteil. (Bild Giorgio Hösli)

Andrea Flütsch bewirtschaftet zusammen mit Lernenden und seiner Partnerin den Hof Rätikon in St. Antönien, welcher rund 40 Hektaren Land umfasst. Sie halten 21 Mutterkühe mit Kälbern und führen den Betrieb nach den Richtlinien von Bio Suisse. Die Fleischproduktion ist der wichtigste Betriebszweig. Mit ihren Nahrungsmitteln decken sie den Jahresbedarf von 29 Personen (88 Gigajoule).

Das Stallgebäude verfügt über verschiedene elektrische Verbraucher wie Licht, Entmistungsanlagen, Kran, Heubelüftung, Kameras und auch elektrisch angetriebene Kratzbürsten für die Tiere. Diese Stromverbraucher können allein mit der Photovoltaik-Anlage bei Dunkelheit oder Schlechtwetter nicht betrieben werden. Bisher musste der Betrieb immer externen Strom kaufen.

Smarte Stromverwaltung mit dem FARMeHUB

Im Projekt der Klimaneutralen Landwirtschaft Graubünden möchte Andrea Flütsch den CO2-Ausstoss auf seinem Betrieb vermindern. Auf Andreas Hof sind daher einige batteriebetriebene elektrische Maschinen im Einsatz. So zum Beispiel der elektrische Einachser Monotrac. Diese Geräte kommen jedoch nur periodisch zum Einsatz. Dazwischen sind diese ungenutzt.

Die Elektrifizierung von Maschinen und Geräten in Kombination mit Strom aus erneuerbaren Quellen spielt eine zentrale Rolle bei der Reduktion von Emissionen. Gleichzeitig bringt die zunehmende Netzbelastung neue Herausforderungen für die Elektrizitätswerke mit sich.

Das Projektteam erprobt das Konzept «FARMeHUB»  – eine Verbindung von Sektorkopplung (mobile Geräte und Gebäude) und Eigenverbrauchsoptimierung zur Entlastung des Stromnetzes – in einem Pilotprojekt. Der Fokus liegt dabei auf dem Bereich «Handgeführte Geräte und Elektrofahrzeuge», deren Einsatz unter realen Bedingungen getestet werden sollen.

Wenn der Mäher nicht in Gebrauch ist, speichert seine Batterie überschüssige Solarenergie, die in Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint, z. B. in der Nacht, in das Stromnetz des Betriebs zurückgespeist werden kann.

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Das Pilotprojekt Projekt Farmehub hat folgende Ziele:

  • CO2-Reduktion durch weniger fossile Energie und weniger extern bezogene Energie
  • Maschinenkosten senken
  • Batterieauslastung verbessern
  • Netzbelastung reduzieren
  • Eigenstromoptimierung
  • Maschine als Notstromaggregat verwenden
  • Die Mäher-Akkus sollen primär mit Strom aus der eigenen PV geladen werden.

Keine giftigen Abgase mehr einatmen

Auch ein gesundheitlicher Aspekt schaut bei der Umstellung auf den elektrischen Einachser hervor. So muss der Landwirt nun keine giftigen Abgase mehr einatmen. Andrea Flütsch sagt dazu: «Wenn man einen Longevity-Arzt (Langlebigkeits-Arzt) fragen würde, was er davon hält, einem Benzinmotor ohne Abgasnachbehandlung stundenlang hinterher zu laufen, so kann man sich seine Antwort denken. Allein für die Gesundheit macht es bereits Sinn, längerfristig vom Verbrennungsmotor weg zu kommen.»

 

Elektrische Maschine hat mehr Kraft

Der elektrische Einachser hat auch arbeitswirtschaftliche Vorteile. Die Maschine hat viel mehr Drehmoment und Schubkraft beim Arbeiten. Andrea Flütsch ist sehr zufrieden mit den Geräten. Natürlich müsse man die Arbeit und das Aufladen damit besser organisieren. Bislang sind die Haupteinsätze der Maschine: Mähen, Heuabräumen und Heuschwaden.

Selbst produzierten Strom nutzen

Dass das Einspeisen von Strom ins Netz nicht mehr so lukrativ ist wie vor 10 Jahren, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Andrea Flütsch erhält aktuell noch 12 Rappen pro kWh, die er ins Netz einspeist. Wenn er Strom kaufen muss, kostet dieser 27 Rappen, die Differenz beträgt 15 Rappen.

Daher geht es dem Landwirt in dem Projekt auch darum, Kosten einzusparen, in dem er den produzierten Strom möglichst selbst nutzen kann. Als nächsten Schritt plant er, den Strom auch im Wohnhaus und bei den Nachbarhäusern zu nutzen. «Die Stromrechnungen der beiden letzten Quartale waren für mich eine angenehme Überraschung», sagt er zufrieden. 

Andrea Flütschs Motivation für sein Engagement im Klimaprojekt ist vielfältig: «Zum einen will ich keine kriegstreibenden Nationen mit meinen Dieselkäufen finanzieren, zum anderen sind mir die Umwelt und unser Klima sehr wichtig, weil es die Grundlage für ein lebenswertes Leben für uns alle ist.»

Das Know-How zu erlernen im Klimabereich habe ihm in vielen Bereichen geholfen, eine andere Sichtweise in der Landwirtschaft kennen zu lernen. Dies bringe ihn betrieblich und persönlich weiter. 

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«Klimagipfel für Landwirtschaft und Esskultur»

Am 28. und 29. November findet in Landquart im Forum sowie am Plantahof der «Klimagipfel für Landwirtschaft und Esskultur» statt. Der erste Tag steht unter dem Motto «Forschung und Praxis im Dialog», der zweite unter dem Motto «Ernährung.Klima.Zukunft». Zudem wird der nationale PRIX CLIMAT vergeben, um besonders engagierte Betriebe auszuzeichnen. Mehr Infos zum Klimagipfel gibt es auf der Website

Der LID berichtet in einer Serie über verschiedene Massnahmen des Projektes «Klimaneutrale Landwirtschaft Graubünden».