Agrarbericht 2025: Zwischen Wetterextremen, Strukturwandel und neuer Zuversicht
Der neu veröffentlichte Agrarbericht 2025 zeigt, wie stark die Betriebe 2024 mit Wetterextremen, strukturellen Veränd...
2023 hat die 31-jährige Daniela Keller den Grünhof in Amlikon-Bissegg im Kanton Thurgau als alleinige Betriebsleiterin übernommen. Seit 2024 ist auch ihr Mann Marco Teil des Betriebs – und seit Kurzem auch ihr erstes Kind. «Ich hatte immer das Ziel, den Hof zu übernehmen», sagt die Landwirtin, «aber der Weg dahin war alles andere als linear.»
Der Grünhof verteilt sich auf zwei Standorte und wird nach Demeter-Richtlinien bewirtschaftet. Der Betrieb ist breit abgestützt: Milchwirtschaft, Saatgutvermehrung von Emmer, Ackerbau mit Dinkel und Mais, Rüebli für den Grosshandel und Gemüse für die Direktvermarktung sowie Hochstammobstbau.
Schon im Kindergarten wusste Daniela Keller, dass sie einmal den Hof übernehmen möchte. Bis es aber soweit war, verschoben sich viele Pläne. Statt der Landwirtschaftslehre machte sie die Matura und studierte später Agrarwissenschaften an der ETH Zürich. Als ihr Vater krank wurde, pendelte die junge Frau jahrelang zwischen Hörsaal und Melkstand hin und her und machte unter anderem Wochenendablöse. «Ich habe mir das Studium etwas in die Länge gezogen, weil es mich zu Hause auf dem Betrieb brauchte», sagt sie rückblickend und ergänzt: «Es war streng, aber es war auch ein guter Ausgleich.»
2018 stieg sie offiziell in die Betriebsleitung ein und gründete zusammen mit ihrer Mutter eine Generationengemeinschaft, während sie parallel das Masterstudium absolvierte und 2021 schliesslich abschloss. Zwei Jahre später war sie alleinige Betriebsleiterin, bevor dann auch ihr Mann einstieg.
«Diversität ist mir wichtig – in einem schlechten Jahr hast du verschiedene Sachen, die dich tragen.»
Der Grünhof ist ein klassischer Gemischtbetrieb. Neben 45 Milchkühen aus eigener Aufzucht betreibt Daniela Keller gemeinsam mit ihrem Mann auf rund acht Hektaren Ackerbau und baut Urdinkel, Emmer und Mais an. Daneben produziert der Betrieb auch Gemüse: Auf vier Hektaren wachsen Rüebli, in einem Tunnel zieht Daniela Keller rund 40 verschiedene Tomatensorten und auf einer Marktgartenfläche eine Vielfalt an weiterem Gemüse, das sie über die Plattform «SaisonBox» mit Abosystem direktvermarktet. Dazu kommen rund 200 Hochstammbäume – vor allem Mostobst, aber auch Kastanien und Nüsse.
Die Vielfalt auf dem Hof ist der Betriebsleiterin nicht nur betrieblich, sondern auch strategisch wichtig: «In einem schlechten Jahr hast du verschiedene Sachen, die dich tragen», erklärt Daniela Keller.
Die Arbeit auf dem Hof teilen sich Daniela und Marco Keller auf: Sie führt Stall, Tiere und Direktvermarktung – er ist für Feldbau, Gemüse und Technik zuständig. Marco arbeitet im Teilpensum bei dem Gemüsebaubetrieb Aschmann Biolandbau und ist Teil des Lohnunternehmens LAUNEL AG, welche mit Laser Unkraut jätet. «Das A und O ist eine gute Kommunikation im Team», meint Daniela Keller. Unterstützt werden die Beiden von einem Lehrling sowie von den Eltern und Schwiegereltern. Neu dabei ist auch Marcos Vater, der seit Danielas Mutterschaftsurlaub auf dem Hof arbeitet und hilft, ihre Abwesenheit zu überbrücken.
Denn Daniela Keller ist nicht nur Betriebsleiterin, sondern seit Kurzem auch Mutter. «In den ersten Monaten nach der Geburt war ich bezüglich Betriebsleitung völlig weg vom Fenster», sagt sie und ergänzt: «Mein Sohn braucht mich.» In dieser Phase sei vieles an ihren Mann übergegangen – nicht nur die Arbeit, sondern auch die öffentliche Wahrnehmung. «Ich habe unterschätzt, wie stark ich in der ersten Zeit aus dem Betrieb ausfallen würde», erläutert sie weiter.
«Dass auch die Frau die Betriebsleiterin sein könnte, wird nicht in Betracht gezogen.»
Daniela Keller spricht offen über den Balanceakt zwischen Familienleben und Führungsverantwortung. Besonders in einer männerdominierten Branche spürt sie die Vorurteile noch oft: «Wenn Vertreter kommen, wenden sie sich oftmals zuerst an einen der Männer auf unserem Betrieb – dass auch die Frau die Betriebsleiterin sein könnte, wird nicht in Betracht gezogen», erzählt sie. «Vertreter fragen automatisch nach dem ‹Chef› – auch wenn ich danebenstehe», verdeutlicht sie. Und seit Marco mitarbeitet, sei sie in der Aussensicht «mehr Bäuerin als Betriebsleiterin». Dass sie beides ist, sei vielen nicht bewusst. «Ich bin Betriebsleiterin und Mutter – und beides mit voller Überzeugung», so Daniela Keller.
Für die Zukunft will die junge Betriebsleiterin den Betrieb vielfältig halten und in die Infrastruktur investieren. Konkret geplant ist eine neue Maschinenhalle, um die Fahrwege zwischen den zwei Betriebsstandorten zu reduzieren. «Wir verlieren täglich Zeit auf der Strasse und diese Zeit fehlt uns dann an anderen Orten», erklärt sie. Auch bauliche Massnahmen für die Kälberaufzucht sind ein Thema: «Demeter schreibt ab 2030 das Abtränken der Kälber auf dem Betrieb vor – das geht nur mit neuen Lösungen.»
Die Zukunft sieht Daniela Keller trotz Herausforderungen zuversichtlich: «Ich will einen Betrieb führen, der ökologisch, vielfältig und resilient ist – und in dem ich gleichzeitig als Mutter wie auch als Betriebsleiterin tätig sein kann.»
Der neu veröffentlichte Agrarbericht 2025 zeigt, wie stark die Betriebe 2024 mit Wetterextremen, strukturellen Veränd...
Lea Unternährer hat Anfang dieses Jahres den Hof Studen in Romoos im Kanton Luzern von ihrem Vater übernommen. Die 25...
Marc Chautems ist auf dem Betrieb seiner Eltern im freiburgischen Lugnorre aufgewachsen. Heute steht er dem Hof nicht...