
Mit Indikatoren Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft einfacher, verständlicher und messbar machen
Ein neues Projekt soll den Begriff «Nachhaltigkeit» in der Landwirtschaft konkreter abstecken. Ziel ist ein gemeinsam...
«Die letzten Jahre waren turbulent», sagte VSGP-Präsident Werner Salzmann in seiner Eröffnungsrede und erinnerte an Pandemie, Lieferkettenkrisen und Krieg in Europa. Diese Ereignisse hätten die Versorgungssicherheit ins Zentrum gerückt. «Und dennoch bin ich von einer positiven Zukunft für den Schweizer Gemüsebau überzeugt – ich wage die Behauptung, dass wir an einem Wendepunkt stehen», betonte er.
Werner Salzmann betonte, dass gesunde Ernährung und damit auch der Gemüsebau immer wichtiger würden – nicht zuletzt, weil die Bevölkerung in der Schweiz weiterhin drei Mahlzeiten pro Tag wolle und Gemüse und Früchte zuletzt auf der überarbeiteten Ernährungspyramide auch mehr Platz bekommen habe. Doch die Realität auf den Feldern sei oft eine andere: Steigende Produktionskosten, rigoros reduzierte Pflanzenschutzmittel und ein Detailhandel, der durch Tiefpreisstrategien zusätzlich Druck auf die Produzenten ausübt.
Trotzdem bleibt der Präsident kämpferisch. Die politische Stimmung beginne sich zu drehen. «Das Parlament realisiert langsam, vor welchen Problemen die Land- und Ernährungswirtschaft steht», so Werner Salzmann. Der VSGP habe mit seinem Engagement mitgeholfen, diesen Gesinnungswandel anzustossen – etwa beim Grenzschutz oder bei der Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel.
Am selben Tag wie die Delegiertenversammlung des VSGP tagte auch die Schweizerische Zentralstelle für Gemüsebau und Spezialkulturen SZG. Die SZG ist eine zentrale Akteurin im Schweizer Gemüsebau – insbesondere, wenn es um Zahlen, Daten und Fakten geht. Ihr Präsident Peter Maeder betonte die Bedeutung einer stabilen Finanzierung: Während die Kantone eine unbefristete Grundfinanzierung leisten, laufen wichtige Bundesmandate wie die Unterstützung für das Kompetenznetzwerk LEGUNET und das Meldewesen der IG Ein- und Ausfuhr Ende 2025 aus. Eine Verlängerung sei für die SZG «zentral», so Peter Maeder.
Die Rolle der SZG ist dabei nicht zu unterschätzen: Sie sammelt, prüft und analysiert die Marktdaten des Schweizer Gemüsebaus – darunter Anbauflächen, Erntemengen, Import- und Exportzahlen. Diese Daten sind für Politik, Marktakteure und Agrarverwaltung gleichermassen entscheidend. Fehler können direkte wirtschaftliche Folgen haben. «Ich appelliere daher an alle, die Datenqualität als unsere wertvollste Währung zu behandeln», so Peter Maeder.
Und die Zahlen zeigen: Trotz Wetterkapriolen 2024 blieb die Schweizer Produktion stabil. 14’522 Hektaren wurden bewirtschaftet, 352’171 Tonnen Frisch- und Lagergemüse geerntet. Der Bio-Anteil liegt bei über 23 Prozent, der Pro-Kopf-Konsum bei 80,93 Kilogramm. Auch der Export nimmt zu, wenn auch auf tiefem Niveau.
Ein Herzstück der SZG-Arbeit ist das digitale Meldewesen – technisch verbunden mit der Plattform legunet.ch, über die sich Forschung, Bildung und Praxis im Gemüsebau vernetzen. Geschäftsführer Rolf Matter betonte die digitale Aufrüstung der Marktdatenplattform MDP und der Softwarelösung SCROPS. Diese Infrastruktur erlaubt es der SZG, ihre Aufgaben für den Bund künftig noch effizienter auszuführen.
Die SZG liefert damit die Datenbasis, auf der viele politische und wirtschaftliche Entscheidungen im Gemüsebau überhaupt erst möglich werden.
Ein zentraler Punkt der Versammlung war die überarbeitete Verbandsstrategie. Die Vision bleibt bestehen: Schweizer Gemüse soll bevorzugt angeboten und konsumiert werden. Doch der Weg dorthin wurde konkretisiert. In den Bereichen Anbau, Markt, Politik, Berufsbildung und Kommunikation setzt der VSGP auf klar definierte Ziele.
So soll beispielsweise die Fairness auf den Märkten besser messbar gemacht werden – unter anderem auch mit Hilfe von Marktdaten, die direkt von den Produzentinnen und Produzenten geliefert werden. «Wenn 20 Prozent unserer 1’800 Mitglieder mitmachen würden, hätten wir bereits ein sehr aufschlussreiches Bild», erklärte Werner Salzmann. Diese Daten seien auch notwendig, um für die Agrarpolitik 2030 und darüber hinaus fundierte Forderungen stellen zu können.
Ein weiteres zentrales Thema: der Arbeitskräftemangel. «Für uns bedeutet Nachhaltigkeit auch, dass jemand, der im Gemüsebau arbeitet, einen anständigen Lohn verdient, von dem er leben kann», so Werner Salzmann. Doch die kantonalen Unterschiede beispielsweise beim Mindestlohn seien beträchtlich. «Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitskräfte zu halten, müssen wir mehr digitalisieren und mechanisieren – was im Gemüsebau aber nur begrenzt möglich ist», gab er weiter zu bedenken.
Direktor Matija Nuic blickte auf ein arbeitsintensives Jahr 2024 zurück. Besonders betonte er die überarbeitete Strategie, an der sämtliche Gremien mitgewirkt hatten. Auch operative Herausforderungen waren zahlreich: fehlende Sonnenstunden, nasser Frühling und steigender Importbedarf. «Der Mehraufwand war enorm – auf dem Feld wie im Büro», so Matija Nuic.
Ein Lichtblick war die erfolgreiche Preiserhöhung bei Erbsen. Im Gegensatz dazu sorgte die Ankündigung der Migros, künftig verstärkt auf Tiefpreise zu setzen, für Unmut.
Politisch nimmt der VSGP auch neue Aufgaben ins Visier – etwa bei der Reduktion von Lebensmittelverlusten. «Ab wann zählt ein Salat als verloren? Wenn er als Setzling nicht wächst, wenn eine Krähe ihn ausreisst oder erst nach der Ernte?», fragte Matija Nuic. Genau solche Detailfragen müssten geklärt werden, damit neue Vorschriften nicht unnötige Zusatzaufwände verursachten.
Dass Schweizer Gemüse mehr als nur ein Produkt ist, daran erinnerte die Verbandsleitung mehrfach. Schweizer Gemüse ist das Erste, was Konsumentinnen und Konsumenten im Laden sehen, heisst es im Strategiepapier. Es stehe für Regionalität, Qualität, Saisonalität – und eine nachhaltige Ernährung.
Für Konsumentinnen und Konsumenten lohne sich also ein Blick hinter die Kulissen. Auch daran arbeite der VSGP weiter. Oder wie es Werner Salzmann formulierte: «Wer in Zukunft ernten will, muss das Terrain bereiten, muss säen, pflegen und schützen.»
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