
Faironika wirbt für einen besseren Stundenlohn für Milchproduzenten
Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz liegt die Fairness von Lebensmitteln am Herzen. Dies zeigt sich zum Bei...
Hansueli Jungen ist Milchproduzent aus Wimmis im Berner Oberland. Der Verwaltungsrat der Aaremilch war zudem eine der treibenden Kräfte bei der Entstehung der Käserei Simmental Switzerland in Oey, gleich neben Wimmis gelegen. «Ein Schlüsselerlebnis für mich war der Besuch einer Dorfkäserei in der Ostschweiz», sagt Jungen. Sie schaute aus wie eine Dorfkäserei im Bernbiet, aber mit zwei im Vergleich zum Gebäude überdimensionierten Milchtanks. Siebenmal am Tag wurde dort gekäst.
Für Jungen war nach dem «Kulturschock» klar: «Das ist vermutlich unsere Zukunft, wir müssen die Infrastruktur auslasten und in einem anderen Stil Käse produzieren, wenn wir in Zukunft bestehen wollen.» Zeitgleich wurde in der Aaremilch klar, dass sich die Organisation vorwärts bewegen muss, um bestehen zu können.
Die Suche nach einem Käsereistandort begann. Für Jungen ist die Lage der jetzigen Käserei prädestiniert: Mitten im Grünlandgebiet, mit grossem Milcheinzugsgebiet, verkehrstechnisch gut erschlossen und mit Entwicklungspotenzial. Hinzu kommt der marketingtechnisch praktische Name Simmental Switzerland.
«Zuvor wurde fast die ganze Milch aus dem Kanton Bern weggekarrt, bis an den Bodensee», erinnert sich Hansueli Jungen. Dass sei doch absurd gewesen. Zudem gab es im Frühjahr stets einen Überschuss an Milch, die teils zu Milchpulver verarbeitet wurde. «Aber Milchpulver ist ein Produkt ohne vermarktbare Geschichte. Ganz im Gegenteil zu Käse, besonders aus dieser Region», sagt Jungen.
Auch dank seinem grossen Netzwerk in der Region ging es relativ schnell, Opposition gegen die Käserei gab es nicht. «Klar, am Anfang haben es einige als Hirngespinst abgetan, aber als es konkret wurde, standen alle dahinter.»
Als das Projekt bewilligungsfähig war, fragte die Migros an, ob Platz für eine Milchabfüllanlage vorhanden sei. «Mit der Migros im Hintergrund wurde die Finanzierung sicher stark erleichtert», blickt Jungen zurück. Deshalb sagte die Aaremilch zu und plante nochmals um, um die Abfüllanlage zu integrieren. Der Milchbauer betont, dass keine öffentlichen Gelder im Projekt stecken. Dies geschah bewusst, um Klagen von Mitbewerbern und Verzögerungen zu vermeiden. Den ersten Käse produzierte Simmental Switzerland im Januar 2020.
Während bis dahin alles reibungslos gelaufen war, wurde es nun holprig. «Wir waren euphorisch und es hätte durchaus klappen können», so Jungen. Aber drei Monate nach dem Produktionsstart kam Corona, was für die damals exportorientierte Käserei die Lage erschwerte. «Zu Beginn des Projekts hatten wir zudem einen Euro-Wechselkurs von 1,25, der Export wurde nach Aufhebung des Mindestkurses zum grossen Problem.» Und nach Corona kam der Ukraine-Krieg mit den entsprechenden Kostenfolgen. «Das sind keine Ausreden, aber Fakten, die erklären, wieso es nicht so gelaufen ist wie gedacht». Und auch die Zeiten der vielen Milch waren vorbei, es kam zur Milchknappheit.
«Wir sahen einen stetigen Rückgang der Milchproduzenten», sagt Matthew Robin, CEO der Elsa Group, die zur Migros Industrie gehört. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Elsa nur rund 30% Eigenmilchanteil, der sollte erhöht werden, um die Milchmenge zu sichern.
«Die Milchknappheit war auch für die Käserei ein Schlag. Und das Geschäft mit dem Exportpartner verlief enttäuschend», sagt Robin. Die Schwierigkeiten der Käserei und das Vorhaben der Elsa Group, den Eigenmilchanteil zu vergrössern, führte zur Kooperation mit der Aaremilch. Die Elsa Group übernahm im Jahr 2022 50% der Aaremilch und 100% der Käsereitätigkeiten der Simmental Switzerland. In der modernen Käserei sah die Elsa Group grosses Potenzial.
«Als wir die Käserei übernahmen, hatte der Käse keinen guten Ruf», sagt Matthew Robin. Er führt das auf den stockenden Verkaufsprozess zurück, der dazu führte, dass Käse an Lager blieb und die Qualität damit immer anders war. Aber grundsätzlich habe die Käserei schon vor der Übernahme durch die Migros eine gute Qualität produziert. «Es ging also darum, den guten Ruf wiederherzustellen und Optimierungen bei den Sorten vorzunehmen», so Robin.
Das Konzept funktionierte: «Wir konnten die Käserei nach der Übernahme schneller als geplant in die Gewinnzone bringen», so der Elsa-Chef. «Gleichzeitig, und das ist mir sehr wichtig, konnte die Aaremilch die Milchpreise über den schweizerischen Durchschnitt hieven.» Er führt das auf den Erfolg der Käserei und die gute Zusammenarbeit mit Aaremilch zurück: «Der Erfolg ist unser gemeinsamer Erfolg.» Jetzt geht es darum, den Gewinn zu stabilisieren und auszubauen sowie den Produzentenpreis für Milch über dem Durchschnitt zu halten, sagt Robin.
«Wir haben im richtigen Moment das Richtige getan», sagt Hansueli Jungen im Rückblick zur Übernahme durch die Migros. Zuvor gab es immer wieder Diskussionen über den unterdurchschnittlichen Milchpreis, mit dem Einstieg der Migros waren diese Diskussionen vorbei. Die moderne Käserei stehe und sei ausgelastet, es seien Arbeitsplätze geschaffen worden und die Bäuerinnen und Bauern hätten einen Milchpreis, der im Schweizer Vergleich standhalte. Zudem haben die Produzenten das beigesteuerte Eigenkapital gut verzinst zurückerhalten. «Unser Traum wurde zwar nicht genauso realisiert, wie wir es gedacht haben, aber für uns stimmt es so wirklich», sagt Hansueli Jungen.
Der Artikel entstand im Rahmen eines Anlasses des Verbandes der Schweizer Agrarjournalisten (SAJ) in der Käserei Simmental Switzerland. Begrüsst wurden sie von Hansueli Jungen, VR Aaremilch, Reto Burkhardt, Geschäftsführer Aaremilch und Matthew Robin, CEO Elsa Group.
Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz liegt die Fairness von Lebensmitteln am Herzen. Dies zeigt sich zum Bei...
Nach zwei schwierigen Jahren konnte der Schweizer Käseexport letztes Jahr wieder etwas zulegen: Mit einem Exportvolum...