Harter Winter: Hohe Verluste bei Schweizer Bienenvölkern

Fast jedes fünfte Bienenvolk hat den vergangenen Winter in der Schweiz und Liechtenstein nicht überlebt. Die Ursachen sind vielfältig – von problematischem Winterhonig bis hin zu Parasitenbefall. Die neue Erhebung von Apisuisse und Agroscope zeigt, wie komplex die Herausforderungen für die Imkerei geworden sind – und wie wichtig Wissen, Prävention und Engagement sind.
Zuletzt aktualisiert am 4. Juni 2025
von Renate Hodel
4 Minuten Lesedauer
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Jetzt fliegen sie wieder – im Winter aber hatten die Schweizer Honigbienen zu kämpfen. (lid)

Rund 19 Prozent aller Bienenvölker in der Schweiz und in Liechtenstein haben den vergangenen Winter nicht überlebt – vier Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Das zeigt die aktuelle Umfrage von Apisuisse, die in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Bienenforschung Agroscope durchgeführt wurde. Über 1000 Imkerinnen und Imker beteiligten sich daran. Die Zahlen werfen Fragen auf, was hinter dem Bienensterben steckt, denn seit rund zwei Jahrzehnten schwanken die Verluste laut Apisuisse auf hohem Niveau.

Ein komplexes Zusammenspiel von Ursachen

Die Varroamilbe bleibt ein zentraler Stressfaktor für Bienenvölker. Doch allein mit ihr lassen sich die massiven Verluste nicht erklären. Besonders auffällig war diesen Winter die Rolle des sogenannten Zementhonigs, genauer gesagt: Waldhonig mit hohem Melezitoseanteil. «Im Winter brauchen die Bienen viel Energie und Wasser, um diesen Honig überhaupt verarbeiten zu können», wird Mathias Götti Limacher, Präsident von Apisuisse, zitiert.

So verzeichneten Völker, die auf Waldhonig überwinterten, deutlich höhere Verlustraten – nämlich 23,4 Prozent im Vergleich zu 16,4 Prozent bei alternativer Fütterung. Die Zusammensetzung des Honigs ist für die Bienen schwer bekömmlich, zumal Melezitose rasch kristallisiert und kaum als Energielieferant dient. Die schlechte Verwertbarkeit des Honigs dürfte damit mitverantwortlich für die gestiegene Wintersterblichkeit sein.

Wenn der Winter zu viel wird

Die Winterverluste sind dabei nur ein Teil des Problems. Bereits vor dem Einwintern – zwischen Spätsommer und Herbst – verzeichneten die Imkerinnen und Imker zusätzliche Verluste von 9,6 Prozent. Hinzu kommt, dass 12 Prozent der überlebenden Völker im Frühling zu schwach waren, um sich zu einem wirtschaftlich nutzbaren Bienenvolk zu entwickeln. Auch diese sogenannten Serbelverluste stiegen im Vergleich zum Vorjahr deutlich an.

Varroakonzept zeigt Wirkung – wenn es eingehalten wird

Die Analyse zeigt aber auch, wer sich konsequent an das Varroakonzept hielt, konnte die Verluste eindämmen. So wiesen Völker, bei denen im Sommer der Drohnenschnitt durchgeführt wurde, rund 17,3 Prozent Verluste auf – deutlich weniger als jene ohne diese Massnahme mit 21,6 Prozent. Auch eine frühzeitige Winterbehandlung senkte das Risiko: Wurde im November behandelt, lag die Verlustquote bei 17,2 Prozent; bei Behandlungen im Januar stieg sie auf 29 Prozent.

Regionale Unterschiede – aber überall mehr Verluste

Besonders betroffen war in diesem Jahr die Westschweiz: Die Région Lémanique – mit den Kantone Genf, Waadt und Wallis – meldete mit 28,9 Prozent die höchste Verlustquote. Über dem Durchschnitt lagen auch der Kanton Zürich mit 23,3 Prozent und das Tessin mit 22,5 Prozent. Die geringsten Verluste verzeichnete die Zentralschweiz mit 15,8 Prozent.

Ob das wachsende Vorkommen der Asiatischen Hornisse mitverantwortlich für die hohen Verluste ist, lässt sich laut Bericht nicht abschliessend klären. Klar ist: In Kombination mit den anderen Faktoren scheint der zusätzliche Stress durch den Hornissenbeflug die Völker besonders zu schwächen.

Die Bedeutung von Wissen und Vorsorge

Die Ergebnisse machen deutlich, dass moderne Imkerei viel Fachwissen und Sorgfalt erfordert. «Nur wer die Bedürfnisse des Bienenvolks versteht und fachlich korrekt auf Herausforderungen wie Parasiten, Futterqualität oder Wetterextreme reagiert, kann Verluste wirksam minimieren», so Mathias Götti Limacher.

Für Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet das: Honig aus der Region kommt nicht nur von gesunden Bienen – er ist auch das Produkt von grossem Engagement und Fachwissen der Imkerinnen und Imker.