Spürhunde gegen den Japankäfer

Der Japankäfer hat sich in der ganzen Schweiz ausgebreitet und bedroht Hunderte Pflanzenarten. Zwei Umweltingenieurinnen trainieren Hunde, um die Larven dieses Schädlings unter der Erde aufzuspüren und dessen Verbreitung zu bremsen.
Zuletzt aktualisiert am 27. Oktober 2025
von Pascale Bieri / AGIR
6 Minuten Lesedauer
2025 Forschung Japankaefer Spuer Hund ZHAW Aline Luescher 01 Chiara Baschung

In der Schweiz wurde der Japankäfer erstmals 2017 nahe der italienischen Grenze in Stabio und Mendrisio im Süden Tessins gefunden. Heute hat er sich dort angesiedelt, Ausrottungsversuche zugunsten einer Eindämmungsstrategie der Behörden wurden aufgegeben.

Auch anderswo in der Schweiz vergrössert der aus Asien stammende Schädling laufend sein Gebiet: 2023 wurden Befälle im Wallis und in Zürich bestätigt, 2024 war Basel betroffen. Im Sommer dieses Jahres wurden die ersten Käfer in den Kantonen Waadt und Genf eingefangen.

Die Schweiz wurde bereits von zahlreichen anderen invasiven Arten befallen, die Pflanzen oder Tieren schaden. Doch die Vermehrung dieses einen Zentimeter grossen Käfers ist besonders besorgniserregend: Er greift mehr als 400 Pflanzenarten an, darunter Mais, Soja, Reben oder Obstbäume – die Liste ist lang. Ausgewachsen frisst der Japankäfer Blätter und lässt dabei lediglich die Blattadern übrig, während seine im Boden versteckten Larven die Wurzeln zerfressen.

Hat sich der Japankäfer erst einmal ausgebreitet, ist er kaum noch auszurotten. Die einzige effiziente Strategie, um eine Ansiedlung zu verhindern, besteht darin, schnell zu handeln und die Larven im Boden zu vernichten.

«Unseres Wissens gibt es kein anderes Mittel, das so wirksam ist wie Hunde, um die Larven unter der Erde aufzuspüren»
Chiara Baschung
Umweltingenieurin

Schädlinge früh erkennen

Dafür müssen allerdings die Brutstätten des Käfers gefunden werden. Basierend auf diesem Ansatz entwickelten Aline Lüscher und Chiara Baschung ihr Projekt. Die beiden Umweltingenieurinnen, die an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) studierten, trainieren Hunde, um die Larven des Japankäfers unter der Erde aufzuspüren.

«Aline und ich teilen beide eine Leidenschaft für das Ausbilden von Hunden, das hat uns zusammengebracht», erzählt Chiara Baschung. Während des Studiums schlug ihnen ein Dozent vor, zu untersuchen, wie der Geruchssinn von Hunden genutzt werden könnte, um ein landwirtschaftliches Problem zu lösen. Diese Idee begeisterte die beiden Studentinnen sofort und sie entschieden sich, die Problematik des Japankäfers anzugehen. Aline Lüscher schrieb auch ihre Masterarbeit zu diesem Thema.

«Bei vielen Schädlingen ist es wichtig, diese sehr früh zu erkennen – bevor sie weiter Eier legen oder sich fortpflanzen», erklärt Chiara Baschung. «Hunde haben einen extrem ausgeprägten Geruchssinn. Auch wenn es viele Bereiche gibt, in denen sie dies unter Beweis stellen – etwas das Aufspüren von Betäubungsmitteln, Explosionskörpern, Trüffeln oder sogar Bettwanzen – wurden sie in diesem Bereich bisher nicht eingesetzt. Zumindest nicht in der Schweiz», berichtet Chiara Baschung.

  • Ausgewachsen frisst der Japankäfer Blätter und lässt dabei lediglich die Blattadern übrig...
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Hunde erschnüffeln vergrabene Larven

Das Finden der Larven des Japankäfers ist eine Herausforderung. Sie vergraben sich zwischen fünf und 20 Zentimetern unter der Erde. Um sie bei einem Verdacht zu finden, ist es nötig, grosse Teile des Bodens umzupflügen – ein kostspieliges und destruktives Unterfangen.

«Unseres Wissens gibt es kein anderes Mittel, das so wirksam ist wie Hunde, um die Larven unter der Erde aufzuspüren», meint Chiara Baschung. Es gilt jedoch zu beachten, dass diese Methode eine Ergänzung zu den Pheromonfallen darstellt, die zum Fangen der erwachsenen Tiere eingesetzt werden.

Strenge Auflagen

Auch wenn das Projekt von Aline Lüscher und Chiara Baschung verlockend ist, stösst seine Umsetzung schnell auf die begrenzten Möglichkeiten vor Ort. In der Schweiz sind Japankäfer als Quarantäneorganismen klassifiziert, was eine strikte Kontrolle im Umgang verlangt, nicht zugelassenen Transport untersagt und Experimente strengen Auflagen unterwirft.

Bevor sich Aline Lüscher und Chiara Baschung auch nur einer einzigen lebenden Larve nähern konnten, dauerte es etwas mehr als zwei Jahre, bis alle Formalitäten geklärt waren und die Umweltingenieurinnen von den Bundesbehörden eine vorerst noch eingeschränkte Genehmigung erhielten.

Bis sie die Hunde lebendigen Larven aussetzen konnten, begannen sie damit, die Hunde mit Gefässen zu trainieren, die den Geruch der Japankäferlarven enthielten und im Tessin oder in Italien präpariert worden waren. Diese für den Transport zugelassenen Hilfsmittel ermöglichen es den Hunden, sich eine bestimmte Geruchssignatur einzuprägen.

«Im Tessin ist es bereits zu spät: Sobald die Larven überall sind, bringt es nichts mehr, die Befälle mit den Hunden zu suchen»
Chiara Baschung
Umweltingenieurin

Jede Hunderasse hat eigenen Stil

Seit etwa einem Jahr verfügen Aline Lüscher und Chiara Baschung nun über die offizielle Genehmigung, mit echten Japankäfern zu arbeiten. Diese unter strengen Auflagen erteilte Genehmigung ermöglicht es ihnen, ihre Hunde mit lebenden Larven zu trainieren und nicht mehr nur mit künstlichen Hilfsmitteln.

Die Trainings müssen in geschlossenen Räumen, in diesem Fall in den Gewächshäusern der ZHAW, stattfinden. Diese wurden speziell eingerichtet, um jegliches Risiko einer Ausbreitung des Insekts zu vermeiden. Die Larven werden in geschlossenen Behältern untergebracht und in einem Substrat vergraben, das die physikalischen Bedingungen des Bodens nachahmt. Die Aufgabe der Hunde besteht darin, trotz der Tiefe und der Anwesenheit anderer natürlicher Gerüche die Geruchssignatur der Käfer aufzuspüren.

Momentan werden sieben Hunde trainiert, darunter unterschiedliche Rassen wie Braque Français, English Pointer, Australian Kelpie, Border Collie, Malinois oder Dalmatiner. «Diese Diversität ist ein Vorteil: Jede Rasse hat ihren eigenen Stil und ihr eigenes Temperament», erklärt Chiara Baschung. «Einige arbeiten mit ihrer Schnauze am Boden und einer grossen Präzision, andere scannen die Luft schneller, einige gehen methodisch vor und sind ausdauernd, andere flink und reaktiv.»

Diese komplementäre Vorgehensweise erlaubt es den Umweltingenieurinnen, zu beobachten, wie die verschiedenen Profile der Hunderassen beim Aufspüren der Larven in unterschiedlichen Bedingungen reagieren, und das Training entsprechend anzupassen.

  • Fast zwei Jahre dauerte es, bis Aline Lüscher und Chiara Baschung mit lebenden Larven trainieren konnten. (zVg)
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Reale Bedingungen

Die ersten Ergebnisse sind ermutigend: Die Hunde identifizieren die Larven zuverlässig, selbst wenn der Geruch schwach oder verdeckt ist. Die wichtigste Etappe muss aber noch gemeistert werden: Die Hunde mit den realen Bedingungen der Aussenwelt zu konfrontieren – der Vegetation, den Temperaturunterschieden, der Feuchtigkeit, dem Einfluss des Windes und dem Vorhandensein von Störgeräuschen.

«Das ist unerlässlich, wenn man vom Labor zur praktischen Arbeit übergehen will», betont Chiara Baschung. «Solange die Hunde nicht mit der Komplexität und Unvorhersehbarkeit des Geländes konfrontiert werden, kann ihre Ausbildung nicht als abgeschlossen betrachtet werden.»

Je schneller, desto besser

Angesichts des Japankäfers ist schnelles Handeln unverzichtbar: Jeder gewonnene Monat kann das Risiko eines massiven Befalls minimieren. «Im Tessin ist es bereits zu spät: Sobald die Larven überall sind, bringt es nichts mehr, die Befälle mit den Hunden zu suchen», erklärt Chiara Baschung. Ausserhalb des Tessins bestehe aber noch Handlungsspielraum.

So könnte in bislang wenig berührten Kantonen wie Waadt oder Genf ein gezieltes Aufspüren ein Behandeln der ersten Befälle ermöglichen und kostspielige und destruktive Eingriffe in einem grossen Mass verhindert werden.

Finanzielle Unterstützung bleibt schwierig

Langfristig möchten die beiden Umweltingenieurinnen ein kleines Einsatzteam zusammenstellen, das auf Anfrage von Landwirtinnen und Landwirten oder Pflanzenschutzdiensten vor Ort tätig werden kann. Bis dahin wird das Projekt weiterhin auf freiwilliger Basis und ohne öffentliche Finanzierung durchgeführt – Material und Transporte sind von den persönlichen Ressourcen der beiden Frauen und einigen privaten Spenden abhängig. «Solange wir keinen voll funktionsfähigen Dienst anbieten können, ist es schwierig, finanzielle Unterstützung zu erhalten», meint Chiara Baschung. Sie hofft, dass die erzielten Ergebnisse langfristig öffentliche oder private Partnerinnen und Partner davon überzeugen werden, das Projekt zu unterstützen.

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Trainieren Hunde gegen die Ausbreitung des Japankäfers: Die Umweltingenieurinnen Chiara Baschung und Aline Lüscher. (zVg)