Schweizer Braugerste wird ausgebremst: Anbaustopp für Nicht-Bio-Gerste

Die Braugerstenernte 2025 war ein Erfolg – doch statt neuen Anbauflächen gibt es nun einen Stopp. Volle Silos, sinkender Bierkonsum und der Preisnachteil gegenüber Importware bremsen die Schweizer Braugerste aus. Nur Bio darf weitermachen.
Zuletzt aktualisiert am 18. August 2025
von Ann Schärer
4 Minuten Lesedauer
Braugerstenfeld HAFL Zollikofen Jl

Nach einem wetterbedingt schwierigen Jahr 2024 bescherte die Braugerstenernte 2025 den Landwirtinnen und Landwirten im Schweizer Mittelland mehrheitlich gute Erträge und Qualitäten. Eigentlich ein Grund zur Freude – doch die vollen Silos werden zum Problem. Weil der Absatz von Schweizer Malz ins Stocken geraten ist, ordnet die Interessensgemeinschaft Mittellandmalz einen Anbaustopp für konventionelle und IP-Suisse-Braugerste an. Nur im Bio-Bereich dürfen die Flächen gleich bleiben. Für viele Landwirte bedeutet dies, dass Felder, die seit Jahren im Herbst mit Braugerste angesät wurden, diesmal anders bebaut werden müssen – eine ungewohnte und wirtschaftlich spürbare Situation.

Ein gutes Jahr – zur falschen Zeit

«Die Entscheidung wurde insbesondere durch die stagnierende Nachfrage und die dadurch resultierenden Lagerbestände getrieben. Das gute Erntejahr 2025 hat die Situation noch verschärft», erklärt Stefan Gfeller von der IG Mittellandmalz.

Die Organisation, ein nicht gewinnorientierter Zusammenschluss von Landwirten, Brauern und weiteren Akteurinnen, hat in den letzten Jahren massgeblich dazu beigetragen, dass Schweizer Braugerste überhaupt wieder eine Rolle spielt. Seit der Inbetriebnahme der Schweizer Mälzerei AG in Möriken-Wildegg vor vier Jahren gibt es erstmals seit Jahrzehnten eine heimische Verarbeitung.

Trotzdem ist der Marktanteil gering: Nur ein bis zwei Prozent des in Schweizer Bier verwendeten Malzes stammen aus der Schweiz. Der Rest wird importiert – hauptsächlich aus Deutschland und Frankreich, wo die Rohstoffe deutlich günstiger sind.

Hohe Kosten schwächen Absatz

Hauptgrund für den schwachen Absatz sind die Kosten. «Schweizer Rohstoffe sind halt einfach teurer», sagt Otto Sorg, Mitinhaber der Brauerei Erusbacher & paul in Villmergen, die mit dem «Aargauer Bier» konsequent auf regionale Zutaten setzt. Umso wichtiger sei es, dass die Konsumentinnen und Konsumenten wüssten, warum sie für ein bestimmtes Bier etwas mehr bezahlen.

Wie beim «Aargauer Bier»: «Dieses Produkt kommt sehr gut an. Anscheinend sind die Konsumentinnen und Konsumenten durchaus an Regionalität interessiert.»
Doch für sein Standardsortiment nutzt auch Otto Sorg überwiegend Importmalz – eine vollständige Umstellung würde die Preise in die Höhe treiben. «Besser ist es, gezielt ein neues Bier aus heimischen Zutaten zu produzieren – das kann als Türöffner für ein neues Segment dienen.» Langfristig sieht Sorg Potenzial: «Vor vier Jahren gab es null Prozent Malz aus der Schweiz. Heute gibt es Brauereien, die ganz auf regionale Zutaten setzen. Das Projekt hat eine Zukunft – man muss ihm nur Zeit geben.»

Drei Biergläser mit verschiedenen Bieren warten auf die Degustation.

Schweizerkreuz – auch ohne Schweizer Malz

Der Absatzschwäche steht ein Kuriosum gegenüber: Viele Biere tragen ein Schweizerkreuz auf dem Etikett, obwohl Hopfen und Malz aus dem Ausland stammen. Dies ist offiziell erlaubt, denn die Brauereien profitieren von einer Ausnahmeregelung in der Swissness-Regelung.

So heisst es beim Bundesamt für Landwirtschaft BLW: «Wasser wird in der Regel nicht mitgerechnet, ausser bei Getränken wie Bier oder Mineralwasser, wo es wesensbestimmend ist». «Das führt dazu, dass der Schweizer Rohstoff von den Konsumentinnen und Konsumenten oft gar nicht erkannt wird», sagt Christoph Nyfeler, Gründer der Schweizer Mälzerei AG.

Das «Aargauer Bier» zeigt, wie es anders gehen kann: 100 Prozent regionale Rohstoffe, klare Herkunftskommunikation – und Erfolg beim Publikum. Nyfeler sieht hier den Schlüssel: «Die Chance liegt in einem klar als Schweizer Produkt erkennbaren Bier oder bei Bieren mit IP- oder Bio-Label. Da sieht der Kunde sofort, weshalb er 20 oder 30 Rappen mehr bezahlt.»

Werbung als Chance

Landwirt Hannes Brunner baut im bernischen Detligen konventionelle Braugerste an und ist vom diesjährigen Anbaustopp betroffen. Als Produzenten von Braugerste könnten die Landwirtinnen und Landwirte selbst eher wenig zur Vermarktung beitragen, meint er. «Das ist eher Aufgabe der Mälzerei und der Brauereien.»

Als Vorstandsmitglied der IG Mittellandmalz weiss er zudem um das geringe Budget für Werbung. «Wir sind uns jedoch der Wichtigkeit von Kommunikation und Werbung bewusst. Nur so können wir beim Schweizer Malz eine höhere Nachfrage erreichen», ist er überzeugt. Auch wenn die aktuelle Lage bei ihm etwas auf die Stimmung drückt, ist er weiterhin offen, wieder Braugerste anzubauen – sobald die Nachfrage wieder steigt.

Bio-Braugerste trotzt der Flaute

Nicht betroffen vom Anbaustopp ist Bio-Braugerste. Und das hat seine Gründe. «Der Bioanbau war bisher der deutlich kleinste Absatzkanal mit rund 100 Tonnen Malz. Dort hatten wir noch kaum Lagerbestand, und der Absatz hält sich konstant», so Stefan Gfeller.

Gerade auch wegen dieses stabilen Nischensegments will die IG Mittellandmalz nicht aufgeben. Geplant sind Marketingkampagnen in Zusammenarbeit mit der Schweizer Mälzerei AG, ein Anlass mit dem Schweizer Brauereiverband und verstärkte Appelle an die Mitglieder. «Jeder Landwirt, der Braugerste angebaut hat, sollte eigentlich nur Bier mit Schweizer Malz im Kühlschrank haben», meint Gfeller schmunzelnd – und fügt hinzu: «Die Realität ist leider eine andere.»