
Zwetschgen: Das blaue Wunder
Die Zwetschge ist eine vielseitige Frucht, die in der Küche viel Spielraum lässt. Ihre blaue Farbe verleiht ihr nicht...
Im Tessin blickt der Olivenanbau auf eine lange, wenn auch wechselhafte Tradition zurück. Wie viele andere Nutzpflanzen, wurde sehr wahrscheinlich auch der Olivenbaum von den Römern eingeführt. Im Mittelalter wurde Olivenöl im südlichsten Kanton der heutigen Schweiz dann meist nicht als Lebensmittel, sondern für die Befeuerung von Öllampen genutzt. Einige intensive Frostphasen in den Jahren 1494, 1600 und 1709 zerstörten die Grosszahl der Tessiner Olivenhaine. Als im 18. Jahrhundert dann immer mehr Maulbeerbäume für die Seidenraupenzucht gepflanzt wurden, führte dies zur fast gänzlichen Verdrängung dieser Kultur. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde im Tessin kaum mehr Olivenöl produziert. Erst gegen Ende der 1980er Jahre erfuhr der Olivenanbau durch einige Landwirte und Winzer neuen Aufschwung – nun aber zur Produktion von Speiseöl und Speiseoliven. Im Jahr 2001 schlossen sich die Südschweizer Olivenenthusiasten zur «Associazione Amici dell’Olivo» (AAO) zusammen.
Rund 20 Jahre später produzieren die beiden Tessiner Ölmühlen in Sonvico und Losone jährlich 2’000 Liter Olivenöl. Laut dem Verein Kulinarisches Erbe der Schweiz wurden 2021 im gesamten Tessin 7’652 Olivenbäume gezählt. Die meisten davon befinden sich im Sottoceneri. Auch wenn es sich bei diesen Mengen klar um ein Nischenprodukt handelt, wurde das «Olio d’Oliva ticinese» vor vier Jahren in das Verzeichnis des Kulinarischen Erbes der Schweiz aufgenommen.
In der Westschweiz waren es bisher wenige Privatpersonen oder Weinbauern, die Olivenbäume angepflanzt hatten. Die ersten Oliven konnten vor rund 20 Jahren im Wallis geerntet werden, später kamen einige Bäume im Kanton Genf und der Waadt hinzu, erklärt Frank Siffert. Der Demeter-Landwirt aus Bonvillars im Kanton Waadt ist vom Potential, das diese Bäume für die Romandie bereithält, überzeugt und will der Kultur gebührenden Aufschwung geben.
Dazu hat Frank Siffert am 11. September 2025 mit einer Gründungsversammlung die «Association Suisse des Producteurs d’Olives» (ASPO) aus der Taufe gehoben. Frank Siffert steht dem Verband, der bisher 20 Landwirte, zehn Weinproduzenten und 20 private Interessierte vereint, als Präsident vor. Das ambitionierte Ziel der Mitglieder besteht darin, zu den bisherigen rund 10’000 Olivenbäumen in der Westschweiz im Winter und Frühjahr 2026 nochmals 10’000 Bäume zu pflanzen. «In zehn Jahren wäre so eine Olivenölproduktion von 20 Tonnen möglich, was einem Promille des jährlichen Konsums in unserem Land entsprechen würde», führt Frank Siffert aus. Diese Menge wird sich jährlich stark steigern. Denn während die Ernte eines Olivenbaums im Alter von zehn Jahren je nach Sorte und Qualität zwischen zehn und zwanzig Kilogramm Öl ergibt, nimmt der Ertrag jährlich um rund zehn Prozent zu.
Beflügelnde Aussichten also. Doch weshalb soll gerade die Westschweiz dem Tessin den Rang als führender Olivenproduzent streitig machen? «Der Olivenbau und der Weinbau ergänzen sich sehr gut, in Zeiten des sinkenden Weinkonsums bietet diese Kultur eine ideale Alternative», erklärt der Waadtländer Landwirt.
Genau wie die Reben sind Olivenbäume gut an trockene und karge Böden angepasst. Während die Weinlese anfangs Herbst ist, sind die Oliven erst im Winter reif – arbeitstechnisch sind die Erntezeitpunkte also gut verteilt. Zudem können zur Bewirtschaftung von Olivenhainen dieselben Maschinen wie im Rebberg genutzt werden. Investitionen für Neuanschaffungen fallen keine an. Auch das Klientel von Wein und Olivenöl ist sich sehr ähnlich, ist Frank Siffert überzeugt. Bei beiden Produkten ist die Qualitätsspannbreite gross, es besteht eine Kennerschaft und Degustationen bieten sich an. Schliesslich können Reben und Olivenbäume sogar gut auf derselben Parzelle gedeihen. «Der Olivenbaum spendet Schatten, sein Blätterdach lässt aber genügend Licht hindurch – für ein Agroforstsystem mit anderen Kulturen ist er optimal», weiss Frank Siffert aus eigener Erfahrung.
Auf rund 1’000 Quadratmetern hat der Waadtländer vor sechs Jahren 60 kleine Olivenbäume gepflanzt. Sie stehen aber nicht allein auf weiter Flur da. Zwischen ihnen gedeiht eine Vielzahl an Gemüse, Gewürz- und Medizinalpflanzen, sogar Zitronen- und Yuzubäume. Neben dieser vielfältigen Agroforstfläche bewirtschaftet Frank Siffert seit 2008, gemeinsam mit seiner Frau, auf der Domaine de La Sauvageraie auch einen Rebberg und einen Trüffelhain mit Lehrpfad. Auf dem zwischen Neuenburgersee und Jura gelegenen Hof veranstaltet das Paar regelmässig Kurse, Erlebnistage und kulinarische Abende rund um seine Produkte.
Nicht nur in der Vermarktung seiner Produkte beschreitet Frank Siffert innovative Wege. Die Pionierarbeit und das Experimentieren mit wenig etablierten Kulturen scheinen dem Landwirt im Blut zu liegen. Er selbst setzt nicht nur auf eine, sondern auf zehn verschiedene Olivensorten, um zu sehen, welche sich unter gegebenen Bedingungen am besten entwickeln. Pflanzenschutzmassnahmen ergreift er keine, weder um die jungen Olivenbäume vor Frost noch vor Schädlingen zu bewahren.
Diesen Sortenversuch hat er unterstützt von Bio Vaud gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL und dem französischen Institut «National de la Recherche Agronomique» (INRA) ausgeweitet. Insgesamt existieren rund 2’000 Olivensorten. In vielen privaten Westschweizer Gärten gedeihen Olivenbäume schon seit Jahrzehnten bestens. Nur zu welcher Sorte die Bäume gehören, weiss kaum ein Gartenbesitzer. In einer Studie wird Frank Siffert nun möglichst viele Äste sammeln und vom INRA bestimmen lassen. So will er herausfinden, welche Sorten sich für einen Anbau in dieser Region am besten eignen. «Wir stehen am Anfang eines spannenden Abenteuers – zwar besitzen wir noch wenig Kenntnisse über den Anbau dieser alten Kulturpflanze, dafür sind auch die Schädlinge, wie die Olivenfliege noch nicht bei uns angekommen», erläutert Frank Siffert.
Sind keine lästigen Olivenfliegen am Werk, trägt ein Baum, je nach Sorte, bereits nach zwei bis sieben Jahren die ersten Früchte. Den höchsten Ertrag wirft ein Olivenbaum im Alter von 80 Jahren ab. «Bei dieser Kultur heisst es langfristig zu denken, statt auf den schnellen Profit zu hoffen – hier bauen wir etwas für unsere zukünftigen Generationen auf», schwärmt der umtriebige Waadtländer.
Die Olive ist nicht nur wegen dieses langfristigen Ertragswachstums eine spannende Frucht – Olivenbäume können bis zu 1’000 Jahre alt werden – sondern auch wegen der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten. Aus weniger hochwertigem Öl kann Seife hergestellt werden, aus dem Holz können Schalen produziert werden und die Blätter können zu Tee verarbeitet werden. Selbst der Presskuchen, der in der Ölmühle übrigbleibt, eignet sich gut als Viehfutter. Hat der Stamm eine Höhe von 1,2 Metern erreicht, können zudem Direktzahlungen für Steinobsthochstammbäume geltend gemacht werden. Die Ausgangslage für die Vermarktung der qualitätsvollen Olivenprodukte sieht Frank Siffert mit den Labels Swiss oder Regio Made als ideal an.
Wieso ist eigentlich niemand bereits viel früher auf die Idee gekommen, in der Romandie im grösseren Stil Oliven anzubauen? Eine letzte Frage, die sich für Frank Siffert rund um diesen Baum mit der geschichtsträchtigen Aura auftut.
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