Fleischkonsum im Wandel: Zwischen Tradition und Innovation

Fleisch bleibt ein wichtiger Bestandteil der Schweizer Ernährung – auch in Zeiten wachsender pflanzlicher Alternativen. Doch die Vorlieben beim Fleischkonsum verändern sich: Während der Konsum von Schweinefleisch stetig abnimmt, steigt die Nachfrage nach Geflügel. Unternehmen wie die Ernst Sutter AG passen sich diesen Trends an und setzen auf nachhaltige Produktion und Innovation.
Zuletzt aktualisiert am 29. April 2025
von Martina Graf
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Der Fleischkonsum in der Schweiz hat sich über die Jahrzehnte gewandelt. Nach einem Anstieg von 1949 bis 1987 folgte ein Rückgang, seither bleibt der Verbrauch weitgehend stabil. Und obwohl Flexitarismus, Vegetarismus und Veganismus eine starke mediale Präsenz haben, essen laut Proviande rund 94–95 % der Bevölkerung weiterhin Fleisch. Eine Studie der Universität St. Gallen zeigt zudem: Viele reduzieren wohl ihren Konsum, bleiben aber dennoch Fleischesserinnen.

«Wir müssen flexibel auf Konsumtrends reagieren», sagt Reto Sutter, CEO der Ernst Sutter AG – dem Fleisch-Kompetenzzentrum der fenaco-LANDI Gruppe. «Schweinefleisch macht derzeit etwa 40 % unseres Angebots aus, doch dieser Anteil sinkt stetig, während Geflügelfleisch zunehmend gefragt ist.» Und er ergänzt: «Dieser anhaltende Trend erfordert eine erhöhte inländische Produktion von Geflügelfleisch. Leider erschweren regulatorische Hürden in der Schweiz eine zeitnahe Anpassung.»

«Fleisch bleibt ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung.»

Trotz veränderter Ernährungstrends bleibt Fleisch ein wertvolles Lebensmittel. In der neuen Lebensmittelpyramide wird der Anteil an Fleisch stark abgewertet, da dieses hinsichtlich Gesundheits- und Umweltaspekten in der Kritik steht. Das sieht Reto Sutter kritisch: «Ich stimme dieser Ernährungsempfehlung nicht zu. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass der Genuss von Fleisch in den heute üblichen Mengen gesundheitlich bedenklich ist. Zudem sollte die Lebensmittelpyramide nicht Gegenstand von Diskussionen über ökologische Themen sein.»

Gleichzeitig steht die Ernst Sutter AG heutigen Ernährungstrends offen gegenüber und testet neue Märkte. 2024 lancierte der Fleischverarbeiter drei vegane Produkte auf Basis von Biertreber – einem Nebenprodukt der Bierproduktion. «Besonders wichtig war uns, einen hochwertigen Schweizer Rohstoff zu verwenden», erklärt Reto Sutter. «Ob sich diese Fleischersatzprodukte am Markt bewähren, wird sich zeigen.»

Sutter Reto 02 2024

«Ich betrachte es als unsere Aufgabe, den Fleischkonsumentinnen hochwertige Produkte anzubieten.»

Die Schweizer Fleischproduktion punktet im internationalen Vergleich mit hohen Tierschutzstandards und nachhaltigen Bedingungen. Einen Anstieg in der Nachfrage nach nachhaltig und ethisch produziertem Fleisch sei jedoch nicht festzustellen, so Reto Sutter. Er ergänzt: «Konsumenten möchten wissen, woher ihr Fleisch kommt und wie es produziert wird. Deshalb setzen wir, als Pionierin im Labelfleisch-Segment, auf klare Kennzeichnungen und Rückverfolgbarkeit.» Die Schweiz biete ausserdem, aufgrund ihrer Topografie und den ergiebigen Niederschlägen, ideale Bedingungen für eine nachhaltige Fleischproduktion.

Doch es gibt eine Diskrepanz zwischen Absicht und Realität. «Viele Konsumentinnen und Konsumenten bekunden zwar die Bereitschaft für Labelfleisch einen höheren Preis zu zahlen – in der Praxis greift die Mehrheit jedoch oft zum günstigeren Angebot», stellt Reto Sutter fest. Staatliche Eingriffe zur Regulierung sieht er kritisch: «Was auf den Teller kommt, sollte in der Selbstverantwortung der Konsumenten liegen.»

Mit rund 1'000 Mitarbeitenden in der ganzen Schweiz und einem Umsatz von rund 611 Millionen Franken im Jahr 2024 ist die Ernst Sutter AG eine wichtige Abnehmerin von Schweizer Schlachttieren und agiert als bedeutendes Bindeglied in der Wertschöpfungskette. Zu den Kunden gehören der Detailhandel, Metzgereifachgeschäfte, Discounter sowie Belieferungs- und Abholgrosshandel.

«Traditionelle und neue Produkte haben ihre Daseinsberechtigung.»

Angesichts des sich wandelnden Konsumverhaltens und der steigenden Bedeutung nachhaltiger Praktiken müssen Unternehmen wie die Ernst Sutter AG innovativ bleiben. «Wir erkennen Trends frühzeitig und passen unsere Marktleistung laufend an – mit Qualität, Verantwortung und Innovationskraft. Nur so sichern wir unsere Zukunft und übernehmen gleichzeitig ökologische Verantwortung», so Reto Sutter. Und er betont: «Unser Ziel ist nicht nur, den heutigen Bedarf zu decken, sondern langfristig einen nachhaltigen Beitrag zur Ernährungssicherheit zu leisten.»

Trotz zahlreicher Herausforderungen bleibt Reto Sutter optimistisch: «Der politische Druck wird weiter zunehmen, doch die klimatischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Bedingungen in der Schweiz sind günstig. Ich bin überzeugt, dass Fleisch, pflanzenbasierte und zellkultivierte Alternativen koexistieren werden. Bis zellkultivierte Alternativen marktreif sind und breite Akzeptanz finden, werden jedoch noch einige Jahre vergehen. Die Schweizer Landwirtschaft und die Fleischwirtschaft werden auch in Zukunft einen wichtigen Stellenwert in der Versorgung der Schweizer Bevölkerung haben. Darum richten wir unsere Unternehmung auf ein nachhaltiges Wachstum und einen langfristigen Erhalt aus.»