Gute Fleischnachfrage, aber Sorgen um Tierbestände und Politik

Die Fleischbranche blickt auf ein positives Jahr zurück – trotz politischen Gegenwinds. An der Generalversammlung der Branchenorganisation Proviande zeigte sich Präsident Markus Zemp zufrieden mit der Marktentwicklung, übte jedoch Kritik an der Stossrichtung des Bundes.
Zuletzt aktualisiert am 30. Juni 2025
von Jonas Ingold
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«Der Fleischmarkt präsentiert sich erstaunlich robust», sagte Zemp vor der Branche in Will SG. Höhere Konsumzahlen und gestiegene Schlachtviehpreise hätten die Produzentinnen und Produzenten gestärkt. So erzielte Bankvieh mit 11 Franken pro Kilo Schlachtgewicht einen Rekordwert seit dem 25-jährigen Bestehen von Proviande. Auch Kälber, Schweine, Lämmer und Geflügel seien gefragt. «Fleisch erfreut sich grosser Beliebtheit bei den Konsumentinnen und Konsumenten – was für ein Gegensatz zu den Botschaften aus Medien, Politik und Verwaltung», betonte er.

Sorgen bereiten allerdings die mit Ausnahmen des Geflügels sinkenden Tierbestände, insbesondere beim Rindvieh. «Die Wertschöpfung droht ins Ausland zu wandern», warnte Zemp und forderte bessere agrarpolitische Rahmenbedingungen für die Viehhaltung der Schweiz.

Kritik übte er an der neuen Ernährungspyramide des Bundes, die den Fleischkonsum herabstufe. Auch das geplante Entlastungspaket 2027 stösst auf Widerstand: Die Abschaffung der Inlandleistung bei Zollkontingenten gefährde das bewährte System und öffne Spekulationen mit Importfleisch Tür und Tor.

Trotz aller Herausforderungen zeigte sich Zemp zuversichtlich. Mit der neuen Kampagne «So isst die Schweiz» wolle Proviande das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten weiter stärken.

Die Versammlung war auch von personellen Veränderungen geprägt: Direktor Heinrich Bucher tritt nach 17 Jahren im Amt in den Ruhestand. Sein Nachfolger ist Donat Schneider. Zemp selbst kündigte seinen Rücktritt auf die nächste Generalversammlung an. «Es ist der richtige Zeitpunkt für eine jüngere Kraft», sagte erklärte er.

Abschied mit Stolz und Dankbarkeit – Heinrich Bucher verlässt Proviande

Nach 22 Jahren mit der Branchenorganisation – fünf im Verwaltungsrat und 17 als Direktor – verabschiedete sich Heinrich Bucher von Proviande. Es sei für ihn ein Privileg gewesen, sich für das Produkt Fleisch einzusetzen – «ein Produkt, das beliebt ist, geschätzt wird und Genuss vermittelt», wie er betonte.

Bucher würdigte die besondere Kultur der Zusammenarbeit innerhalb der Fleischwirtschaft: «Wenn in der Branche ein Problem ansteht, geht man zu Proviande – und findet gemeinsam eine Lösung.» Auch international habe das Modell Anerkennung gefunden. «So etwas wäre bei uns gar nicht möglich», hätten ihm Fachkollegen im Ausland jeweils gesagt, als er das Zusammenspiel der Schweizer Wertschöpfungskette erklärte.

Bucher rief dazu auf, die gewachsene Dialogkultur zu pflegen und weiterzuentwickeln – als Grundlage für den zukünftigen Erfolg.

Neuer Direktor Donat Schneider: «Ich freue mich darauf, in diesem Spannungsfeld anzupacken.»

Mit einem kurzen Auftritt stellte sich Donat Schneider als neuer Direktor von Proviande vor. Auf einen Lebenslauf verzichtete er bewusst – dieser sei in der Medienmitteilung nachzulesen. Stattdessen teilte er seine Gedanken zur Branche: Die Fleischwirtschaft bewege sich in einem Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichen Erwartungen, Umweltauflagen und anhaltend hoher Konsumentennachfrage.

«96 Prozent der Konsumenten essen Fleisch – das sind mehr als Autofahren oder Zugfahren», stellte er mit einem Augenzwinkern fest. Gleichzeitig betonte er den Druck, unter dem die Tierproduktion durch Umwelt-, Klima- und Tierschutzforderungen stehe.

Schneider zeigte sich motiviert, diese Herausforderungen gemeinsam mit der Branche anzugehen: «Ich freue mich darauf, in diesem Spannungsfeld anzupacken.» Er dankte für den herzlichen Empfang und schloss mit einem Zitat von Jürgen Klopp: «Es ist nicht wichtig, was die Leute von dir denken, wenn du kommst. Es ist wichtig, was die Leute von dir denken, wenn du gehst.»

Ersatzwahlen in den Verwaltungsrat

Beim Verwaltungsrat kam es zu Ersatzwahlen. Die aktuelle Amtsperiode endet an der GV 2027. Folgende Personen wurden gewählt: 

Mitglieder von Verwerter- und Vermittlerorganisationen
Philipp Allemann, Bell Schweiz AG, Basel
als Nachfolger von Lorenz Wyss
Thomas Garcke, Micarna SA, Courtepin
als Nachfolger von Peter Hinder

Stellvertreter von Verwerter- und Vermittlerorganisationen
Stefan Seiler, Bell Schweiz AG, Basel
als Nachfolger von Philipp Allemann

Mitglied von Verbraucherorganisationen
Patrik Hasler-Olbrych, GastroSuisse
als Nachfolger von Moritz Rogger

Die Amtsperiode des Vizepräsidenten dauert ein Jahr. Für die Periode 25/26 gewählt wurde Michel Darbellay. Er löst Peter Hinder ab.