Safran: Thurgauer Luxusgewürz

Viktor Gschwend aus dem thurgauischen Neukirch setzt auf Safran und geht damit ein Wagnis ein.
Zuletzt aktualisiert am 21. Oktober 2022
von Michael Götz
5 Minuten Lesedauer
Safran Pfluecken Mg

Safran ist ein kostbares Gewürz, hinter dem viel Handarbeit steckt. Bis ein Gramm Safran aus den Blüten der Safranpflanze gewonnen ist, braucht es viel Arbeit. Viktor Gschwend, Inhaber und Geschäftsführer von Blumen Gschwend, hat in Neukirch TG ein 700 m2 grosses Feld mit Safranpflanzen angelegt.

Vor allem morgens pflücken Gschwend und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Safranblüten in Körbchen. Auffallend an den Blüten sind drei rote Fäden. Es sind die Griffelfäden, die weiblichen Geschlechtsorgane des Safrans. Nur diese werden für das Gewürz verwendet.

Ernte mit der Pinzette

Die Gärtner zupfen die Fäden mit der Hand oder einer Pinzette von der Pflanze und entfernen den unteren Teil, in welchem sich Bitterstoffe befinden. Pflücken und Zupfen bilden die Hauptarbeiten bei der Ernte.

Eine Feinarbeit, die Geduld und Ausdauer verlangt. Die abgezupften Fäden kommen auf ein feines Gitter, auf welchem sie während fünf Stunden bei 40 bis 50°C Lufttemperatur trocknen. Schliesslich lagert der Safranproduzent die Fäden in einem dunklen, luftdicht verschlossenen Gefäss während mindestens zwei Monaten, damit das Gewürz sein typisches Aroma entfaltet. Wichtig ist, die Fäden trocken zu lagern, um sie vor Pilzbefall zu schützen.

Versuchsfeld im Walliser Rebberg

Das Gewürz hat Gschwend keine Ruhe gelassen, nachdem er es im Buch «Alte und vergessene Pflanzen» entdeckt hat. «Vielleicht kann ich es auch selbst anbauen», sagte er zu sich und pflanzte auf dem Feld in Neukirch 60’000 Safranknollen und weitere 10’000 in einem Rebberg im Wallis. Letzteres soll ihm Hinweise geben, ob und wie sich gegebenenfalls die Pflanze im Rebbau verwenden lässt.

«Um ein Kilogramm Safran zu ernten, braucht es zwischen 150’000 und 200’000 Blüten», betont der Thurgauer Safranpionier. Die Ernte der Blüten erstreckt sich von etwa Mitte Oktober bis Mitte November. Die tägliche Erntemenge ist sehr verschieden, zu Beginn der Ernte sind es ein paar Hundert täglich, es können aber auch einmal 10 000 Blüten pro Tag sein. Für den Gärtner heisst dies, dass er Helfer benötigt, die sich flexibel einsetzen lassen.

Freiwillige helfen bei der Ernte

Für sein «Safranprojekt» konnte er etwa 30 Freiwillige anheuern, die ihren Einsatz über eine WhatsApp-Gruppe organisieren. «Wir wollen Erfahrungen sammeln», sagt der Safranpflanzer.

Die Pflege der Pflanze im Sommer dürfte nicht besonders aufwändig sein, da die Knollen der Pflanze unter der Erde wachsen. Das Überwintern der Knollen im Feld könnte allerdings Probleme mit sich bringen. Die Knollen sind zwar winterhart, aber sie sind empfindlich gegenüber Fäulnis. Werden sie mit der eher schweren Erde zurechtkommen? Gschwend hat etwas Sand in die Erde gemischt, um diese wasserdurchlässiger zu machen. Vier Jahre sollen die Knollen im gleichen Feld bleiben, bis der Safrangärtner die Knollen ausgräbt und in ein neues Feld pflanzt.

Viel Aufwand, hoher Preis

Dem Safranproduzenten stellt sich vor allem die Frage, ob sich bei der vielen Handarbeit der Safrananbau lohnen wird. Der Gärtner erntet den Safran mit Leuten, die sich von seiner Begeisterung anstecken liessen, aber wie sieht es aus, wenn höhere Stundenlöhne gezahlt werden müssen? Auch hier gilt es, sich an einen wirtschaftlichen Anbau heranzutasten. Der Anbau ist Wagnis und Chance zugleich.

Ein Kilogramm Safran kostet auf dem Weltmarkt zurzeit zwischen 4’000 und 6’000 Franken. Der Preis hängt sehr stark von der Qualität und der Herkunft ab, erklärt Gschwend. «Wir verkaufen Fäden nicht Pulver», sagt Gschwend. Das Pulver sei oft gestreckt zum Beispiel mit Kurkuma oder Hibiskus, die auch zu einer gelben Farbe führen.

Safranfäden aus dem Ausland sind im Schweizer Detailhandel für einen Preis von etwa 6-14 Franken je Gramm erhältlich. Es gibt allerdings eine grosse Preisspanne. So wird ein Safranprodukt aus biologischem Schweizer Anbau bei der Migros für 66 Franken je Gramm angeboten.

Luxus-Gewürz aus dem eigenen Garten

Safran verleiht Speisen nicht nur eine goldgelbe Farbe, sondern je nach Dosierung auch ein süsses Aroma oder einen leicht bitteren Geschmack. Safran wird von Feinschmeckern und Küchen, die etwas auf Ihre Kochkunst halten, geschätzt. Das Gewürz findet insbesondere für Reis- und Nudelgerichte Verwendung. Wer Freude am Gärtnern hat, kann Safran in Beeten oder Schalen selbst anpflanzen. Für eine Portion Risotto benötige man etwa 0.1 Gramm, das entspreche 30 – 40 Fäden, erklärt Viktor Gschwend.

Da es pro Safranknolle zwei bis drei Blüten gibt und pro Blüte drei Fäden, müssen Hobbygärtner also rund fünf Knollen je Portion Risotto anpflanzen, wofür eine Blumenschale genügt. «Man muss kein Spitzenkoch sein», ermuntert der Safranproduzent. Am besten zerreibe man die Safranfäden zwischen den Fingern und lege sie eine Stunde vor dem Kochen in lauwarmem Wasser, Bouillon, Weisswein oder Milch ein. Vorsichtiges Dosieren ist angesagt, da Safran intensiv schmeckt und leicht den Geschmack anderer Zutaten überdeckt. Und noch ein Tipp: Die beste Safranqualität lässt sich erreichen, wenn man die Blüten morgens in geschlossenem Zustand pflückt, da die Sonne die ätherischen Öle bei geöffneten Blüten abbaut.

Viktor Gschwend Mg
Der Thurgauer Safranpionier Viktor Gschwend präsentiert die Safranpflanze in Töpfen und Schalen. Im Glas befinden sich die roten Safranfäden. (mg)

Das ist Safran

Aus der Geschichte der «Goldenen Stiele»
Der Name Safran soll vom persischen «Zar-paran» abstammen, was übersetzt «goldene Stiele» bedeutet. Zwar wird Safran fast überall in der Welt angebaut, aber der weitaus grösste Teil, nämlich mindestens 90 % der jährlichen weltweiten Safranernte, stamme aus dem Iran, führt Gschwend aus. Das entspreche einer Produktion von 170 bis 180 Tonnen. Neu ist der Anbau von Safran in der Schweiz nicht. Schon vor etwa 200 Jahren wurde Safran in der Schweiz angebaut und die gelben Fäden zum Färben von Kleidungsstücken verwendet, wie es früher im Orient für wertvolle Kleider üblich war. Heute wird Safran an verschiedenen Orten in der Schweiz in kleinem Stil angebaut. In der Ortschaft Mund im Wallis hat der Safran-Anbau eine lange Tradition haben.

Knolle mit gleichem Erbgut auf der ganzen Welt
Die Knolle des Safrans gleicht einer Zwiebel, doch ist Safran keine Zwiebel, sondern ein Krokus, wie der lateinische Name «Crocus sativus» sagt. Die unterirdischen Teile sind wie bei der Kartoffel Knollen oder verdickte Seitenwurzeln. Im Gegensatz zu den Zierkrokussen blüht der Safran im Herbst. Die Knollen bilden nur wenig grünes Kraut und treiben erst im Herbst aus. Eine Besonderheit von Crocus sativus ist, dass er sich nur vegetativ vermehrt, nämlich über Tochterknollen. Zwar verfügt die Blüte über männliche und weibliche Blütenstände, aber letztere sind unfruchtbar. Aus diesem Grund ist das Erbgut der Safranpflanzen überall auf der Welt dasselbe. Es lassen sich keine verschiedenen Sorten züchten.

Safran auch als Heilmittelpflanze
Safran wird in erster Linie als Gewürzmittel gehandelt, ist aber auch medizinisch interessant. Er soll einen nervenstärkenden Effekt haben, zu einer guten Stimmung beitragen und als «Anti-Stress-Mittel» dienen. Der Volksmund nenne Safran auch als das «Gewürz der Freude», führt Gschwend aus. Die grösste wirtschaftliche Bedeutung dürfte ihm allerdings auf Grund seines Rufes als aromatisches und gelb-färbendes Speisegewürz zukommen. Da Safranblüten den Blüten der giftigen Herbstzeitlose gleichen, ist Vorsicht geboten. Blaue, krokusähnliche Blüten auf einer Wiese sind keine Safranblüten.