Regionalprodukte aus dem Alpenraum auf die Bühne gehoben
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Mirjam Lüthi ist eine Pionierin des Schweizer Quinoa-Anbaus. Als der Quinoa-Trend von Lateinamerika her in die ganze Welt übersprang, begann die IP-Suisse-Mitarbeiterin 2014 auf ihrem Hof mit dem Anbau des Pseudogetreides. Seither wird auf dem Aarhof im solothurnischen Bellach das Lebensmittel geerntet, das in den Anden ein traditionelles Grundnahrungsmittel ist.
«Ganz zu Beginn hatten wir Sorten, die eher bitter schmeckten», sagt Mirjam Lüthi beim Quinoa-Feld, das gleich an der Aare liegt. Später setzte Lüthi auf die Sorte «Jessie», dieses Jahr hat sie «Vikinga» gesät. «Ich bin gespannt, wie es mit der neuen Sorte funktioniert. Derzeit sieht es nach grösseren Blütenständen aus», erklärt Lüthi. Die Wahrheit wird aber erst die Ernte zeigen: «Dann zählen der Ertrag und die Qualität», sagt sie.
Superfood oder pflanzliche Proteine – sie sind bei Konsumentinnen und Konsumenten immer begehrter. Innovative Schweizer Landwirtinnen und Landwirte füllen die Nische aus. Doch die ausländische Konkurrenz, fehlende Erfahrung sowie klimatische Faktoren sind herausfordernd. In der Sommerserie besuchen wir ganz unterschiedliche Betriebe, die mit Nischenpflanzen ihren Weg gehen.
Die Sortenwechsel zeigen die Flexibilität, die ein Betrieb braucht, wenn er auf eine Nischenpflanze setzt, für die es in der Schweiz noch nicht viel Erfahrung gibt. So gäbe es zwar Sorten mit grösseren Kernen, allerdings reifen diese hierzulande zu spät ab. In klimatisch guten Jahren würde es wohl funktionieren, in anderen drohte ein Ausfall. Sie sei deshalb froh, dass nun auch die Forschungsanstalt Agroscope Versuche mit Quinoa-Sorten durchführe, sagt Lüthi: «Es ist wichtig, dass da was geht.»
In der Schweiz habe jeder Betrieb, der Quinoa anbaut, seine eigenen Erfahrungen gemacht und gehe es etwas anders an, meint Lüthi. Das A und O für den Anbau sei die Auswahl der Parzellen. Aber auch, wenn die Parzelle passt und richtig bearbeitet wurde, ist das keine Garantie.
Quinoa kommt zwar gut mit Trockenheit zurecht, mag aber keine Staunässe. Das führte 2021 zu einem Ernteausfall auf dem Aarhof. Allzu heiss sollte es aber zur Blütezeit auch nicht sein, dann gibt es gemäss Lüthis Erfahrung Probleme mit der Befruchtung. «Quinoa ist eine anbautechnisch schwierige Pflanze», sagt Lüthi. Auch viel Handarbeit ist nötig, wenn es um Ausreissen des Unkrauts geht.
Mirjam Lüthi verzichtet beim Anbau auf Insektizide: «Wir hatten dieses Jahr sehr viele Blattläuse an den Pflanzen. Aber sobald die Marienkäfer kommen, reguliert sich das.» Es bestehe auch immer die Gefahr neuer Schädlinge: in der Westschweiz ist ein Schildkäfer (Casside) aufgetaucht, der kleinere Schäden verursacht. Im Gegensatz zur Schweiz setzen etwa in Frankreich die Quinoa-Produzenten konsequent auf Insektizide.
Für IP-Suisse produzieren dieses Jahr 21 Produzentinnen und Produzenten auf rund 30 Hektaren Quinoa. Mirjam Lüthi leitet das Projekt. Die aufwändige Reinigung der Quinoa erfolgt in der Eichmühle oder bei Zwicky. Vermarktet wird IP-Suisse-Quinoa über spezialisierte Mühlen wie Moulin d’Yverdon, welche v.a. kleinere Läden in der Westschweiz beliefert oder die Mühle Landshut, welche Bäckereien beliefert und direkt über IP-Suisse an diverse Kunden. Aber auch über den Detailhandel mit der Migros Aare und Neuenburg sowie Denner.
Ziel sei es aktuell, den Anbau mit den bestehenden Produzentinnen und Produzenten noch auszubauen, wenn es der Markt erlaube. Ein kleiner Markt ist schwierig zu bewirtschaften. Rasch gibt es eine Unter- oder Überproduktion.
«Es gibt grosse Ernteschwankungen. Ich rechne bei uns mit einer Tonne, es können aber auch 2,5 werden», meint Lüthi. Bei einer solchen Superernte sind die kostenintensiven Lager rasch zu voll. Viel Menge an Lager war auch der Grund, weshalb IP-Suisse 2020 den Anbau für ein Jahr aussetzte. Das einzige Jahr, in dem auch auf dem Aarhof keine Quinoa wuchs.
Geerntet wird auf dem Aarhof voraussichtlich Mitte August. Die Ernte erfolgt mit dem Mähdrescher. Auch hier braucht es erfahrene Fahrer. «Man muss wissen, wie die Einstellungen sein müssen. Denn Quinoa ist ein sehr feines Korn», so die Landwirtin.
Wie sieht es mit der Konkurrenzfähigkeit aus? Quinoa-Saatgut sei teuer, erklärt Mirjam Lüthi. Sie rechnet mit rund 700 Franken pro Hektare. Bezahlt wird eine Lizenzgebühr. Je nach Sorte wird nach gekauftem Saatgut oder nach der Erntemenge abgerechnet. Bei letzterer Variante ist das Risiko bei einem Ausfall minimiert.
Schweizer Quinoa steht unter starkem Preisdruck aus dem Ausland. «Aus Südamerika importierte Bio-Quinoa ist billiger als unsere Schweizer IPS-Quinoa», sagt Lüthi. Grenzschutz für Quinoa gibt es keinen, auch Einzelkulturbeiträge oder Extensobeiträge bezahlt der Bund nicht, was Lüthi bedauert. «Viele Konsumentinnen und Konsumenten greifen deshalb zur billigeren Importware», so Lüthi. Aber es gebe durchaus Personen, die bereit seien, einen Mehrpreis für die Schweizer Ware zu bezahlen und einen Markt ermöglichten.
«Wie Pasta oder Reis wird Quinoa in der Schweiz nicht werden. Aber es ist und bleibt etwas Besonderes», sagt Mirjam Lüthi.
Der Betrieb von Mirjam und Markus Lüthi und ihren beiden Töchtern umfasst 28 Hektaren Landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie bauen darauf Sonnenblumen, Brotweizen, Braugerste, Dinkel, Zuckerrüben, Silomais und Quinoa an (alles nach IP-SUISSE-Standards, ausser Silomais). Hinzu kommt Ökofläche und Buntbrache sowie Feldobst zur Selbstversorgung. Auf dem Hof gibt es zudem ein Bed&Breakfast, welches vor allem von Velotouristen genutzt wird, welche auf der Nationalen Veloroute unterwegs sind, die am Hof vorbeiführt.
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