Berglandwirtschaft schafft wertvolle Kulturlandschaft
Für die dezentrale Besiedlung und die Kulturlandschaft in Berggebieten ist die Landwirtschaft von zentraler Bedeutung...
Videokonferenzen und rasche Erreichbarkeit unabhängig vom Arbeitsort – das ist seit Beginn der Corona-Pandemie besonders wichtig. Die Digitalisierung ist aber unabhängig der aktuellen Lage für ländliche Gegenden wie das Schweizer Berggebiet äusserst bedeutend. «Die Digitalisierung lässt die Distanz schwinden und ist deshalb eine grosse Chance», sagt Regula Straub, Co-Geschäftsführerin der Schweizer Berghilfe. Es gebe jetzt vom Berggebiet aus die Möglichkeit, in sämtliche Bereiche und Gegenden vorzudringen.
«Ein Produzent kann dank Online-Shop heute nicht nur im eigenen Dorf, sondern in der ganzen Schweiz seine Ware verkaufen», so Straub. Sie erwähnt das Beispiel von «Alpenhirt» in Tschiertschen GR. Der Trockenwurst-Produzent Adrian Hirt konnte mit der Berghilfe einen neuen Webshop aufbauen. Dort verkauft er unter anderem Trockenfleisch, die Tiere dafür liefern Bauernfamilien aus Graubünden.
Mit dem grösseren Kundenkreis können die Unternehmen mehr produzieren und damit neue Arbeitsplätze schaffen – elementar für das Berggebiet. Denn Digitalisierung ist ein Gegentrend zur Tendenz, dass Arbeitsplätze in die Zentren abwandern. Auch müssten dank der Digitalisierung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht mehr stets vor Ort sein – man könne statt Home Office auch Berg Office machen, freut sich Straub.
Das sei nicht nur für die Menschen in den Bergen eine Chance, weil es Arbeitsplätze ermögliche, sondern auch für die Unterländer, meint Straub. «Wir können dann in den Bergen arbeiten gehen, wenn wir wollen, zum Beispiel in Co-Working-Spaces». So wie das Macherzentrum in Liechtensteig SG, das in den ehemaligen Räumlichkeiten der Post angesiedelt ist und sich nach Anfangssschwierigkeiten etabliert hat. «Solche Projekte schaffen wiederum Arbeitsplätze und sorgen dafür, dass ganze Wertschöpfungsketten im Berggebiet entstehen könnten», sagt Regula Straub.
Diesen Trend sieht auch Nicolas Bührer, Managing Director von Digital Switzerland. In seinem Unternehmen sei aktuell fast ein Drittel nicht im eigentlichen Home Office, sondern in den Berggebieten am Arbeiten. «Das funktioniert aber nur bei einwandfreier Infrastruktur», so Bürer, für den klar ist, dass man künftig nicht mehr einfach im Office, sondern auch mal ein paar Wochen von anderswo – wie eben im Berggebiet - arbeiten wird.
Ein wichtiger Vorteil für die Berggebiete ist laut Regula Straub auch, dass Know-How-Träger einfacher beigezogen werden können, wenn deren Wissen und Mitarbeit gefragt ist. Denn diese seien oft in den Zentren angesiedelt, bräuchten daher viel Zeit und verursachten Kosten, wenn diese extra anreisen müssten. Mit digitalen Möglichkeiten hingegen sei dies deutlich bequemer möglich.
Jessica McCardells Schottische Hochlandrinder tragen um den Hals einen Sender – den Alptracker. Dieser meldet die Position des Tieres via gegenüberliegende Talseite an das Mobiltelefon oder den Computer von McCardell. Damit weiss sie stets, wo sich die Rinder aufhalten und erhält ein Bewegungsmuster der Herde. Und sie bekommt einen Alarm, wenn sich ein Tier länger nicht fortbewegt. Damit wird die Überwachung erleichtert. Die persönliche Kontrolle ersetzt dies aber nicht, wie McCardell gegenüber der Berghilfe erklärt.
Entwickelt hat das System Stefan Aschwanden. Auf rund 50 Schaf- und Rinderalpen ist das System, das sich noch in der Aufbauphase befindet, im Einsatz.
Die Co-Geschäftsführerin verschweigt aber die Herausforderungen und Nachteile nicht. So gebe es Aufgaben, die automatisiert würden und daher gewissen Arbeitsplätze wegfallen lassen oder andere Kompetenzen erforderten.
Zudem sei zwar der Breitbandanschluss Voraussetzung, reiche aber nicht aus, sagt Straub. So benötigten die Infrastruktur, Umschulungen oder Weiterbildungen Investitionen. In den Berggebieten gebe es vor allem kleine und mittlere Firmen, die oft nicht genügend Eigenkapital erwirtschaften könnten, um neue Investitionen zu tätigen. Hier setzt die Berghilfe an, welche die Restfinanzierung übernehmen kann.
Dass die Infrastruktur noch nicht dort ist, wo sie sein sollte, sagt auch Armin Spescha von Communicaziun. Das einst für 4-5 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geplante Marketing-Büro beschäftigt aktuell 60 Personen in Ilanz und Chur. In dieser Branche brauche es mittlerweile enorme Datenmengen und damit eine einwandfreie Infrastruktur. Darum müsse man manchmal kämpfen, sagt Spescha. So finanzierte das Unternehmen den Glasfaseranschluss in Chur selbst. Dennoch, ohne die neuen digitalen Möglichkeiten wäre eine Geschichte wie jene von Communicaziun, das mittlerweile 80 Prozent des Umsatzes ausserhalb des Heimmarktes macht, nicht möglich. Spescha hofft deshalb, dass die Infrastruktur mit den rasch wachsenden Anforderungen Schritt halten kann.
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