Texas Longhorn im Emmental

Die Schweiz ist ein traditionelles Rindviehland. Texas Longhorns trifft man dennoch selten an – die Rasse ist in der Schweiz erst seit 2004 vertreten. Susanne Sommer und Jürg Keller aus Oberthal gehören seit zwei Jahren zu den wenigen Texas-Longhorn-Züchtern in der Schweiz.
Zuletzt aktualisiert am 9. März 2022
von Renate Hodel
3 Minuten Lesedauer

Der Schnee und das wunderschöne neugebaute Emmentaler Bauerhaus auf dem Möschberg im Oberthal ob Grosshöchstetten im Emmental erinnern nicht im Entferntesten an den amerikanischen Traum des Wilden Westens. Was im Stall steht allerdings schon: 17 verschieden gezeichnete langhornige Prärierinder – Texas Longhorns.

«Die Rasse passt wunderbar hierher ins Emmental – es sind gutmütige und sehr genügsame Urviecher», schwärmt Susanne Sommer. Als extensive Mutterkuhrasse biete sie sich bestens an und die Texas Longhorns seien «ring chauberig», wie es Jürg Keller auf gut Emmentalerisch ausdrückt. So gibt es mit den kleinen Kälbern in der Regel einfache Geburten. Daneben sei die spezielle Rinderrasse in der Haltung und im Management wie andere Mutterkuhrassen auch. Abgesehen von den Hörnern vielleicht. «Wir hatten bisher aber kaum Probleme oder grössere Verletzungen wegen der Hörner und sorgen uns deswegen auch nicht», meint er. Und auch der Natursprung funktioniere bisher gut, bislang können die beiden Stiere auf der Moosacker Ranch eine 100-prozentige Erfolgsquote aufweisen.

Von der Prärie in die Emmentaler Hügel

Vor zwei Jahren haben Susanne Sommer und Jürg Keller den Stall auf dem Moosackerhof mit den Texas Longhorns quasi wiederbelebt. «Mein Vater hat auf dem Hof noch Milchwirtschaft und Ackerbau betrieben, dann übernahmen ich und mein Bruder den Betrieb und stellten auf Rindermast um», erzählt Jürg Keller. Danach verpachteten sie das Land allerdings für 10 Jahre und der Stall stand leer – bis schliesslich der Gedanke aufkam, das Land wieder selbst zu bewirtschaften. «Wir fanden, dass es doch schade ist, wenn man eigenes Land hat und dieses nicht selbst nutzt und bewirtschaftet», ergänzt Susanne Sommer.

Bei einem mehrmonatigen Auslandaufenthalt auf einer Ranch im US-Bundesstaat Texas traf Susanne Sommer inmitten einer Herde aus Black Angus auf ein einzelnes Texas Longhorn namens Getrud. Nach einem Besuch im Wilden Westen hat es auch Jürg Keller den Ärmel reingenommen und von da an war klar, dass eine erneute Übernahme des Betriebs nur mit Texas Longhorns in Frage kam. Ein Businessplan wurde erstellt und viel in den Stall und die Anschaffung der Rinder investiert.

Susanne Sommer Juerg Keller Longhorn Rh
Susanne Sommer und Jürg Keller machen sich die Genügsamkeit der Rasse zunutze und verzichten ganz auf Kraftfutter. (rh)

Slow Food

Um die genetische Vielfalt in der Schweiz zu erweitern, wurden die ersten Tiere der Herde hauptsächlich aus Österreich und Deutschland importiert. Nun wird auf dieser Linie aufgebaut und wenn nötig dann die Stiere ausgetauscht. «Der erste angestrebte Schritt ist, dass der Betriebszweig selbsttragend ist, aber das geht sicher noch mehr als ein Jahr – es braucht also noch ‹Schnuuf›», erklärt Jürg Keller. Denn die meisten Kälber, die im Stall stehen, wollen Susanne Sommer und Jürg Keller noch nachziehen, um die Herde zu erweitern. Das erste Fleisch werden die beiden voraussichtlich erst gegen Ende Jahr, allenfalls erst 2023 vermarkten.

Bereits gibt es aber eine gut nachgefragte Liste mit zukünftigen Fleischkunden, obwohl die Kundschaft noch etwas warten muss. «Mit der speziellen Rasse und dem ‹Slow-Food-Fleisch› sind wir sicher im Trend», meint Susanne Sommer. Die Texas Longhorns werden im Winter fast ausschliesslich mit Heu und Luzerne gefüttert – im Sommer weiden sie an den Hängen rund um die Moosacker Ranch.

Der Verzicht auf das Zufüttern von Kraftfutter bedeutet, dass die Rinder etwas länger brauchen, bis sie schlachtreif sind. Der entsprechende Aufwand soll später über einen etwas höheren Fleischpreis abgegolten werden. «Dafür werden unsere Kunden in den Genuss von qualitativ hochwertigem und besonders magerem und cholesterinarmem Fleisch kommen», sagt Susanne Sommer.

Texas erleben

Daneben wollen Susanne Sommer und Jürg Keller in Zukunft auch noch einen anderen Kanal bedienen: Fanartikel. Hörner und Felle sollen dereinst als Blickfang in den Stuben von Fans landen. «Die Rasse wäre sicher auch interessant für Betriebe, die beispielsweise in Richtung Erlebnishof mit Gästen etwas machen wollen», sagt Susanne Sommer. Auch dafür bietet sich die Rasse an und ein entsprechender Betriebszweig könnte sich lohnen. «Für uns haben wir diese Idee allerdings nie verfolgt, auch wenn wir unsere Texas Longhorns sehr gerne zeigen.»

Grundsätzlich wird das noch junge Unternehmen zu Beginn nun als Nebenerwerb aufgebaut. Sollte es sich aber bewähren, darf laut Betriebsleiterpaar auf der Moosacker Ranch gerne auch mehr Texas Einzug halten.

Betriebsspiegel Moosacker Ranch

Die Moosacker Ranch umfasst 7 Hektaren Naturwiesen und Ökoflächen für die Tiere und befindet sich in der voralpinen Hügelzone des Emmentals.
Im neugebauten Stall stehen aktuell rund 17 Texas-Longhorn-Rinder, darunter acht Kühe und zwei Stiere. Die Rinderhaltung besteht aus Zucht und Aufzucht. Die Fleischverwertung soll über das übliche «Nose-to-tail»-Prinzip hinausgehen – auch Hörner und Fell sollen vermarktet werden.

www.texaslonghorn.love