Siloballen-Recycling auf Erfolgskurs

Jährlich kommen auf Landwirtschaftsbetrieben geschätzte 6000 Tonnen Siloballenfolien, Netze und Garne in den Umlauf. Davon wurden im vergangenen Jahr 1800 Tonnen gesammelt und dem Recycling zugeführt. Immer ist das Recycling aber nicht sinnvoll – vor allem bei langen Transportwegen.
Zuletzt aktualisiert am 21. April 2023
von Ruth Bossert
3 Minuten Lesedauer
IMG 2189

Die Medienmitteilung des Vereines Erde Schweiz tönt enthusiastisch. Das selbstgesteckte Rücknahmeziel von 1200 Tonnen Agrarabfällen sei bereits im ersten Jahr übertroffen worden, schreibt Kurt Röschli, Geschäftsführer von Erde Schweiz und vom Verband PVCH. Damit werden über 2000 Tonnen CO2 gespart.

Der Verein hat sich vorgenommen, die Zahl der Sammelstellen zu erhöhen. Heute seien ungefähr zwischen 80 und 100 Stellen bekannt, welche die Siloballenfolien zurücknehmen und dem Recycling zuführen.  Mit der Erhöhung erhoffe sich der Verein, dass die Sammelmenge massiv zunehme, heisst es in der Mitteilung weiter.

Eine Firma stellt das Granulat her

Daniel Haffa ist im Vorstand von Erde Schweiz, aber auch Vizepräsident des Verbandes Lohnunternehmer Schweiz. Er betreibt eine Sammelstelle in Andwil TG und gibt den Landwirtinnen und Landwirten in seiner Region regelmässig die Gelegenheit, ihre Plastikabfälle zu deponieren. Diese presst er und fährt sie anschliessend zur Firma Innorecycling.

Die Innorecycling in Eschlikon ist die einzige Firma in der Schweiz, die den Kunststoff sammelt und daraus Granulat herstellt. Auch er befürwortet das Recycling und findet es gut, dass man mit dem Verein Erde nach Lösungen strebt, Ressourcen zu schonen. Er will aber nicht, dass der Eindruck entstehen könnte, die Landwirtschaft schere sich nicht um die Umwelt, weil nicht sämtliche Folien rezykliert werden.

Die Landwirte beteiligten sich aktiv am Umweltschutz und seien sich der Problematik bewusst, so Haffa. Er sieht den Anspruch als zu hoch, 100 Prozent der verwendeten Folien zu recyclen. Das Recycling sei freiwillig und jeder Landwirt könne seinen Plastikabfall thermisch in einer Kehrichtverbrennung verbrennen lassen. Oft sei diese Lösung sogar umweltschonender, wenn die Kehrichtverbrennungsanlage näher liege als die weiter entfernte Sammelstelle.

Beispielsweise gebe es in der Westschweiz, dem Tessin oder im Jura noch wenige Sammelstellen. Oft seien es die Lohnunternehmer oder grössere Landwirtschaftsbetriebe, die Sammelstellen betreiben. Diese müssten mit genügend Sammelmaterial eingedeckt werden, damit sich regelmässige Fahrten zur Innorecycling überhaupt lohnen. Ein Transport mit einem halbleeren Fahrzeug sei nicht sinnvoll, so Haffa. Ein Landwirt aus einem Tessiner Seitental entsorge seine Folien wohl besser in einer KVA als nach Eschlikon zu fahren, so Haffa. Deshalb sieht er es auch nicht als zwingend notwendig, dass noch mehr Sammelstellen entstehen.

Recycling ist günstiger, aber nicht gratis

Seit der Verein Erde Schweiz die vorgezogene Recyclinggebühr eingeführt hat, bezahlen die Hersteller, die bei Erde Schweiz Mitglied sind, pro verkaufte Rolle Folie einen Beitrag an Erde Schweiz. Dies verteuert eine Siloballe um ungefähr sechs Rappen, erklärte Bruno Aemisegger, Geschäftsführer der Bruno Aemisegger AG in Lutzenberg und Lohnunternehmer, in der Silo-Zytig  der Vereinigung Schweizer Silowirtschaft.

Wenn die alte Folie recycelt wird, bekommt der Sammelpartner, dies kann ein Lohnunternehmer oder ein Privater sein, einen Beitrag vergütet. Dieser ist auch für die Lagerung, das Pressen und den Transport verantwortlich. Das heisse aber nicht, dass die Folie kostenlos abgegeben werden könne, jedoch vergünstige sich das Recycling um ungefähr 12 Rappen pro Siloballe und werde dadurch attraktiver. Zusammengefasst gebe es für den Landwirt keine Mehrkosten, sondern werde unter dem Strich günstiger, aber nicht gratis, so Aemisegger.

Er betont, dass die Verbrennung in einer Kehrichtverbrennung auch nicht gratis sie undmeist mehr koste als über das System von Erde Schweiz. Im Kanton Thurgau beispielsweise kostet das Verbrennen einer Tonne Agrarplastik 190 Franken. Der Preis für alte Siloballenfolien wird vom Markt bestimmt. Ausserdem variiert er anhand der Rücknahmeart und der Menge, sagt Daniel Haffa. Bei ihm kostet eine Tonne um die 80 Franken.

Kein Markt in der Schweiz

Für Daniel Haffa ist das Projekt von Erde Schweiz gut angelaufen, es brauche nun Geduld, bis die Sammelzahlen noch moderat zunehmen. Leider sei die Innorecycling bislang die einzige Firma, die Kunststoff weiterverwertet. Deshalb sei kein Markt vorhanden. Die übrigen Recyclingunternehmen befinden sich alle im EU-Raum und so sei man auf die Eschliker Firma angewiesen. Bei der Siloballenfolie habe man ein Produkt, das zu 30 Prozent aus PCR-recyceltem Kunststoff, oft sogar aus ehemaligen Siloballen, bestehe, erklärte Bruno Aemisegger im Interview. Bei den Fahrsilofolien könne der Anteil noch höher sein. Es gebe sogar Produkte, die über 80 Prozent PCR-recycletem Kunststoff (PCR = PostConsumerRecycling, aus verbrauchtem Material hergestellter Kunststoff) enthalten. Bei den Siloballen sei man heute so weit, dass sich die Qualität von Produkten ohne Recyclinganteil nicht unterscheide.

IMG 2121
Daniel Haffa ist Lohnunternehmer, Vizepräsident des Verbandes Lohnunternehmer und Vorstandsmitglied bei Erde Schweiz. (rbo)