Zukunft für Berglandwirtschaft gefordert

In Bayern trafen sich Vertreterinnen und Vertreter aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Südtirol zum Alpengipfel. Sie fordern dringende Massnahmen, um die Berg- und Alplandwirtschaft zu sichern und damit Wertschöpfung in den Alpen zu erhalten.
Zuletzt aktualisiert am 24. Juni 2022
von Jonas Ingold
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Alpabfahrt Entlebuch Ji

Auf der Unteren Firstalm am Spitzingsee diskutierten am 23. Juni die rund 200 Anwesenden über die Zukunft der Landwirtschaft in den europäischen Alpgebieten. Im Alpenraum leben rund 14 Millionen Menschen und jährlich kommen 50 Millionen Gäste zu Besuch. Das zeigt auch die enge Verknüpfung der Alpwirtschaft mit dem Tourismus: Die bekannte und beliebte Kulturlandschaft wird von den Landwirtinnen und Landwirten gestaltet und geprägt.

So schön die Landschaften für Touristinnen und Touristen auch sind, die Vertreterinnen und Vertreter der Berglandwirtschaft sehen Zeit zum Handeln gekommen, damit die Bewirtschaftung der Alpen eine Zukunft hat. Das legen sie in einem Positionspapier dar, das auf der Unteren Firstalm verabschiedet worden ist.

Starker Freizeitdruck

Und gerade der Tourismus, der von der Alpwirtschaft lebt und von dem diese durch den Absatz von Produkten profitiert, sorgt auch für Probleme. Der Freizeitdruck nimmt deutlich zu. Diesem sei Einhalt zu gebieten, um eine ausgewogene Balance zwischen agrarischer und touristischer Nutzung zu gewährleisten und naturschutzfachlichen Aspekten Rechnung zu tragen, heisst es im Positionspapier. Touristische Angebote müssten in enger Abstimmung mit den Bäuerinnen und Bauern geschaffen werden.

Die Landwirtschaft fordert unter anderem ein Raum- und Wegemanagement und eine stärkeres Bewusstsein bei der Bevölkerung, dass die Alpgebiete vorrangig landwirtschaftlich genutzt werden. «Unsere wunderschöne Bergwelt steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Viele Menschen suchen in den Bergen Erholung und Ruhe. Dieser Wunsch muss aber mit den Bedürfnissen der Bergbauern in Einklang gebracht werden», so die Bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber gemäss Deutschem Landwirtschaftsverlag dlv.

«Existenzielle Gefährdung durch Grossraubtiere»

Als wohl drängendstes Problem sehen alle Alpenländer den Wolf an. Er verbreitet sich immer stärker und macht die Nutztierhaltung in den Alpen schwierig. Die Situation mit den Wölfen in der Schweiz sei schwierig, betonte Thomas Roffler, Präsident des Bündner Bauernverbandes, an der Podiumsdiskussion: «Das kann man nicht mit Weideschutzzäunen lösen. Herdenschutzzäune helfen nicht langfristig, weil die Wölfe lernen, sie zu überwinden», so Roffler laut dlv.

Von einer existenziellen Gefährdung spricht das Positionspapier. In einigen Regionen würden keine Weidetiere mehr aufgetrieben – und ohne diese kommt es zur Verbuschung und zur Aufgabe der Alpen. Im Positionspapier fordern deshalb die Vertreterinnen und Vertreter der Berglandwirtschaft den strengen Schutzstatus des Wolfs nach der Berner Konvention und der FFH-Richtlinie (EU-Richtlinie zum Erhalt von wildlebenden Tieren und Pflanzen) zu ändern und ein aktives und wirkungsvolles Wolfsmanagement zu etablieren. Dringend nötig sei es, den Erhaltungszustand des Wolfes in Europa erneut festzustellen und den Schutzstatus anzupassen. Eine Nutzviehhaltung müsse auch ohne aufwändige und unverhältnismässige Schutzmassnahmen möglich sein. «Kommt der Wolf, gehen der Bauer und das Vieh», heisst es.

Klimawandel fördert Zuwachsen

Nicht verschont wird die Berglandwirtschaft vom Klimawandel. Extremwetter-Ereignisse wie Starkregen sorgen für Hangrutsche und anhaltende Trockenheit bringt Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung mit sich. Dann sind teils aufwändige Wassertransporte nötig – wie in der Schweiz 2018, als die Armee aushalf. Als Folge des Klimawandels könnten laut einer Studie auch Weiden durch Zuwachsen mit Bäumen gefährdet sein. Um den Veränderungen des Klimawandels etwas entgegensetzen zu können, brauche es finanzielle Unterstützung seitens der Politik. Nur so könne ein angemessener Viehbesatz gewährleistet bleiben, der Verbuschungen verhindert und eine grosse Biodiversität sicherstelle, so das Positionspapier.