Zecken auf dem Vormarsch: Ein Risiko für die Berglandwirtschaft?
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Von Michael Götz
Landwirt Reto Eisenhut aus Lütisburg SG hat mit der Homöopathie bei seinen Kühen gute Erfahrungen gemacht. Er kann damit manche Behandlung mit Antibiotika vermeiden, aber er muss auch die Grenzen der homöopathischen Behandlung erkennen. Dabei unterstützen ihn Beraterinnen und Berater des Vereins Kometian.
Angefangen hat es bei Eisenhut damit, dass ihm Berufskollegen aus der Nachbarschaft von ihren Erfahrungen mit der Homöopathie erzählten. Daraufhin besuchte er vor rund 10 Jahren einen Kurs zur Homöopathie bei Nutztieren am Landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen LZSG in Flawil. Im Kurs inbegriffen war die homöopathische Stallapotheke mit den gebräuchlichsten 64 Arzneimitteln und das dazu gehörige Handbuch, um bei Krankheiten möglichst rasch reagieren zu können.
Zuerst verwendete er die Arzneimittel nur für nicht akute Krankheiten wie leichten Durchfall, Wunden etc. Gute Erfahrungen machte er auch mit Mitteln, die sich auf das Verhalten der Tiere auswirkten. Chamomilla zum Beispiel hatte einen beruhigenden Einfluss auf frisch gekalbte Rinder, die das erste Mal gemolken wurden.
Der Erfolg machte ihn mutiger. Er wendete homöopathische Mittel auch bei einer Kuh an, die an einem Euterviertel eine Entzündung aufwies. Normalerweise behandelt der Tierarzt die kranke Kuh mit Antibiotika. Tatsächlich wurde das Viertel innerhalb einer Stunde nach Eingabe der Arznei lockerer. Die Entzündung ging kontinuierlich zurück, das Euter wurde ohne Antibiotika-Einsatz wieder gesund. «Das war ein Schlüsselerlebnis für mich», sagt Eisenhut. Ohne fachliche Beratung hätte er es aber nicht gewagt, fügt er an. Er hatte nämlich zuvor die Hotline von Kometian angerufen und dort um Rat gefragt.
Kometian ist eine Vereinigung von homöopathisch geschulten Tierärzten und Tierheilpraktikern, die rund um die Uhr telefonisch eine komplementärmedizinische Beratung bieten. Eisenhut ist seit anderthalb Jahren Mitglied bei der Vereinigung. Kürzlich stand Kuh Gina an einem Sonntagmorgen als einzige im Stall nicht auf und wollte nicht fressen. Sie war leicht gebläht und hatte offenbar Bauchweh.
Zuerst versuchte es der Landwirt mit Hilfe des Handbuches mit Colocyntis, ein Mittel gegen Kolik. Da es nur vorübergehend half, rief er am Abend die Hotline an. Nicole Studer, die Tierärztin, die an diesem Tag Dienst hatte, riet ihm, Nux vomica einzugeben, ein Mittel, das oft bei Magen-Darm-Störungen hilft. Die Kuh stand danach auf und es sah nach Besserung aus.
Am folgenden Morgen war der Zustand der Kuh allerdings wieder schlechter, sie frass wieder nicht und stand mit aufgekrümmten Rücken da. Der Landwirt schickte der Tierärztin ein Video, das er mit seinem Handy gemacht hatte. Die Bauchkrämpfe deuteten auf einen Fremdkörper im Pansen hin, aber die Kuh hatte kein Fieber, wie es dabei in der Regel der Fall ist. Die Tierärztin riet, Bryonia und Ignatia zu verabreichen. «Jetzt muss es in zwei Stunden weg sein oder es braucht den Hoftierarzt», sagte Studer dem Landwirt. Tatsächlich reagierte die Kuh schnell. Sie stand wieder auf und es ging ihr im Laufe des Tages immer besser. Am anderen Morgen rief die Tierärztin dem Landwirt an. Gina sei wieder in Ordnung, teilt er erleichtert mit. Was die Ursache für die Kolik war, liess sich in diesem Falle nicht feststellen. Vielleicht ein Kraut wie Herbstzeitlose oder ein Fremdkörper im Futter, der zu einer Infektion und Entzündung des Bauchfells führte.
Während es in der Schulmedizin oft mit einer Spritze getan ist, verlangt die Homöopathie vom Landwirt, dass er sich Zeit nimmt. Es genügt nicht, den Tieren einmalig ein paar Kügelchen in das Maul zu geben oder mit einem Spray die Arzneimittel-Lösung auf Nase oder Scheide zu sprühen. Manchmal ist die Behandlung viertelstündlich zu wiederholen und der Tierhalter muss gut beobachten, ob und wie das Tier darauf reagiert. Dazu gehört es, zu messen, ob das Tier Fieber hat, das Wiederkauen und die Atmung zu kontrollieren etc.
„Das Beobachten ist das A&O“, fasst Eisenhut zusammen. Auch die Beratung ist oft nicht mit einem Telefonat allein getan. Dass zum gleichen Fall immer dieselbe Person Auskunft gibt, macht die Beratung jedoch einfacher. Die homöopathischen Arzneimittel sollen die köpereigenen Abwehrkräfte stärken. Dadurch lässt sich der Einsatz von Antibiotika zwar nicht ganz vermeiden, aber in vielen Fällen reduzieren.
Dem Landwirt bringt die Homöopathie auch einen wirtschaftlichen Vorteil. Denn die Kügelchen kosten deutlich weniger als Antibiotika und lassen sich lange aufbewahren. Auch entfallen die sogenannten Absetzfristen, die Zeit, bis die Milch wieder zur menschlichen oder tierischen Ernährung verwendet werden darf. Diese betragen je nach eingesetztem Antibiotikum drei bis acht Tage, was allein schon zu Kosten von mehreren Hundert Franken führen kann.
„Es ist chaiba interessant, was man mit der Homöopathie machen kann. Vielfach funktioniert es“, fasst der Landwirt seine Erfahrungen zusammen. Er schränkt aber ein, dass sie sich nur für diejenigen Tierhalter eignet, die sich damit beschäftigen und auseinandersetzen. Wer mit Homöopathie arbeite, müsse ein gutes Grundverständnis seiner Tiere und ein geschultes Auge haben, betont Tierärztin Nicole Studer. Ganz wichtig ist, dass er auch die Grenzen der homöopathischen Behandlung erkennt. Reagiert die Kuh nicht auf das homöopathische Arzneimittel, darf der Tierhalter nicht mehr länger warten, sondern muss den Hoftierarzt benachrichtigen.
Entzündungen, sei es am Euter oder an den Klauen, können sich nämlich schnell verschlimmern. Sie führen zu Schmerzen, Gewebe kann absterben, Blutvergiftungen können die Folge sein. Die richtige Behandlung eines Tieres ist auf jeden Fall tierschutzrelevant. „Bei akuten Sachen rufe ich bei Kometian an“, sagt Eisenhut. Die Beraterinnen sind darin geschult, zu erkennen, wo die Grenzen der Homöopathie liegen.
Kometian ist ein im Jahr 2015 gegründeter Verein. Er bietet Beratung für Nutztierhalter im komplementärmedizinischen Bereich, insbesondere der Homöopathie an. Die Kosten einer Mitgliedschaft setzen sich aus 200 Franken erstmalige Aufnahmegebühr und einem fakultativem jährlichen Beitrag von 100 Franken zusammen. Eine telefonische Erstberatung bis 20 Minuten kostet für Tierhalter inklusive schriftlicher Falldokumentation 46 Franken. Aufgrund der Symptombeschreibung des Tierhalters empfehlen die Berater komplementärmedizinische und pflegerische Massnahmen. Sie machen den Tierhalter aber auch auf die Grenzen der komplementärmedizinischen Behandlung aufmerksam.
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