Kantone wollen bei Klimaprojekten vorwärts machen

Die kantonalen Landwirtschaftsämter wollen voneinander lernen, um die klimaverträgliche Landwirtschaft zu stärken. Ohne die Konsumentinnen und Konsumenten einzubeziehen, sind die Veränderungen aber kaum machbar.
Zuletzt aktualisiert am 26. Mai 2023
von Renate Hodel
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Bodenaufwertung Jin

Die Reduktion der Treibhausgasemissionen und die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel ist ein wichtiger Punkt bei der Klimastrategie des Bundes und zahlreicher Projekte in den Kantonen. Darum hat die Konferenz der Landwirtschaftsämter der Schweiz KOLAS die Delegation «Klima und Wassermanagement» ins Leben gerufen: «Das Ziel der Arbeitsgruppe ist, die Kantone in dieser Sache zusammenzubringen, so dass wir Diskussion und Austausch ermöglichen und gemeinsam voneinander lernen können», erklärt Lukas Kilcher, Leiter der Klimadelegation der KOLAS und des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft, Natur und Ernährung des Kantons Basel-Landschaft.

So haben sich 70 Fachleute aus Forschung, Beratung und Verwaltung, davon 43 Vertreterinnen und Vertreter aus 19 Kantonen, diese Woche an einer von der KOLAS und Agridea organisierten Tagung in Zollikofen getroffen. Sie tauschten sich über die Bewertung von Treibhausgasreduktionen und Kohlenstoffsenken in der Landwirtschaft aus und bewerteten, welche Erkenntnisse aus der Forschung und Praxis für die Kantone wichtig und bei der Umsetzung von Massnahmen massgebend sein könnten. Denn die Herausforderung sei oft, wie Aktivitäten und Projekte im Klimaschutz gemessen, bewertet sowie Reduktions- und Senkungsleistungen ausgewiesen werden könnten: «Es geht darum, belegen zu können, was wir in der Landwirtschaft diesbezüglich erreichen und wie wir uns weiter verbessern können», erklärt Lukas Kilcher.

Bundesstrategie 2050 als Booster für Massnahmen in Kantonen

Zahlreiche Kantone haben in den letzten Jahren pionierhafte Anstrengungen gestartet, um die Umsetzung von Klimaprojekten auch in der Landwirtschaft voranzutreiben, sagt Lukas Kilcher: «Die Situation in den Kantonen zeigt, dass einige den Mut haben, erste Projekte, Aktivitäten und kantonale Strategien für eine klimaverantwortliche Landwirtschaft zu starten.»

Die Landwirtschaft steht öfters in der Kritik, dass sie bei der Erreichung der Klimaziele zu lasch vorgeht. Allerdings liegt das nicht selten auch daran, dass dafür der konkrete Auftrag fehlt. «Die auf Ende Juni angekündigte Veröffentlichung der Klimastrategie Landwirtschaft und Ernährung 2050 wird für die Landwirtschaftsämter der Kantone ein Booster sein für zusätzliche Anstrengungen, welche wir für die international vereinbarten Klimaziele in der Landwirtschaft und Ernährung benötigen», erklärt Lukas Kilcher und ergänzt: «Damit wir in den Kantonen Massnahmen umsetzen können, brauchen wir einen Auftrag – sei es ein Gesetzesauftrag oder eine Bundesstrategie.»

Der Wille in den Kantonen sei da, Projekte selbst umzusetzen und dies geschehe zum Teil bereits mithilfe von bestehenden Bundesfinanzierungen aus dem Ressourcenprogramm oder mit Investitionshilfen sowie kantonalen Förderungsprogrammen. «Natürlich wäre es auch das Ziel, dass über die Direktzahlungen Anreize für eine klimaverantwortliche Produktionssysteme geschaffen werden – wir müssen alle Register der Bundesagrarpolitik ziehen, um diese Handlungsfelder anzugehen, auch an der Grenze», erklärt Lukas Kilcher. Damit fordert er, dass auch importierte Lebensmittel im selben Masse klimaverantwortlich sein müssen, wie die hierzulande produzierten.

 

«Die Situation in den Kantonen zeigt, dass einige den Mut haben, erste Projekte, Aktivitäten und kantonale Strategien für eine klimaverantwortliche Landwirtschaft zu starten.»
Lukas Kilcher
Lukas Kilcher
Leiter der Delegation Klima und Wassermanagement der KOLAS und des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft, Natur und Ernährung des Kantons Basel-Landschaft

Es braucht keine Sündenböcke

Dabei sei es nicht förderlich, nach Sündenböcken für die aktuelle Klimaentwicklung zu suchen, unterstreicht Biologe Daniel Bretscher von der Forschungsgruppe Klima und Landwirtschaft beim Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung Agroscope und verantwortlich für das Treibhausgasinventar der schweizerischen Landwirtschaft an der KOLAS-Tagung: «Wir dürfen nicht Zeit vergeuden, um nach Brandstiftern zu suchen, sondern löschen, Lösungen finden und mit praktikablen und wirksamen Lösungen die Treibhausgasemissionen verringern – dabei gilt es jeden möglichen Hahn zuzudrehen.»

«Wir müssen gemeinsam die grossen Hebel suchen und dort bewegen», ergänzt Adrian Müller vom Departement für Agrar- und Ernährungssysteme des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FiBL. Bei der Landwirtschaft sei unter anderem beim Produktionsportfolio anzusetzen: Dieses müsse verstärkt robust, nachhaltig, klimafreundlich und systemisch ausgerichtet werden. Weiter sei auch an der Tierhaltung respektive den Tierbeständen zu schrauben, erläutert Adrian Müller weiter: «Es braucht eine Umstellung von weniger Futter vom Acker zu mehr Proteinen vom Acker.»

Konsumenten müssen mitziehen

Um diese Veränderung zu schaffen, müsse allerdings auch der Konsum und die Ernährung mitziehen, ergänzt Lukas Kilcher. «Die Bäuerinnen und Bauern produzieren das, was die Konsumentinnen und Konsumenten einkaufen – wenn Geflügelfleisch nachgefragt wird, boomt dieser Bereich, wenn Bio-Produkte nachgefragt werden, geht die Produktion in diese Richtung und wenn pflanzliche Proteine aus Schweizer Anbau nachgefragt werden, dann geht es dort vorwärts», illustriert Lukas Kilcher.

Daher sei es berechtigt, dass Bäuerinnen und Bauern darauf bestehen würden, dass die Klimastrategie zusammen mit allen Partnern der Wertschöpfungskette angegangen werden müsse. Für die Klimadelegation der KOLAS sei die zentrale Frage darum auch, wie die Veränderung hin zu einer klimaverträglicheren Landwirtschaft zu schaffen sei und wie sich Bund und Kantone einbringen können: «Wie können wir überlegtes Handeln unterstützen und den Wandel begleiten?»

Es gelte, den Handlungsspielraum zu suchen und auszustecken, meint Lukas Kilcher weiter. «Wir haben in der Schweiz sehr vielfältige Realitäten und Landwirtschaftsausprägungen und wir müssen zusammen herausfinden, welche Massnahmen wo am besten passen», erklärt er. Das Ziel der KOLAS sei es, mit der Vielfalt, die in der Schweiz herrsche, zu versuchen, das nötige Portfolio an Ansätzen zu stärken und sich dort auszutauschen. «Wenn wir die Ernährung und den Konsum mit an Bord haben, können wir viel erreichen und kommen insbesondere beim Ziel, dass die Zunahme der Temperaturen wirksam und rasch zu begrenzen, schneller voran », ist Lukas Kilcher überzeugt. Zum ersten Mal sei bei der Klimastrategie des Bundes die Ernährung mit dabei und das sei entscheidend wichtig.

 

KOLAS

Die KOLAS ist der kompetente Partner des BLW und das Bindeglied zwischen BLW und den Kantonen für alle Belange der Forschung, der Weiterbildung, der Beratung und des Vollzugs von gesetzlichen Bestimmungen, die die Landwirtschaft betreffen.