Getreide: Hohe Kosten und extremes Wetter

Nach der katastrophalen Ernte 2021 beschäftigen die Getreideproduzenten dieses Jahr die hohen Kosten. Die Ernte fällt jedoch gut aus.
Zuletzt aktualisiert am 11. November 2022
von Jonas Ingold
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Getreide Hagelschaden 2021 Ji
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Die Pflanzenproduktion ist es mittlerweile gewohnt: Extremwetter. So auch die Getreideproduzenten. Waren es letztes Jahr Starkniederschläge und Hagelzüge, war es dieses Jahr zu trocken. Die Ernte 2021 fiel aufgrund der Witterung katastrophal aus. Es sei alles Schlechte zusammengekommen, erklärte Pierre-Yves Perrin, Direktor des Schweizerischen Getreideproduzentenverbandes (SGPV), an der Delegiertenversammlung in Kerzers FR. Für das aktuelle Jahr konnte er aber zumindest hinsichtlich Ernte bessere Neuigkeiten verkünden: Ertrag und Qualität seien gut, auch wenn das Getreide in manchen Regionen unter Trockenheit litt. Kein Vergleich zum Vorjahr also.

Folgen für die Versicherung

Auch für die Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft (Schweizer Hagel) sind extreme Wettereignisse mittlerweile schon Alltag. Um die Entwicklung aufzuzeigen untersuchte die Versicherung die letzten 52 Jahre. In den ersten 26 Jahren bis 1995 gab es fünf Überschadenjahre. Das sind jene Jahre mit einer Schadenbelastung von mehr als 100% der Prämieneinnahmen. Seit 1995 sind es 9 Überschadenjahre, wovon die stärksten 2009 (216%) und das schon erwähnte 2021 (237%) waren. 2021 war zugleich das schadenstärkste Jahr in der 140-jährigen Geschichte der Versicherung.

An der SGPV-Versammlung zeigte Gaylor Monnerat, Leiter Versicherungen bei der Schweizer Hagel, weitere Klima-Trends der letzten Jahre auf, unter anderem zur Entwicklung der Temperaturen, die eine klar steigende Tendenz haben. Diese Entwicklungen sorgen auch für eine grössere Nachfrage nach Versicherungen, etwa zum Thema Trockenheit. Die Schweizer Hagel reagiert darauf unter anderem mit neuen Angeboten (siehe LID-Artikel «Millionenschäden durch Trockenheit» vom September 2022).

Klar ist für die Schweizer Hagel aber auch, dass Versicherungen allein nicht die Lösung sind. «Rein finanzielle Lösungen beheben das Problem nicht», sagte Schweizer-Hagel-Direktor Adrian Aebi an einer Medienkonferenz im September. «Es braucht weitere Massnahmen, etwa neue Bewässerungssysteme oder trockenheitsresistentere Sorten oder Kulturen. Spätestens jetzt muss die Schweiz aktiv werden.»

Für die Schweizer Getreidebranche ist das Klima eine der aktuellen Herausforderungen, jedoch nicht die Einzige. «Was für Turbulenzen in den letzten 12 Monaten. Noch selten hat die Welt und besonders Europa so viele Krisen erlebt», startete SGPV-Präsident Fritz Glauser in die Versammlung. Schon Covid brachte den Welthandel ins Schleudern. Und der Ukraine-Krieg setzte allem noch einen drauf: Massiv höhere Energiepreise und ungewisse Energieversorgung treffen auch die Getreideproduzenten.

Fritz Glauser Jin

Selbstversorgung stärken

«Während Preiserhöhungen der Agrarprodukte in Europa teils an die Landwirte weitergegeben werden, ist die Situation in der Schweiz anders», so Glauser. «Die Zollgebühren schützen uns, wenn die weltweiten Preise tief sind. Das ist ein Vorteil. Da der Grenzschutz eine Preisstabilität anstrebt, sinken die Zölle, wenn die internationalen Preise steigen. Dieser Schutz für die Konsumenten verhindert auch, dass die Produzenten direkt von den explodierenden Weltmarktpreise profitieren», so der Getreideproduzenten-Präsident.

Bereits Kleinigkeiten hätten heute direkte, schnelle und unkontrollierbare globale Auswirkungen. Deshalb sei es unabdingbar, dass die Schweiz die Selbstversorgung stärke – vor allem bei den Grundrohstoffen wie Getreide und Ölsaaten. «Das Ziel ist es nicht, 100% autark zu sein, aber zumindest, das derzeitige Niveau zu halten.» Das könne aber nur erreicht werden, wenn die Landwirte ein angemessenes Einkommen erhielten, so Glauser.

Druck von industriellen Mehlkäufern

Die Branche habe denn dieses Jahr auch darum gekämpft, Richtpreise zu erreichen, welche die die steigenden Produktionskosten deckten. «Beim Brotgetreide mussten wird traurigerweise feststellen, dass der stärkste Druck von den industriellen Mehlkäufern ausging. Dies mit der Drohung, Fertigprodukte zu importieren, falls der Schweizer Mehlpreis zu stark ansteige», erklärte Fritz Glauser.

Um den höheren Produktionskosten entgegenzuwirken, verlangt der Verband auch eine Erhöhung der Maximalgrenzbelastung für Brotgetreide. Derzeit gibt es laut SGPV Diskussionen mit dem Bundesamt für Landwirtschaft sowie der Branchenorganisation Swiss Granum.