Emmentaler AOP: Heimmarkt im Aufschwung – internationale Märkte unter Druck

Emmentaler Switzerland blickt auf ein bewegtes Jahr 2024 zurück: Während der Heimmarkt Schweiz erstmals seit Jahren wieder zum grössten Absatzmarkt avancierte, sorgen internationale Entwicklungen – unter anderem in Italien und den USA – für Herausforderungen.
Zuletzt aktualisiert am 30. April 2025
von Jonas Ingold
4 Minuten Lesedauer
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Schweizer Markt mit neuem Schwung

Nach Jahren ging es für Emmentaler AOP im Jahr 2024 im Heimmarkt wieder signifikant aufwärts. Direktor Urs Schlüchter betont: «Wir erleben – mit Ausnahme der Corona-Zeit – erstmals seit Jahren im Inland wieder ein solches Wachstum.» Die Verkäufe stiegen um 4,9 Prozent auf 4'284 Tonnen. Dieser Aufschwung ist laut Schlüchter auf mehrere Faktoren zurückzuführen:

  • Detailhandel: Der Schweizer Detailhandel hat sich 2024 aktiv für Schweizer Käse eingesetzt.
  • Kommunikationsstrategie: Die neue Kampagne «Share a piece of you» zielt bewusst auf Millennials ab.
  • Produktinnovationen: Neue Produkte wie der Chäs-Knopf – ein Hefegebäck im Brotregal – oder der Chäs-Griller sprechen neue Zielgruppen an.

«Wir wollen ein Treiber für Innovationen im Käsebereich sein», sagt Schlüchter. Und obwohl diese Neuheiten mengenmässig nur einen Anteil von deutlich unter 10% des Gesamtabsatzes ausmachen, sieht der kaufmännische Leiter von Emmentaler Switzerland Werner Gerber darin eine wichtige kommunikative Funktion: «So kommt Emmentaler wieder ins Gespräch – auch bei den Jungen.»

Internationale Märkte unter Druck

Während der Heimmarkt floriert, sieht sich Emmentaler Switzerland auf internationalen Märkten mit Herausforderungen konfrontiert. Die Exporte sanken um 7,8% auf 13'342 Tonnen.

In Italien, traditionell der wichtigste Auslandsmarkt für Emmentaler AOP, bleibt die Lage schwierig. Der Absatz ging um 18,8% zurück. Urs Schlüchter erklärt: «Die Kaufkraft in Italien ist schwach, der starke Franken erschwert die Wettbewerbsfähigkeit, und ausländischer Käse – etwa «Emmentaler» aus dem Allgäu oder Frankreich – konkurriert uns.» Dennoch gibt es auch Positives zu vermelden: «Die ersten drei Monate 2025 verliefen in Italien sehr erfreulich, deutlich über Vorjahr. Ob das ein Trend ist, können wir noch nicht sagen – aber es freut uns natürlich.»

Die Sortenorganisation hat 2023 entschieden, den US-Markt aktiv anzugehen. «Wir wären mit unserem Wachstumsplan in den USA auf Kurs, wenn nun nicht die Zollthematik gekommen wäre», erklärt Schlüchter. Er stellt aber klar, dass Emmentaler Switzerland weiterhin auf den US-Markt setzt. «Wir halten an unserem Plan fest. Einzig das Timing sieht nun je nach Verlauf anders aus», sagt Schlüchter. Weil die Exporte aber letztes Jahr erst 360 Tonnen ausmachten, ist Emmentaler Switzerland von allfälligen US-Entscheiden nicht so stark betroffen wie etwa der Gruyère AOP. 

Lagerabbau dank Mengensteuerung

Ein wichtiger Faktor bleibt die konsequente Mengensteuerung. «Wir sind bei der Mengensteuerung rigoros vorgegangen, um die Lagerbestände zu reduzieren – das ist gelungen. Heute sind wir sogar eher knapp beim Lager, was aber dem Preisniveau guttut», sagt Schlüchter. Werner Gerber ergänzt: «Wenn die Mengen nicht mehr gesteuert würden, kann der Preis massiv einbrechen – und es braucht Jahre, um sich davon zu erholen.»

Sorge zum Rohstoff tragen

Für Schlüchter ein wichtiges Thema für die Zukunft ist, dass genügend silofreie Milch zur Verfügung steht. «Wir müssen dazu Sorge haben, dass wir den Rohstoff silofreie Milch sichern können. Die Bauern müssen die Milch zu genügend attraktiven Bedingungen absetzen können, damit sie Käsereimilch und nicht Silomilch produzieren.» Das werde in Zukunft ein grosses Thema und eine Herausforderung sein – nicht nur für den Emmentaler AOP.

Heublumenpulver sorgt für Diskussionen

Ein jüngstes Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zum Einsatz von Heublumenpulver in der Emmentaler-AOP-Produktion könnte den Spielraum der Käsereien erweitern. «Wenn das Urteil rechtskräftig wird, können Käsereien selbst entscheiden, ob und wie viel sie einsetzen wollen», so Schlüchter. Das Pulver sorgt dafür, dass der Emmentaler AOP weiterhin die berühmten Löcher in ausreichender Grösse aufweist. «Es ist ein Mittel zur Qualitätsunterstützung – nicht jede Käserei braucht es, aber manche würden davon profitieren», so Urs Schlüchter.

Noch ist unklar, ob das Bundesamt für Landwirtschaft BLW Berufung einlegen wird und die Frage nach dem Heublumenpulver gar vor Bundesgericht landet.

World Cheese Awards in Bern als Chance

Auch bei internationalen Wettbewerben wie den World Cheese Awards - den Käseweltmeisterschaften, die im November erstmals in der Schweiz stattfinden - will Emmentaler Flagge zeigen. «Für uns als Käseland Schweiz ist es wichtig, dort präsent zu sein», sagt Werner Gerber. «Es geht darum, das Bewusstsein zu schärfen, dass Emmentaler ein Schweizer Produkt ist.» Schlüchter ergänzt: «Dank dem, dass es Switzerland Cheese Marketing gelungen ist, die Awards in die Schweiz zu holen, haben wir eine optimale Plattform, um internationale Aufmerksamkeit zu gewinnen.» Werner Gerber erhofft sich durch die Präsenz eine positive Wirkung für die Märkte im In- und Ausland.

Strukturanpassung im Vorstand

An der Delegiertenversammlung vom 29. April beschloss Emmentaler Switzerland die Reduktion der Anzahl Delegierte von 30 auf 20. Zudem wurde der Vorstand von 4 auf 3 Personen pro Interessengruppe (Milchproduzenten, Käsehersteller, Handelsfirmen) reduziert. Die Entscheide fielen einstimmig. Im Amt bestätigt wurde auch Präsident Daniel Meyer. 

Mit eine Durchschnittswert von je 19,875 Punkten konnte Emmentaler Switzerland zweimal den Award Gold verleihen. Er ging an: 

  • Käserei Höhe, Signau, Alfred & Barbara Schenk-Zysett (Affineur: Cremo SA/von Mühlenen AG)
  • Käserei Schmid AG, Buttisholz, Erwin Schmid (InterCheese AG)