Buche: Mutter des Waldes leidet

Die Sommermonate waren sehr warm und trocken. Flora, Fauna und die Menschen waren durstig und sehnten sich nach mehr Wasser. So auch die in Waldgesellschaften vielerorts dominante Buche. Der «Baum des Jahres 2022» leidet unter den häufigen trockenen Sommermonaten. Wie reagieren die Hüter und Pfleger des Waldes, die Forstleute, darauf?
Zuletzt aktualisiert am 14. Oktober 2022
von Brigitte Hunziker Kempf
3 Minuten Lesedauer
Buche Lid
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Die Buche hat die Fähigkeit in der Jugend im Schatten zu gedeihen und im Alter Schatten zu werfen. Sie ist sehr verjüngungsfreudig und ist bis anhin eine der konkurrenzstärksten Baumarten in Mitteleuropa, so auch in der Schweiz. Die Mutter des Waldes – so wird sie manchmal genannt – liebt tiefgründige, kalkhaltige, lockere und gut mit Wasser durchtränkte Böden. Eine stolze Rotbuche benötigt an warmen Sommertagen mehrere hundert Liter Wasser am Tag. Mit ihrer herzförmigen Wurzel nimmt sie das Wasser auf und pumpt dieses durch das Leitsystem in ihrem Stamm und Äste in Richtung der Blätter.

Wassermangel verursacht Stress

Ist längere Zeit zu wenig Wasser vorhanden, ist die Buche gestresst. Sie drosselt die Verdunstung über ihre Blätter. So können sich die Buchenblätter auch im Sommer herbstlich verfärben und zum Teil sogar abfallen. Bei anhaltender Trockenheit findet eine Entleerung des Wasserleitsystems des Baumes statt und die Krone der Buche verdorrt. «Ja, ein trauriges Bild», erklärt Thomas Kuhn. Er ist Förster des Reviers Bülach-Höri-Hochfelden. Bereits im letzten Jahr musste er mit seinem Team entlang von Strassen viele Buchen am Waldrand aus Sicherheitsgründen schlagen. Es handelte sich dabei um mehrere Hundert Kubikmeter Holz.

Standortabhängige Resilienz

Haben die Forstleute Angst, die Buche in den Wäldern zu verlieren? «Nein, das haben wir nicht», erklärt der Kreisforstmeister, Stefan Rechberger. Der Forstkreis 6 umfasst 21 Gemeinden in den Regionen Kloten, Bülach, Rafzerfeld und Embrachertal. In diesem rund 5’530 Hektaren grossen Waldgebiet gehören 26 Prozent zur Baumart Buche. Viele dieser Buchen sind nach wie vor vital, so auch im Forstrevier Bülach. Es kommt, gemäss den zwei Fachpersonen, darauf an, auf welchen Waldböden die Bäume wachsen. Die Buche – aber auch andere Baumarten wie zum Beispiel die Fichte – haben Mühe, auf Kiesböden gesund zu bleiben. Diese Böden haben keine hohe Wasserspeicherkapazität. Der Wasservorrat ist in trockenen Sommermonaten schnell verbraucht. Dabei ist auch die regional unterschiedliche Regenmenge zu beachten. Eine extreme Veränderung ist in den Jura Wäldern der Ajoie im Gange. Der Boden ist in dieser Region sehr kiesig und die Niederschlagsmenge sehr gering. Das Resultat dieser Kombination ist ein aktuell starkes, unübersehbares Buchensterben. Im Jahr 2019 bestätigten Felduntersuchungen das Volumen von mehr als 200’000 Kubikmeter verdorrten oder absterbender Buchen.

Keine Buchen auf kiesigen Böden

Und was bedeutet dies für die Bewirtschaftung des Waldes? «Wir fördern die Buche auf kiesigen Böden nicht mehr, sondern helfen anderen Baumarten, wie zum Beispiel den Hagenbuchen, der Spitzahorne oder den Linden und nehmen bei unserer Wahl unterstützend die Bodenkartierungskarte zur Hand», erklärt Kreisforstmeister, Stefan Rechberger. Die genannten Baumarten haben aber auch ihre Tücken, weiss Thomas Kuhn. So seien sie in den ersten Wachstumsjahren stark gefährdet, da sie von den Wildtieren als Leckerbissen sehr geschätzt würden. «Die kleinen Bäumchen müssen wir somit zum Teil mittels Einzelschützen und Zäunen abschirmen», erklärt der Förster.

Vorbeugende Pflege

Die Organisation «ProSilva», welche die Dauerwaldbewirtschaftungsform vertritt, hat zur Thematik «die Buche im Klimawandel» eine Fachtagung mit Forstfachleuten durchgeführt und über die Zukunft der Buchen diskutiert. Auch Stefan Rechberger hat daran teilgenommen. In vielen Waldgebieten im Forstkreis 6 wird der Wald gemäss der Dauerwaldbewirtschaftung gepflegt. «Die einzelnen Flächen werden in eher kurzen Intervallen und mittels sanfter Eingriffe durchforstet – dank der regelmässigen Bewirtschaftung können wir stets auf die aktuellen Waldsituationen vor Ort reagieren und den Wald bei seinem Gedeihen unterstützen», erklärt er. Dies führe zu einem guten Gleichgewicht in der Waldgesellschaft und auch zu einem guten Wald-Innenklima, in dem die Böden gut geschützt seien und somit weniger schnell austrockneten.

Buchen entwickeln sich

Die Forstleute erleben aktuell auch, dass sich die Baumarten da und dort bereits beginnen, sich den veränderten Situationen langsam anzupassen. So existieren nach wie vor auch gesunde Buchen, die auf weniger guten Böden grün und vital bleiben und somit weniger anfällig sind auf die trockenen Sommer. «Diese Bäume können und werden ihre Gene weitervererben und es besteht die Chance, dass eine natürliche Selektion stattfinden wird – eine langsame, aber stetige», hofft Stefan Rechberger.