Anzahl Betriebe nimmt weiter ab
In der Schweiz gab es 2023 noch 47’719 Landwirtschaftsbetriebe – 1,3% weniger als im Vorjahr. Das zeigen die Zahlen d...
In der Schweiz wird derzeit darüber diskutiert, ob die Förderung der Biodiversität verstärkt werden sollte. Die sogenannte Biodiversitätsinitiative, über die am 22. September abgestimmt wird, fordert eine Verankerung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen in der Verfassung. Dies würde auch die Bereitstellung der notwendigen Flächen und Mittel einschliessen.
Und der Abstimmungskampf zu ebendieser Biodiversitätsinitiative geht langsam, aber sicher in die heisse Phase: Überall finden Informations- und Medienanlässe, Podiumsdiskussionen und Vorträge statt. Sowohl in den Ja-Komitees wie auch in den Nein-Komitees wird stark geweibelt.
Beim Berner Bauernverband, Teil des Berner Nein-Komitees, fand diese Woche bereits der zweite Informations- und Medienanlass statt – nebst vielen weiteren kleineren in den verschiedenen Regionen.
So haben sich die anwesenden Rednerinnen und Redner bestehend aus Ernst Marti, Landwirt; Martin Uhlmann vom Vorstand der Schweizer Kartoffelproduzenten; Katja Riem, Nationalrätin und Präsidentin der Gemüseproduzentenvereinigung der Kantone Bern und Freiburg; Andreas Gafner, Nationalrat und Vizepräsident Berner Waldbesitzer; Ursula Jakob, Präsidentin Berner KMU Frauen und Jürg Iseli, Präsident des Berner Bauernverbands im Namen des Berner Nein-Komitees erneut entschieden gegen die Biodiversitätsinitiative ausgesprochen.
Seit 1900 hat die biologische Vielfalt in der Schweiz abgenommen. Laut Wissenschaft und Verwaltung, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD sowie der Europäischen Umweltagentur sind die derzeitigen Massnahmen der Schweiz zum Schutz der Artenvielfalt teilweise erfolgreich, aber dennoch nicht ausreichend, so die Einschätzung des Bundes.
Aus diesem Grund hätte der Bundesrat gerne einen indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative gesehen. Dieser hätte unter anderem vorgesehen, 17 Prozent der Fläche, statt wie bisher 13,4 Prozent für den Schutz von Tieren und Pflanzen bereitzustellen. Zudem wären Städte und Gemeinden stärker in die Verantwortung genommen worden, mehr für den Erhalt der Artenvielfalt zu tun. Allerdings scheiterte dieser Gegenvorschlag im Parlament aufgrund des Widerstands im Ständerat.
Sowohl der Bundesrat als auch das Parlament empfehlen, die Initiative abzulehnen.
Landwirt Ernst Marti, der seinen Betrieb in Kallnach führt, gab einen Einblick in seine Arbeit und betonte die Bedeutung der Biodiversität in der Landwirtschaft. Auf seinem Betrieb würden bereits 21 Prozent der Fläche für Biodiversitätsmassnahmen genutzt, erklärte er: «Das ist fast das Dreifache der geforderten 7 Prozent pro Betrieb – das zeigt doch, dass auch ein intensiv geführter Betrieb sehr viel für die Ökologie leistet, denn die Landwirtschaft braucht Biodiversität!»
Unter anderem durch weite Saatreihen bei der Gerste würde er das Vorkommen von Hasen und Feldlerchen unterstützen und fördern. Dennoch lehne er die Initiative ab: «Die Landwirtschaft macht jetzt schon viel mehr als vorgegeben und in Zukunft werden auch ohne Annahme der Initiative in der Landwirtschaft weitere Fortschritte in der Biodiversitätsförderung umgesetzt werden», so der Landwirt überzeugt.
Ernst Marti sieht die Initiative als zu weitgehend an und fürchtet um die regionale Lebensmittelproduktion. «Würde der Schweiz die Produktionsfläche weggenommen, so hätten wir eine massiv höhere Abhängigkeit von Importen an Lebensmitteln», meinte er und ergänzte: «Wir wollen nicht mehr Quantität, sondern Qualität in der Biodiversitätsförderung.»
Die Initiative «Für die Zukunft unserer Natur und Landschaft» – kurz Biodiversitätsinitiative – wurde Anfang September 2020 vom Trägerverein «Ja zu mehr Natur, Landschaft und Baukultur» eingereicht. Der Trägerverein hätte die Initiative zurückgezogen, wenn das Parlament den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates angenommen hätte.
Die Initiative zielt darauf ab, Bund und Kantone stärker in die Pflicht zu nehmen, um die Artenvielfalt, die Landschaft und das baukulturelle Erbe besser zu schützen. Sie fordert mehr Flächen und finanzielle Mittel aus öffentlichen Geldern für den Erhalt der Biodiversität, ohne dabei konkrete Zahlen zu nennen. Der Bund soll Schutzgebiete von nationaler Bedeutung festlegen, während die Kantone für ihre jeweiligen Schutzgebiete zuständig wären. Zudem verlangt die Initiative, dass Natur, vielfältige Landschaften und attraktive Ortsbilder auch ausserhalb von Schutzgebieten erhalten bleiben.
Andreas Gafner, Nationalrat und Vizepräsident der Berner Waldbesitzer, warnte derweil vor den Folgen der Initiative für den Schweizer Wald. Ein Drittel der Fläche des Kantons Bern sei bewaldet, erklärt er und erläuterte weiter: «Eine Annahme der Initiative würde Bund und Kantone zwingen, zusätzliche Biodiversitätsflächen auszuscheiden – dies wäre ohne grossen Druck auf die Waldbesitzer nicht möglich, was zusätzliche Einschränkungen bedeuten würde.»
Andreas Gafner betonte, dass die nachhaltige Waldbewirtschaftung in der Schweiz bereits jetzt zur Biodiversität beitrage. «Die ökologische Qualität der Wälder hat in den letzten Jahren zugenommen», stellte er fest und fügte hinzu, dass die bestehenden Massnahmen zur Förderung der Biodiversität im Wald ausreichend seien. Eine Ausweitung der geschützten Flächen, wie sie die Initiative fordert, würde hingegen die Waldbewirtschaftung und die Bereitstellung des heimischen, CO2-neutralen Rohstoffes Holz massiv einschränken: «Die vermehrte Verwendung von einheimischem Holz leistet einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der klimapolitischen Ziele – die Initiative gefährdet auch dies erheblich», mahnte er.
Andreas Gafner kritisierte die Initiative als kontraproduktiv und warnte vor den langfristigen negativen Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung. «Die Inlandproduktion von Lebensmitteln, Energie und Holz müsste teilweise ins Ausland verlegt werden», sagte er und verwies auf die Doppelmoral, die darin stecke. «Unsere Produktion zurückzufahren heisst, mehr Importe, kein Einfluss auf die Produktionsbedingungen und mehr Transportaufwand», argumentierte Andreas Gafner weiter.
Das Ja-Komitee wirbt mit dem Slogan «Schützen, was wir brauchen» und argumentiert, dass Biodiversität eine grundlegende Ressource für das Leben, die Wirtschaft und die Gesundheit der Menschen sei. Beispielsweise ist die Landwirtschaft auf bestäubende Insekten und fruchtbare Böden angewiesen, die durch die Aktivität von Bodenorganismen erhalten werden. Zudem ziehen die schönen Landschaften und Ortschaften viele Touristen in die Schweiz. Der Schutz der Natur und deren Nutzung könnten dabei im Einklang stehen.
Das Initiativkomitee betont, dass die Schweiz derzeit zu wenig für den Schutz ihrer Natur und Landschaften tue, obwohl dringender Handlungsbedarf bestehe. Die Initiative mache jedoch bewusst keine quantitativen Vorgaben, da der Erhalt der Biodiversität weniger von einer bestimmten Fläche als von der Qualität der Pflege und des Schutzes abhänge. «Die Initiative nennt keine Prozentzahl der Fläche», sagt beispielsweise Franziska Grossenbacher, stellvertretende Geschäftsleiterin der Stiftung für Landschaftsschutz. Das sei eine Frage der praktischen Umsetzung. Auch Solaranlagen wären nicht gefährdet, ergänzt sie: «Wir Umweltverbände wollen die Energiewende auch schaffen, aber wir müssen zu unseren Lebensgrundlagen Sorge tragen, und das machen wir aktuell zu wenig.»
Die Volksinitiative wird von sieben Trägerorganisationen, über sechzig Partnerorganisationen, 24 kantonalen Komitees und mehr als 150 lokalen Gruppen unterstützt. Die SP und die Grünen empfehlen ein Ja zur Initiative.
Sowohl die Landwirtschaft als auch die Waldwirtschaft lehnen die Biodiversitätsinitiative ab. Daneben hat sich auch der Bernische Elektrizitätsverband gegen die Initiative ausgesprochen, da sie seiner Meinung nach den Ausbau von Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagen erheblich bremsen würde. Und auch aus der Wirtschaft gibt es Gegenwind: Die Initiative betreffe nicht nur Gebiete ausserhalb der Bauzonen, sondern auch Siedlungsgebiete sowie KMU und Industriebetriebe, die mit zusätzlichen Vorschriften, längeren Bewilligungsverfahren und höheren Kosten rechnen müssten.
Grundsätzlich sind die Gegner der Initiative der Meinung, dass bereits genügend Massnahmen zum Schutz der Biodiversität getroffen würden – insbesondere eben auch in der Landwirtschaft.
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