
Die Kräuterfee von Mandach: Ein Blick in Maja’s Chrüterstübli
Sommerserie – Teil 2: Maja Vogt sammelt seit 27 Jahren Wildkräuter und verarbeitet diese zu verschiedensten Produkten...
Milch-, Graswirtschaft und Kirschenanbau prägen die Kulturlandschaft im Talkessel Schwyz. Da fällt das rund einen Hektar grosse Urdinkel-Getreidefeld mitten drin auf. Eine Tafel mit der Aufschrift «Hier wächst Ihr Brot» und den Akteuren, der Bäckerei Chilestägli in Arth und dem Biohof Fluofeld in Oberarth, klärt auf, was hier gedeiht.
Der Slogan des Projektes ist einfach. Doch es braucht viel Goodwill von allen Akteuren entlang der ganzen Wertschöpfungskette, angefangen beim Landwirt über das Lohnunternehmen, welches das Getreide drescht, weiter über die Mühle bis zum Bäcker.
Als Bäckermeister Zeno Felchlin von der Bäckerei Chilestägli in Arth vor rund 10 Jahren einen Bauern in der Gemeinde Arth suchte, der für ihn Urdinkel anbauen wollte, bekam er nur Absagen. Die Landwirte setzen hier auf Milchwirtschaft. Niemand wollte seine Wiesen für Getreide pflügen.
Schliesslich fand Zeno Felchlin, der sich einen Namen für hervorragendes Brot geschaffen hat, in Michael Reichmuth vom Biohof Fluofeld in Oberarth einen Verbündeten. «Anfänglich war es ein Blindflug, ich hatte keine Erfahrung im Getreideanbau – doch die extensive Kultur passt bestens in die Kulturfolge meines Biobetriebes», bilanziert Michael Reichmuth.
Geradezu ins Schwärmen kommt der Landwirt über die Qualität des Bodens im Talkessel Schwyz. Dazu bietet das Klima mit wenig Spätfrost und der Niederschlagsmenge ideale Voraussetzungen. «Schade, dass dies von meinen Berufskollegen so wenig genutzt wird.»
Wirtschaftlich macht der Anbau des Urdinkels für ihn, der mit seiner Frau Anita und mit 45 Angestellten bis zu 70 Gemüsearten und Beeren anbaut, wenig Sinn. Dennoch ist er mit Überzeugung dabei: «Marketingmässig ist es eine coole Sache – die Leute sprechen uns immer wieder an, wenn sie die Tafel am Feldrand sehen.» Michael Reichmuth, der vor rund 15 Jahren den Hof von seinen Eltern übernommen hat, sieht noch ein weiteres Argument: «Solche Kooperationen, wie diese mit der Bäckerei Chilestägli, geben im Dorf auch eine gute Grundstimmung.»
Wo es keine Getreidetradition gibt, fehlen die nachfolgenden Verarbeiter. So fehlt auch jemand, der den Urdinkel drescht. Dank seinem Beziehungsnetz fand Michael Reichmuth ein Lohnunternehmen aus dem aargauischen Dietwil. Für den Anfahrtsweg ist er bereit, eine Wegentschädigung zu bezahlen. Das anfallende Stroh nutzt er für die Legehennen und für den Erdbeeranbau: «Für meinen Biobetrieb ist das ideal, so kann ich einen weiteren Kreislauf schliessen.»
Michael Reichmuth trägt das Risiko des Getreideanbaus bis zur Mühle. Doch auch diese musste zuerst gefunden werden. Die Familie Lehmann von der Linthmühle in Birmensdorf, wo er das Hühnerfutter einkauft, war anfänglich skeptisch, eine so kleine Charge anzukaufen. Inzwischen sind auch sie mit Überzeugung dabei. Weitere Bäckereien können nun in der mittelgrossen Mühle ihr Korn mahlen lassen.
Die Bäckerei Chilestägli hat zu wenig Lagerkapazitäten vor Ort. So bestellt der Bäckermeister zwei Mal pro Jahr Mehl in der Mühle. Es ist ein reines Vollkornmehl, das Zeno Felchlin für das Urdinkelvollkornbrot verwendet. Die rund 1,5 Tonnen decken jeweils knapp den Jahresbedarf. «Ursprünglich hatte ich die Idee, alle Produkte, die wir mit Urdinkel anbieten, aus dem eigenen Mehl herzustellen – doch weitere Ausmahlungsgrade sind für die Mühle wegen den kleinen Chargen nicht praktikabel», erklärt er. Um der Mühle entgegen zu kommen, bezieht die Bäckerei von Lehmann weitere Produkte wie Lein- oder Sonnenblumensamen und anderes Urdinkelmehl.
Anfänglich musste Zeno Felchlin bei jeder neuen Mehllieferung mehrere Backversuche machen, um den gewohnt hohen Standard seiner Brote zu halten. Heute ist das Mehl recht konstant: «Die Mühle hat das richtig gut im Griff.» In der Backstube sind das Fachwissen und die Leidenschaft des Bäckers gefragt. Der Dinkel hat zwar einen höheren Anteil an Kleber im Vergleich zum Weizen, dieser ist aber empfindlicher in der Verarbeitung. Er ist beim Gär- und beim Knetprozess weniger tolerant.
Dafür bringt diese Eigenschaft Vorteile mit für die Konsumentinnen und Konsumenten: «Weil die Kleberstabilität geringer ist als beim Weizen, ist Brot aus Dinkel für viele verdaulicher», weiss der Fachmann. Die Brotherstellung beginnt am Vorabend in der Bäckerei Chilestägli mit einem sogenannten Brühstück. Dabei übergiesst er einen Teil des Mehls mit kochendem Wasser, mischt es und lässt es dann im Kühlschrank über Nacht ruhen. «Die Verkleisterung ist bei Dinkel höher als bei Weizen – damit das Dinkelbrot nicht ‹strohig› wird, füge ich dem Teig auf diese Weise mehr Wasser zu», begründet Zeno Felchlin den Schritt. Am nächsten Tag knetet er es zum Hauptteig.
Auch im Anschluss daran ist sein Knowhow und Fingerspitzengefühl gefordert. Geht der Teig zu lange auf, fehlt später der Ofentrieb – es würde nicht schön aufgehen. Ein perfekt hergestelltes Dinkelbrot weisst nach dem Backen «gluschtige» Risse auf. Ist alles Mehl aufgebraucht, zahlt Zeno Felchlin Michael Reichmuth pro verkauftes Brot einen Produzentenbeitrag.
Seit 2016 ist das Brot aus lokalem Urdinkel aus der Bäckerei Chilestägli in Arth eine Erfolgsgeschichte. Sowohl der Bauer wie der Bäcker möchten sie auch in der Zukunft weiterführen. Einzig das Label «Urdinkel» könnte diesem Vorhaben ein Ende setzen.
«Die Kontrollen sind sehr genau – weil die Mühle in Birmensdorf steht, sind es mehr als die erlaubten Kilometer Entfernung zwischen Feld und Verarbeitung», weist Michael Reichmuth auf das Hauptproblem hin. Doch im Talkessel Schwyz, wo die Milchwirtschaft dominiert, steht keine Mühle, die das Getreide mahlen könnte. «Vielleicht muss ich die Zertifizierung ‹Urdinkel› deshalb aufgeben», bilanziert der Biobauer. Bei der Kundschaft in der Bäckerei hat sich jedoch der Urdinkel etabliert. «Urdinkel ist zu einem Begriff und zu einem Kaufargument geworden», weiss Zeno Felchlin.
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