Wie vereinfachen andere Staaten ihre Agrarpolitik?
Die Schweiz bereitet sich auf die Agrarpolitik nach 2030 vor. Einfacher soll sie werden. Wie gehen andere Staaten mit...
Am Kongresstag in Interlaken begrüsste Agrarminister Guy Parmelin die Journalistinnen und Journalisten. «Die Schweiz ist das Zuhause fast aller Arten der Landwirtschaft, angepasst an den jeweiligen Standort von den Alpen bis zum Mittelland», so Parmelin. Diese Betriebe produzieren laut dem Agrarminister nicht nur Lebensmittel, sondern sorgen auch dafür, dass die Landschaften so schön und touristisch attraktiv sind.
Um auch künftig eine nachhaltige Versorgung mit einheimischen Lebensmitteln zu gewährleisten, sei es nötig, dass die ganze Wertschöpfungskette inklusive der Konsumentinnen und Konsumenten zusammenarbeite. «Wie die vier Bergsteiger, die 1938 erstmals die Eigernordwand bezwangen, muss auch die Wertschöpfungskette als Team zusammenarbeiten», so der Bundesrat. Den Journalistinnen und Journalisten prophezeite er, dass sie nach ihrem Aufenthalt überrascht über die zahlreichen Aspekte der Schweizer Landwirtschaft sein werden.
Christian Hofer, Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW), brachte den Anwesenden die wichtigsten agrarpolitischen Elemente der Schweizer Landwirtschaft wie Direktzahlungen, Absatzförderung oder Forschung näher. Er ging ebenso auf die Herausforderungen ein, in erster Linie auf den Klimawandel. In diesem Zusammenhang wies er auf die aktuellen Unwetter hin, die Brienz, nur wenige Kilometer vom Kongressort entfernt, in Mitleidenschaft gezogen haben.
«Die Gesellschaft ist bereit, die Schweizer Landwirtschaft und den Lebensmittelsektor zu unterstützen», so Hofer. Um diese Unterstützung zu bewahren, sei es wichtig, dass sich die Landwirtschaft nachhaltig entwickle. «Und dabei unterstützen wir die Landwirtinnen und Landwirte», sagte der BLW-Direktor.
Fritz Glauser, Vizepräsident des Schweizer Bauernverbandes, ging auf die Widersprüche der Konsumentinnen und Konsumenten ein: «Sie möchten am liebsten eine eierlegende Wollmilchsau.» Hohe Standards, aber tiefe Preise, nannte er als Beispiel.
Um den Konsumentinnen und Konsumenten zu zeigen, was die Landwirtschaft bereits alles leistet, sei die Kommunikation äusserst wichtig. Dies auch im Hinblick auf die steten Initiativen wie die kommende Biodiversitätsinitiative, über die im September abgestimmt wird.
Ein deutlich anderes Bild von der Schweizer Landwirtschaft als Glauser zeichnete Jonas Schäle von BirdLife Schweiz: «Es wird eine romantische Bilderbuchschweiz wie bei Heidi gezeigt. In Tat und Wahrheit sieht es heute anders aus, obwohl das Image noch dasselbe ist». Die Schweiz habe die grösste Rote Liste bedrohter Tierarten in Europa, ein Drittel der Arten sei bedroht. Es brauche künftig ein ganzheitliches, biodiversitätsfreundliches Farmmanagement und nicht nur punktuelle Massnahmen, wie dies bisher der Fall sei, so Schälle. Deshalb sei die Annahme der Biodiversitätsinitiative wichtig.
Neben Politik und NGO war am Kongresstag auch die Lebensmittel- und Agrarindustrie stark vertreten. Emmi-Verwaltungsratspräsident Urs Riedener zeigte die Entwicklung des Unternehmens zum internationalen Player auf. «Milch ist das einzige Schweizer Agrarprodukt, das auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig ist», so Riedener.
In vielen seiner Produkte setzt auch Nestlé auf Schweizer Milch. CEO Mark Schneider betonte den Weg der Nachhaltigkeit, den sein Unternehmen verfolge. Nestlé sei auf Kurs, seine Reduktionsziele beim Ausstoss von Treibhausgasen (minus 50% bis 2030) zu erreichen. «Und das, obwohl wir weiter wachsen», so Schneider.
Einen wichtigen Part bei der Reduktion der Emissionen nimmt dabei auch die Milchproduktion ein. Es sei aber äusserst wichtig, dass die Bäuerinnen und Bauern weltweit bei der Transformation unterstützt würden. «Deshalb arbeiten wir eng mit den Landwirtinnen und Landwirten zusammen», betonte Schneider. Die Milchproduktion habe das Potenzial, zum Netto-Null-Produzenten bei den Emissionen zu werden.
Schneider kritisierte, dass teils zu langfristige Ziele gesetzt würden. Es sei vielmehr wichtig, transparent zu sein und die Fortschritte regelmässig aufzuzeigen. Diese volle Transparenz biete Nestlé mit seinen jährlichen Berichten und Fakten, die von dritter Seite kontrolliert seien.
«Es wird keine nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion geben, wenn wir nicht auch profitable Landwirte haben», so Syngenta-CEO Jeff Rowe. Er wies dabei auf den Einkommensrückgang der US-Farmer hin, der zwischen 2023 und 2024 27,1% betrug – der höchste der Geschichte. Rowe hob die Bedeutung der Forschung hervor, um eine nachhaltige Landwirtschaft zu garantieren. Wie bei Nestlé steht auch bei Syngenta aktuell die regenerative, bodenschonende Landwirtschaft im Fokus.
Für mehr Details: Alle Präsentationen stehen auf Englisch auf der Website des Kongresses zum Download bereit.
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