Saatgutbehandlung ohne Chemie – Potential und Grenzen der Dampftechnologie
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Je später man eine Innovation einführt, desto weniger profitiert man davon und desto mehr setzt man sich dem Wettbewerb aus. Aber es ist wichtig, die Chancen und Risiken von Innovationen zu verstehen. Genau das war das Thema beim Innovationsforum für Ernährungswirtschaft an der Swiss Future Farm in Tänikon.
Forschende und Anwendende nutzten an der Tagung die Möglichkeit, sich an Posten über verschiedenen Ideen auszutauschen. Wegen der Klimaerwärmung und längeren Trockenheitsperioden nimmt die Bedeutung von Wasser zu. Der Bewässerungsbedarf steigt, hält Michael Mannale, Berater für Gemüse- und Beerenanbau am Arenenberg, fest. Am meisten Bewässerung benötige das Freilandgemüse.
Wie lässt sich feststellen, ob und wie viel Wasser im Boden vorhanden ist? Heute verwenden die Landwirte meistens die traditionelle Spatenprobe, indem sie mit dem Spaten in die Erde stechen und mit ihren Sinnen die Feuchtigkeit beurteilen. Es gibt aber auch genauere technische Hilfsmittel, zum Beispiel Sensoren an Sonden, die in die Erde gesteckt werden. So lässt sich die Feuchtigkeit in verschiedenen Bodentiefen feststellen.
Aber eine solche Anlage kostet etwa 2'500 Franken. Für mehrere Felder wird die Investition schnell zu teuer, folgert der Berater. Eine andere Möglichkeit sind Applikationen, die auf Grund von Satellitenbildern die Bodenfeuchte kalkulieren. Obwohl viel Grundlagenforschung vorhanden ist, lasse die praktische Anwendung noch zu wünschen übrig. Viele Apps lösten nur Teilaufgaben. «Es fehlt eine gute Koordination, um die Spatenprobe zu ersetzen», fasst Mannale zusammen.
Auch im Bereich Pflanzenschutzmittel steht das Schonen von Ressourcen hoch im Kurs. Pflanzenschutzgeräte, welche Spritzmittel punktgenau ausbringen, helfen beim Sparen. Die Präzisions-Feldspritze ARA der Firma ecorobotix lässt sich etwa zur umweltschonenden Bekämpfung von Ampfern oder Blacken einsetzen.
Die Ostschweizer Fachhochschule OST soll die angewandte Forschung der Agroscope und der Swiss Future Farm ergänzen. Die Thurgauer Regierungsrätin Monika Knill brachte die Nachricht mit an die Tagung, dass die Regierung grünes Licht für eine Aussenstelle in Tänikon gegeben hat. Es soll ein sogenanntes «living lab», ein Labor unter realen Bedingungen entstehen. Ziel sind «farm to food» Innovationen von der Produktion bis zum verkaufsfertigen Produkt. Die OST soll dafür die künstliche Intelligenz, das Computerwissen und die Algorithmen mitbringen, wie es Jürgen Prenzler, Professor an der OST, einfach erklärt.
Die Wege in der Nahrungsmittelkette, die sogenannte Supply Chain, sind extrem komplex. Es geht von der Produktion, der Lagerung, Verarbeitung, Verteilung bis schliesslich zum Verkauf. «Heute geht alles manuell», stellt Christian Fehrlin fest. Er ist Inhaber und Gründer der Deepico AG.
Seine Firma bietet Programme und Beratungen an, wie sich Betriebsabläufe automatisieren lassen. So soll vermieden werden, dass Daten für dasselbe Produkt immer wieder von Hand eingegeben werden. «Die Maschine macht es besser», ist der Supply-Chain-Manager überzeugt. Selbst bei autonom gesteuerten Fahrzeugen gebe es weniger schwere Unfälle als bei vom Menschen gesteuerten.
Der Computer sammelt Daten und kalkuliert daraus, wie viel Ware bestellt werden muss oder welche Rohstoffe für die Produktion notwendig sind, um nur zwei anschauliche Beispiele zu nennen. Damit die neuen digitalen Verfahren Eingang in die Praxis finden, braucht es Offenheit bei den Unternehmern. Fehrlin zitiert Albert Einstein: «Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind». Man dürfe nicht immer wieder in die alte Denkweise zurückfallen, wenn etwas nicht gleich zu 100 % funktioniere.
Es gibt Lösungen, auch wenn sie von anderer Art sind als die herkömmlichen, manuellen Methoden. «Leute braucht es aber trotzdem», hält Fehrlin fest. Sie müssen jedoch anders geschult sein. Die Kosten für eine Umstellung auf digitale Prozesse hänge nicht von der Anzahl der Mitarbeitenden eines Unternehmens ab, sondern von der Komplexität der Abläufe. In der Regel seien mit 100'000 bis 150'000 Franken externen Kosten zu rechnen.
«Die Maschine macht es besser»
Littering, das achtlose Wegwerfen von Abfall, ist ein Problem für die Landwirtschaft, aber auch für den kantonalen oder kommunalen Strassendienst. Der Abfall, seien es Scherben, Büchsen, Papier, Zigarettenstummel etc., müssen von Hand eingesammelt werden. Agroscope in Tänikon ist daran, eine Methode zu entwickeln, mit welcher sich Abfall automatisch detektieren und künftig auch einsammeln lässt.
Eine Drohne macht Aufnahmen von den Strassenrändern. Anhand dieser Aufnahmen und mit Hilfe künstlicher Intelligenz lernt der Computer, welche Gegenstände auf dem Foto er als Abfall identifizieren muss, erklärt Ralph Stoop, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Agroscope.
70% der Abfallstücke könne das Bildsystem inzwischen erkennen. Nach oder während der Detektion fährt ein Unrat-Sammelkopf über die Fläche. Zinken auf rotierenden Wellen «kämmen» die Abfallstücke aus dem Gras. Die Kamera lässt sich entweder an einer Drohne oder direkt am Aufnahme-Fahrzeug montieren. Noch scheint die Erfindung nicht praxisreif zu sein, aber sie zeigt, dass es immer wahrscheinlicher wird, Prozesse zu automatisieren, von denen man nicht denken würde, dass es überhaupt möglich ist.
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