Genfer Hightech-Salat
In Perly im Kanton Genf wächst der Salat in der Luft. Auf seinem ultravernetzten Betrieb experimentiert Jeremy Blondi...
Was lange währt, wird endlich gut: Bereits vor 20 Jahren startete die Laufentaler Gemeinde Blauen ihre moderne Gesamtmelioration. Die Melioration wird dieses Jahr abgeschlossen – damit soll die Blauener Landschaft für die nächsten Generationen fit sein.
Mit der erfolgreichen Umsetzung seien die Grundlagen sowohl für eine nachhaltige Landwirtschaft als auch für eine gesunde Natur geschaffen worden, bekräftigte Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft vor Ort. Zusammen mit Vertretern des Kantons Basel-Landschaft, des Instituts für Raum- und Landschaftsentwicklung der ETH Zürich und weiteren Projektbeteiligten nahm er in Augenschein, wie zukunftsweisend die vielseitigen Zielsetzungen der Gesamtmelioration in Blauen umgesetzt wurden.
Moderne Gesamtmeliorationen sind umfassende gemeinschaftliche Massnahmen. Sie bringen die Anliegen der landwirtschaftlichen Produktion, von Natur- und Landschaftsschutz wie auch der Raumplanung zusammen. «Oft geht vergessen, dass es bei der Agrarpolitik nicht nur um Direktzahlungen oder Grenzschutz geht – ebenso wichtig ist das Instrument der Strukturverbesserung», hielt Christian Hofer fest. Während Meliorationsprojekte früher aber vor allem auf Massnahmen zur Produktivitätssteigerung des Bodens fokussierten, stehe heute mehr die Nachhaltigkeit im Fokus. «Wir handeln für morgen und so müssen die Strukturverbesserungen heute nicht nur wirtschaftlich, sondern auch standortangepasst und nachhaltig sein», erklärte der BLW-Direktor weiter. Die Erwartungen insbesondere an die Landwirtschaft seien hoch und sowohl Politik als auch Gesellschaft wollten mitgestalten. Das beeinflusse auch die modernen Meliorationsprojekte: «Alle Player müssen miteinbezogen werden und es braucht Konsens von allen, um erfolgreich eine ökonomische und ökologische Aufwertung zu erreichen», führte Christian Hofer weiter aus.
In Blauen scheint dies gelungen zu sein: Seit 2006 hat die Gemeinde auf einem Perimeter von fast 400 Hektaren kontinuierlich sowohl die natürlichen Ressourcen wie auch die Produktivität der Landwirtschaftsbetriebe nachhaltig verbessert. So wurden Eigentumsverhältnisse entflechtet und die Anzahl der Grundbuchparzellen konnte auf weniger als einen Viertel reduziert werden. Mit Landumverteilungen und -abtauschen wurden die Flächen arrondiert, was eine bessere landwirtschaftliche Nutzung gewährleistet. «Früher musste man ein eigenes kleines Transportunternehmen sein, um die vielen kleinen, zerstückelten und verstreuten Parzellen unserer Betriebe zu bewirtschaften», erklärte Alvar Aebi, Landwirt und Präsident der Meliorationskommission. Allein auf seinem Betrieb wurde die Anzahl Parzellen von 100 auf 60 reduziert und mit einer Mischung aus diversen Kulturflächen wird trotzdem ein vielseitiger Betrieb garantiert.
Zur Erhaltung und Aufwertung der ökologisch wertvollen, naturnahen Flächen wurden in Blauen die Eigenarten der Kulturlandschaft mit einbezogen, erhalten und sogar ausgebaut und damit gestärkt. So wurde die Anzahl wertvoller Hochstammbäume sogar noch durch Neupflanzungen ergänzt und diese Parzellen Eigentümern und Bewirtschaftern zugeteilt, die Interesse an der Nutzung und am Erhalt der Kirschbäume haben. Für noch mehr Biodiversität wurde unter anderem ausserdem ein Vernetzungsstreifen realisiert sowie ein Feuerwehrweiher saniert und ökologisch aufgewertet.
Bei der Planung und Umsetzung der Strukturverbesserung in Blauen wurde viel Wert auf die Partizipation der Bevölkerung gelegt. Dazu kamen auch neue Techniken zum Einsatz, die den Beteiligten die geplanten Massnahmen greifbarer machen sollten: Zusammen mit der ETH Zürich wurde eine Visualisierung für die Landschaftsentwicklung erarbeitet. Anstatt abstrakte und kompliziert gezeichnete Pläne wurden detaillierte 3-D-Visualisierungen erschaffen. So konnten alle Beteiligten auf Grossbildschirmen miterleben, wie Blauen beispielsweise ganz ohne Hochstammbäume aussehen würde, aber auch wie sich andere Strukturmassnahmen in der Landschaft präsentieren würden. Die Bevölkerung konnte sich aktiv einbringen und zum Ausdruck bringen, welche Landschaft sie sich für Blauen künftig vorstellt. So sind alle Massnahmen im Konsens mit allen Beteiligten – Landwirtinnen und Landwirte, Einwohnerinnen und Einwohner und den weiteren Interessengruppen.
Mehr Biodiversität sei denn auch nicht in Widerspruch zu produktiver Landwirtschaft, fügte Lukas Kilcher, Leiter des Ebenrain-Zentrums für Landwirtschaft, Natur und Ernährung des Kantons Basel-Landschaft als Beispiel an: «Produktion und Natur gehen Hand in Hand – Vernetzungen bringen sehr viel mehr als nur Artenschutz, sondern fördern auch Nützlinge, die im Gegenzug Schädlinge im Zaum halten; gesunder Boden ist gut für Produktivität und Natur, indem diese mehr Wasser und Nährstoffe aufnehmen und speichern können.»
Obwohl noch nicht alle Massnahmen sichtbar und greifbar sind, so sei schon heute zu erkennen, dass Blauen ein Vorzeigeprojekt und in Zukunft ein Beispiel für eine klassische Win-Win-Situation sei, lobte BLW-Direktor Christian Hofer weiter. Ob sich aber diese Resultate an anderen Standorten so einfach replizieren lassen, bleibt abzuwarten.
«Tatsächlich ist jedes Meliorationsprojekt individuell und einzigartig», bestätigt Jonathan Fisch, stellvertretender Kommunikationsleiter beim BLW. Trotzdem ist er überzeugt, dass die Methoden der Visionierung und Partizipation wie sie in Blauen so erfolgreich angewendet wurden, mit grosser Wahrscheinlichkeit auch an anderen Orten zu erfolgreichen und ausgewogenen Projekten führen werden. Dafür sei aber das Engagement der Bevölkerung und sämtlicher Beteiligten gefordert und es sei die Aufgabe der Ausführungskommission, der Gemeinde und der Aufsichtsbehörden, dies zu fördern. «Es ist so, dass am Ende die engagierten Personen im Projekt massgebend sind, dass es erfolgreich abgeschlossen werden kann», meint der stellvertretender Kommunikationsleiter weiter. Dafür sei die Mitarbeit, das Interesse und das Engagement jedes Einzelnen gefragt, denn ohne dies könne keine Melioration gut gelingen. «Es ist dann wichtig, dieses Interesse dann aufzunehmen und in den Prozess positiv einzubringen», erklärt der Jonathan Fisch abschliessend.
Gesamtmeliorationen werden von Bund und Kanton gemeinsam unterstützt. Sie sind ein wichtiges agrarpolitisches Instrument für die Entwicklung im ländlichen Raum zur Förderung der Landwirtschaft und der Biodiversität. Laut Christian Hofer gibt das Bundesamt für Landwirtschaft jährlich 85 Millionen für Strukturverbesserungen aus – allerdings übersteige der Bedarf das Budget deutlich.
Die Gesamtmelioration in Blauen wird rund 4,4 Millionen Franken kosten. Rund 2,9 Millionen Franken übernehmen Bund und Kanton, die restlichen Kosten teilen sich die Gemeinden und die Grundeigentümer, welche zirka 12 Prozent der beitragsberechtigten Kosten zu tragen haben.
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