Genfer Hightech-Salat
In Perly im Kanton Genf wächst der Salat in der Luft. Auf seinem ultravernetzten Betrieb experimentiert Jeremy Blondi...
LID: Während der letzten ungefähr 10 Jahre hat die Bierbranche einen starken Trend hin zu regionalen (Mikro)-Brauereien und Bierlokalen erlebt. Wächst die regionale (Mirko-)Braukultur nach wie vor?
Marcel Kreber: Der Trend ist ungebrochen, hat aber durch die Coronavirus-Pandemie und den entsprechenden Lockdowns ein wenig an Dynamik verloren. Fakt ist, dass 1990 noch 32 Brauereien offiziell registriert waren, heute sind es über 1’250. Hierzu gilt es aber zu bemerken, dass die 50 grössten Brauereien in der Schweiz über 98 Prozent des Schweizer Bieres brauen.
LID: Warum ist oder was macht Bierbrauen so «trendy»?
Marcel Kreber: Der Wunsch in einer immer globaleren Welt nach Lokalität und Regionalität ist stark ausgeprägt. Zudem verfügen wir in der Schweiz über eine sehr liberale Gesetzgebung. Jede und jeder darf Bier brauen, auch ohne eine dreijährige Ausbildung zur Bierbrauerin oder zum Bierbrauer respektive zur Lebensmitteltechnologin oder zum Lebensmitteltechnologe EFZ Schwerpunkt Bier. Sobald mehr als 400 Liter im Jahr gebraut werden oder Bier gewerbsmässig verkauft wird, entsteht von Gesetzes wegen die Biersteuerpflicht und damit die Aufnahme im Brauereiregister des Bundesamtes für Zoll und Grenzsicherheit.
LID: Dieser Bierbrautrend hat zu einer unglaublich grossen Auswahl geführt – es wird viel an speziellen Aromen und Mischungen getüftelt. Kann die Auswahl auch zu gross sein?
Marcel Kreber: Ich bin der Auffassung, dass wir – was unsere Bierkultur im Vergleich zu anderen Ländern angeht – immer noch in der Aufholphase stehen. Es gibt noch vieles zu entdecken. Diese Entdeckungsreise versuchen wir vom Schweizer Brauerei-Verband zum Beispiel mit einem Tag des Schweizer Bieres vielen Menschen schmackhaft zu machen. Somit kann ich diese Frage mit einem klaren Nein beantworten.
LID: Wie viel Swissness steckt in Schweizer Bieren? Wie steht’s um Schweizer Braugerste und Schweizer Hopfen?
Marcel Kreber: Wasser ist mit rund 90 Prozent Anteil für das Bier wesensbestimmend, daher sind alle Biere, welche in der Schweiz gebraut werden, Schweizer Biere. Der schweizerische Hopfenanteil beträgt rund 10 Prozent – Tendenz steigend. Beim Schweizer Malz ist es rund ein Prozent. Hier werden neue Mälzereiprojekte sicherlich noch Bewegung in den Markt, aber nicht in die Swissness per se, wie sie die entsprechende Verordnung definiert, bringen. Der Selbstversorgungsgrad an Malz und Hopfen ist schlicht zu klein. Damit die Schweiz ihren Malzbedarf mit schweizerischem Getreide decken könnte, bräuchte es eine Anbaufläche von rund 15’000 Fussballfeldern. Zudem würden wir rund 70 Mälzereien in der Grösse der 2021 neu in Betrieb genommenen Schweizer Mälzerei in Möriken-Wildegg benötigen. Lassen Sie mich aber sagen, dass der Schweizer Brauerei-Verband all diese Aktivitäten und Bestrebungen, welche den Anteil der Schweizer Zutaten im Bier steigern wollen, aktiv und mit Engagement unterstützt.
LID: Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) testet das Bierbrauen mit Hanf anstatt Hopfen. Wird die Schweiz dereinst das Land des Hanfbieres?
Marcel Kreber: Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Ich finde es aber absolut positiv, dass sich die Schweizer Forschung mit dem Thema Bier und seinen Zutaten befasst.
Die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) forscht momentan an einer neuen Braurezeptur für Bier: Da Hopfen aus klimatischen Gründen in der Schweiz nicht besonders gut wächst, soll dieser mit Hanfblüten ersetzt werden. Hanf und Hopfen gehören zur gleichen botanischen Familie und so schmeckt Hanf wie Hopfen ziemlich bitter. Hanf ist aber wärmeresistenter und kommt mit der Klimaerwärmung besser zurecht als Hopfen. Hanf braucht laut ZHAW ausserdem kaum Dünger, Pestizide oder Bewässerung.
Zwar existieren bereits heute im Handel sogenannte «Hanfbiere», dabei wird der Hanf aber nicht als Ersatz, sondern zusätzlich zum Hopfen beigesetzt und die Biere weisen in der Regel einen typischen Hanfgeschmack auf. Das Ziel des ZHAW-Forschungsprojekt ist es allerdings, Hopfen durch Hanf zu ersetzen und ein Produkt zu kreieren, dass schlussendlich wie ein herkömmliches Hopfenbier schmeckt.
Nach drei Jahren Suche nach geeigneten Hanfsorten und dem richtigen Rezept, zeigen erste Versuche nun vielversprechende Ergebnisse. So können bis zu Dreiviertel des Hopfens mit Hanf ersetzt werden, ohne die Bitterkeit zu beeinträchtigen – allerdings braucht es gleichzeitig drei- bis viermal mehr Hanf als Hopfen, um eine vergleichbare Bitterkeit zu erreichen. Daneben muss auch der Kochprozess etwas angepasst werden und der Hopfen darf erst kurz vor Ende des Kochprozesses beigeben werden und nicht schon 90 Minuten vorher wie beim Hopfen, da sonst die Bitterintensität abnimmt. Bei ersten Blinddegustationen der ZHAW-Hanfbiere konnten die Testpersonen bei der einen Rezeptur keinen Unterschied zwischen dem Versuchsbier und dem klassischen Lagerbier feststellen.
Durch die Verwendung von Hanfblüten, die bereits heute beispielsweise bei Industriehanf als Abfallprodukt anfallen, verspricht sich die ZHAW ein nachhaltigeres Bier und für die Schweizer Brauereien weniger Abhängigkeit von Hopfenimporten.
LID: Zurzeit kämpft die Branche mit stark gestiegenen Herstellungskosten – Rohstoff- und Energiepreise sowie Verpackungsmaterial erleben eine starke Teuerung. Was macht der Branche hier besonders zu schaffen? Müssen auf den Sommer hin allenfalls die Bierpreise angehoben werden?
Marcel Kreber: Die Schweizer Brauereien stellen schon seit längerer Zeit eine angespannte Beschaffungslage fest. Die Coronavirus-Pandemie, der blockierte Suezkanal, die Verknappung im Dosensektor und nun die kriegerischen Handlungen in der Ukraine sind die Ursachen. Da die Brauereien stets auf langfristige Lieferverträge bauen, ist im Moment aber keine Verknappung von Rohstoffen wie beispielsweise Malz festzustellen. Die Abnahmen sind vorläufig gesichert.
Allerdings bleibt abzuwarten, wie sich vor allem die Energiepreise auf Dauer entwickeln. Je länger der Krieg dauert, desto grösser die Unsicherheit auf den Märkten mit entsprechenden Auswirkungen. Unbekannt ist auch die Eindeckung für 2023 und hängt vom weiteren Verlauf des Krieges sowie der neuen Ernte(-mengen) ab. Somit kann ich den Einfluss auf die Bierpreise per heute noch nicht einschätzen, das wird im zweiten Halbjahr wohl eher möglich sein.
LID: Wohin entwickelt sich die Schweizer Bierbranche?
Marcel Kreber: Die Dynamik wird sicherlich anhalten. Natürlich gibt es aber kein unbegrenztes Wachstum – vor allem im Bereich der Brauereien, welche nebenberuflich oder als Hobby betrieben werden, dürfte es weiterhin viele Neugründungen geben, aber im gleichen Atemzug dürften auch einige Abgänge zu verzeichnen sein. Die Biervielfalt wird auf hohem Niveau verbleiben und von einer neuen Generation von vor allem Biergeniesserinnen entdeckt und geschätzt werden.
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