Schweizer Rosenkohlanbau unter Druck
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Von Michael Götz
Die Möhrenfliege ist der tierische Hauptschädling beim Anbau von Karotten. Ihre Larven fressen Löcher in die Rüebli, diese faulen und werden unverkäuflich. Die E. Hermann AG hat früher zur Bekämpfung der Möhrenfliege vor allem chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verwendet, sie sucht nach Wegen, diese zu reduzieren. Ein Ansatz ist der Einsatz von Zwiebelöl.
Die E. Hermann AG ist ein grosser Landwirtschaftsbetrieb im Sarganserland, der sich auf Gemüsebau spezialisiert hat. Sie baut auf eigenen Flächen und auf Vertragsflächen 35 Hektaren Karotten an. «Bis vor etwa zwölf Jahren brachten wir vor der Saat ein Insektizid in Form eines Granulates aus», erzählt Benno Hörler, Leiter Anbau des Betriebes. Dieses schützte die Kultur während etwa sechs Wochen, seine Anwendung wurde aber im Jahre 2011 verboten. Heute verwendet der Betrieb «Karate Zeon», ein Spritzmittel von Syngenta, das gegen verschiedene Schädlinge wie Blattläuse, Erdraupen und die Möhrenfliege wirkt und in vielen verschiedenen Kulturen Anwendung findet. Es ist allerdings giftig für Bienen und Fische und darf nur ausserhalb des Bienenfluges, d.h. am frühen Morgen oder späten Abend und in genügendem Abstand zu Gewässer eingesetzt werden.
Um das Spritzmittel so wenig wie möglich einsetzen zu müssen, verwendet Hörler seit zwei Jahren Zwiebelöl als natürliches Pflanzenschutzmittel gegen die Möhrenfliege. «Es wirkt nicht abtötend, sondern vergrämt die Fliege», erklärt der erfahrene Gemüsebauer. Man spreche dabei von einem «Repellent», einem Mittel, das Schädlinge direkt von der Kultur fernhält. Er hatte in einer Fachzeitschrift von der Anwendung in Biobetrieben in den Niederlanden gelesen und wollte es selbst ausprobieren. Von der Firma Andermatt Biocontrol erhielt er die ersten Dispenser und Zwiebelöl-Kapseln. Er verteilte 4-6 Dispenser pro Hektar. Im Dispenser sind die Kapseln vor Regen geschützt, aus den Schlitzen an der Seite verteilt sich der Zwiebelgeruch über das Feld. «Damit wollen wir die Fliege überlisten, sie soll das Rüeblifeld als Zwiebelfeld wahrnehmen», erklärt Hörler.
Die Möhrenfliege sucht sich die Rüebli nämlich über den Geruch. Wichtig ist, dass der Zwiebelgeruch über dem Feld «duftet“, wenn die Fliegen von den Feldrändern, von Hecken und Nachbarkulturen einfliegen. Das ist am späteren Nachmittag und abends der Fall. Es ist nicht so, dass die Möhrenfliege das Feld nicht mehr findet. Auf den gelben Fangfallen kleben sogar eher mehr Möhrenfliegen als ohne das Zwiebelöl. Der Name «Repellent“ im Sinne von abstossend scheint eher nicht zu zutreffen. «Der Zwiebelgeschmack scheint die Fliege vielmehr zu verwirren. Sie ist weniger aktiv mit der Eiablage in den Boden», folgert Hörler aus seinen Beobachtungen.
Mischkulturen von Zwiebeln und Rüebli könnten ebenfalls die Möhrenfliege verwirren. Das Anlegen von Mischkulturen eignet sich im Garten, aber für den Anbau im Grossen sei dies aus anbautechnischen Gründen nicht möglich, erklärt Benno Hörler. Rüebli wachsen schneller als Zwiebeln und werden nicht alle auf einmal, sondern in sechs bis sieben Etappen pro Jahr gesät.
Der Gemüsebauer hat im Jahr 2020 gute Erfahrungen mit der Anwendung des Zwiebelöls gemacht. «In jenem Jahr habe ich überhaupt nicht gespritzt», erzählt er. Im Jahr 2021 sei ein Spritzen aber im Spätsommer und Herbst wieder nötig gewesen. Es kommt offensichtlich sehr auf das Wetter im jeweiligen Jahr an. Da die Möhrenfliege ihre Eier nicht auf die Pflanze, sondern auf den Boden legt, gehen in einem trockenen Jahr viele Eier kaputt. Man kann das unterstützen, indem man den Boden striegelt, damit er schneller trocknet. Nasse Jahre begünstigen die Eientwicklung. Der Gemüsebauer hat festgestellt, dass er dank des Zwiebelöls weniger häufig spritzen muss. Doch ist es nicht immer einfach, zu entscheiden, wann er Insektizide anwenden muss. «Ich muss mich an die Schadschwelle herantasten.» Dabei stützt er sich auf das Schädlingsmonitoring des Landwirtschaftlichen Zentrums St.Gallen zwischen Zizers und St.Margrethen. Vor allem bei den Lagerrüebli möchte Hörler kein Risiko eingehen. «Rüebli, die ins Lager kommen, müssen sauber sein, sonst faulen sie», betont er.
Auch die Beobachtung bringt ihn weiter. So hat Hörler festgestellt, dass es auf windgeschützten Feldern mehr Befall durch die Möhrenfliege gibt als in ungeschützten. Dies muss nicht nur mit dem Wind, sondern kann auch mit der Umgebung zusammenhängen, denn die Möhrenfliege lebt nicht im Rüeblifeld, sondern im nahen Maisfeld, in Stauden oder Hecken. Sie fliege nicht zwei oder drei Kilometer weit, um ins Rüeblifeld zu gelangen. Allerdings ist die Fliege an ihrem Lebensort schwer zu bekämpfen. Der Geruch von Zwiebelöl scheint eine praxistaugliche Methode zu sein, um die Möhrenfliege mit weniger chemischen Insektiziden in Schach zu halten. Ganz auf Insektizide verzichten kann Hörler aber nicht. «So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig.»
Das Landwirtschaftliche Zentrum St. Gallen führt ein umfangreiches Schädlingsmonitoring durch. Gleichzeitig begleitet es Versuche mit Alternativen zu chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Denn im Hinblick auf die Umsetzung der parlamentarischen Initiative zur Risikoreduktion von Pflanzenschutzmitteln sowie des Aktionsplan Pflanzenschutzmittel seien praxistaugliche Lösungen gefragt, sagt Vivienne Oggier von der Fachstelle Gemüsebau am LZSG: Nach ersten Ergebnissen mit Zwiebelöl wird die Versuchstätigkeit zu alternativen Pflanzenschutzmitteln zukünftig ausgeweitet.
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