Mit Handwerk und Herzblut: Der Weg zum Winzer
Der Winzerberuf erfordert ein tiefes Verständnis für den Kreislauf der Natur, das Wachstum der Reben und die Weinprod...
Sandra Deringers Einstieg in den Beruf der Obstfachfrau war nicht von Anfang an geplant. Nach einer Ausbildung im Detailhandel in einem Modegeschäft und mehreren Jahren Berufserfahrung bei einer Landi entschloss sie sich für eine berufliche Veränderung. «Ich wollte mehr praktisch anpacken und draussen arbeiten», erzählt Sandra Deringer. Der Entscheid hin zum Obstbau reifte, als sie während ihrer Arbeit bei der Landi in Kontakt mit einem Obstlieferanten kam und sich schliesslich bei derselben Betriebsfamilie beworben hat. Vorerst war der Plan einmal ein Jahr auf dem Betrieb bei Eichenberger Obst im zürcherischen Uhwiesen zu arbeiten. Was als Versuch begann, entwickelte sich schnell zu einer echten Leidenschaft: «Bei der Apfelernte hat es mir vollkommen den Ärmel reingenommen – ich habe eine Riesenfreude an der Arbeit bekommen und konnte schliesslich die Lehre im August 2023 beginnen», erinnert sie sich.
Im Beruf der Obstfachfrau und des Obstfachmanns gibt die Natur den Rhythmus vor. Die Arbeit ist stark von den Jahreszeiten geprägt, und jede Phase des Jahres bringt unterschiedliche Aufgaben mit sich. «Da der Lehrbetrieb so breit aufgestellt ist, haben wir eine relativ lange Ernte», erklärt Sandra Deringer. «Ab Mai bis Juli finden die Frühlings- und Sommerernten statt – Erdbeeren, Himbeeren, Heidelbeeren, Kirschen und Zwetschgen – und Ende August beginnt dann die Birnenernte, gefolgt von der Apfelernte, die bis Ende Oktober dauert», erzählt sie weiter. Doch zwischen den Erntezeiten gibt es zahlreiche andere Aufgaben, die den reibungslosen Ablauf und die hohe Qualität der Ernte sicherstellen.
Sandra Deringer und ihre Kolleginnen und Kollegen kümmern sich um die Pflege der Obstkulturen, zu denen je nach Region und Betrieb auch Pfirsiche, Aprikosen und verschiedene Beerenarten gehören. «Es gibt immer etwas zu tun – Pflanzenschutz, Mulchen, Bodenbearbeitung bei Neuanlagen und Beerenkulturen, Bewässerung, das Aufbinden von Ästen anfangs Sommers oder das Entfernen von beschädigten Früchten sind Teil unserer Arbeit», berichtet Sandra Deringer. Auch das Öffnen und Schliessen von Hagelschutznetzen und Regendächern, das Düngen der Kulturen sowie die Beobachtung der Natur gehören zu ihren Aufgaben. «Man muss die Vorgänge in der Natur genau beobachten, um frühzeitig auf Veränderungen reagieren zu können und möglichst keine Einbussen bei der Ernte zu erleiden», betont sie.
Neben der Arbeit mit den Pflanzen spielt auch die Bedienung moderner Maschinen und Geräte eine zentrale Rolle im Berufsalltag von Obstfachleuten. Sandra Deringer beschreibt, wie sie mit Hebebühnen, Sortieranlagen und Staplern arbeitet, um die Früchte effizient zu ernten, zu sortieren und zu lagern. Auch das Steuern von Obstbautraktoren gehört zu ihrem Alltag. «Ich habe erst vor zwei Jahren so richtig angefangen, Traktor zu fahren», gibt sie zu, «und das war eine Herausforderung, aber jetzt macht es mir richtig Spass.»
Ein weiterer wichtiger Aspekt ihrer Arbeit ist der Pflanzenschutz: «Wir betreiben umweltgerechten und wirksamen Pflanzenschutz und schaffen Lebensbedingungen für Nützlinge, um Schädlingsbefall zu verhindern», erklärt die angehende Obstfachfrau weiter. Sie zählt regelmässig Schädlinge und Nützlinge auf den Blättern und schätzt den Gesundheitszustand der Bäume ein. Diese präventive Arbeit ist entscheidend, um die Qualität und den Ertrag der Ernte zu sichern.
«Im Winter, wenn die Natur ruht, konzentriert sich die Arbeit auf den Winterschnitt», erklärt Sandra Deringer. «Dann wird jeder Baum geschnitten – das bedeutet ein rechter Zeitbedarf und dauert in der Regel von Mitte November bis im März», erläutert sie und ergänzt: «Der Winterschnitt ist entscheidend für die kommende Ernte, daher muss er sorgfältig durchgeführt werden.»
Auf dem Familienbetrieb Eichenberger Obst in Uhwiesen werden auf einer Betriebsfläche von gesamthaft rund 29 Hektaren verschiedene Obst- und Beerenkulturen angebaut. Auf dem grössten Teil der Betriebsfläche steht Niederstammobst: 19 Hektaren Äpfel, 6,5 Hektaren Birnen, gut 100 Aren Kirschen und 30 Aren Zwetschgen und Pflaumen. Daneben kultivieren Eichenbergers und das Team Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren.
Nach der Ernte werden die Früchte in den hauseigenen Kühllagern eingelagert, sortiert, aufbereitet, teilweise weiterverarbeitet – beispielsweise zu Öpfelringli oder Most weiterverarbeitet – und vermarktet. Produziert wird nach Suisse Garantie und Suisse GAP Standard.
Die Ausbildung zur Obstfachfrau ist sowohl praktisch als auch theoretisch anspruchsvoll. In der Berufsschule lernen die Auszubildenden alles über Pflanzenbau, Mechanisierung und technische Anlagen sowie über das Arbeitsumfeld und Wahlbereiche wie den Biolandbau. «Der Fachkundeunterricht konzentriert sich stark auf Krankheiten und Schädlinge, aber auch auf Nützlinge und Pflanzenschutz», berichtet Sandra Deringer. Und in den überbetrieblichen Kursen werden Themen wie Arbeitssicherheit, der Einsatz von Hebefahrzeugen und Pflanzenschutzgeräten sowie die Jungpflanzenaufzucht behandelt.
Diese fundierte Ausbildung bereitet die Lernenden umfassend auf die Herausforderungen des Berufs vor. Sandra Deringer, die keine Vorkenntnisse im Obstbau hatte, musste sich zunächst in viele Bereiche einarbeiten: «Ich bin ein bisschen eine Perfektionistin und mache mir selbst meist am meisten Druck», sagt sie. Doch mit der Zeit habe sie gelernt, dass Übung den Meister macht und dass man sich ständig weiterentwickeln kann.
Für Sandra Deringer ist der Beruf der Obstfachfrau nicht nur Arbeit, sondern Berufung. «Es ist faszinierend, wenn man bei all den Herausforderungen zuletzt ein tolles Produkt vor sich hat und sieht, was man zusammen mit der Natur geleistet hat», erklärt sie. So geben ihr die Naturverbundenheit und die Abwechslung in ihrer Arbeit ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit: «Für die Herausforderung und die Abwechslung stehe ich am Morgen auf», sagt sie mit Nachdruck und ergänzt: «Und dass ich etwas Sinnvolles mache und Lebensmittel produziere – das erfüllt mich einfach!»
Die Ausbildung zur Obstfachfrau und zum Obstfachmann erfordert nicht nur körperliche Arbeit und handwerkliches Geschick, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Natur und die Zusammenhänge im Obstbau. Die Begeisterung für die Natur, die ständige Herausforderung und die Sinnhaftigkeit der Arbeit machen den Beruf der Obstfachfrau und des Obstfachmannes zu einer attraktiven Wahl für alle, die eine enge Verbindung zur Natur suchen und bereit sind, sich den immer neuen Herausforderungen zu stellen. «Jedes Jahr ist anders, jede Saison ist anders», fasst Sandra Deringer zusammen, «und genau das macht diesen Beruf so spannend und erfüllend.»
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