Die Erfolge des Berner Pflanzenschutzprojektes

Die ergriffenen Massnahmen wirken: Das zeigt der Zwischenbericht zum Berner Pflanzenschutzprojekt.
Zuletzt aktualisiert am 8. April 2022
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m Vorfeld der Agrarabstimmungen im letzten Jahr hatten vorzeitig veröffentlichte Zahlen für Aufregung gesorgt. Nun liegt der lange erwartete Zwischenbericht zum Projekt vor, dass schweizweit mit Interesse verfolgt wird. Im Laufe des Projektes nahmen immer mehr Landwirtinnen und Landwirte am Projekt teil. Gestartet mit 2646 Betrieben und 4956 Massnahmen im Jahr 2017, lag die Zahl der teilnehmenden Betriebe 2021 bei 3601. Diese setzten 9'654 Massnahmen um.

Bei den meisten Massnahmen entspreche die Teilnahme der Bäuerinnen und Bauern die Erwartungen oder übertreffe diese, wie Michel Gygax von der kantonalen Fachstelle Pflanzenschutz an einer Medienkonferenz in Büren zum Hof erklärte. Noch weniger stark als erhofft ist die Teilnahme bei den Massnahmen Querstreifen am Feldrand und Herbizidverzicht auf offenen Ackerflächen. «Dies sind auch die Massnahmen, die mit mehr Risiko behaftet und schwieriger umzusetzen sind», so Gygax.

Wirkungsvolle Waschplätze

Als besonders wirkungsvoll haben sich im Projekt sanierte Waschplätze erwiesen. Mit diesen können die Spritz- oder Sprühgeräte sicherer gewaschen und befüllt werden. Anfangs seien die Sanierungen auf bescheidenem Niveau gewesen, dann habe es angezogen, so Gygax.

«Da habe ich ein starkes Umdenken registriert, es wird viel in Waschplätze investiert», sagte Urs Bürgi, teilnehmender Landwirt aus Limpach. «Aber es gibt immer wieder Probleme mit Baubewilligungen oder wegen dem Denkmalschutz», zeigt er Konflikte auf.

Michel Gygax Ji
Michel Gygax von der Fachstelle Pflanzenschutz im Juni 2021 am Chrümmlisbach, wo Wasserproben genommen werden. (ji)

Ein Fehlverhalten - massive Auswirkungen

Dass sanierte Waschplätze wirken, zeigt sich im Projekt deutlich. In Ins, Lyss und Eymatt führt der Kanton ein Kläranlagenmonitoring mit Fokus auf Punkteinträge durch. Dabei wird das Wasser auf rund 100 Pestizide untersucht. Die ARA Ins umfasst in ihrem Einzugsgebiet die grösste Ackerfläche. Dort zeigte sich auch der grösste Rückgang. «In Ins führten sanierte Waschplätze zu einer sehr positiven Entwicklung», erklärte Claudia Minkowski, Leiterin Gewässer- und Bodenschutzlabor des Amts für Wasser und Abfall.

Wie massiv sich einzelne Einträge auswirken können, zeigt die ZALA Eymatt, wo die Werte 2018 massiv nach oben schossen. Es zeigte sich, dass es sich um Pflanzenschutzmittel handelt, dass verboten worden ist. «Es handelte sich vermutlich um eine illegale Entsorgung», so Minkowski. «Ein Fehlverhalten hat sehr grossen Konsequenzen.»

Dass die Medienkonferenz in Büren zum Hof stattfand, war kein Zufall. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Chrümmlisbach, nicht weit entfernt liegt der Ballmoosbach. In beiden Bächen führt das Gewässer- und Bodenschutzlabor im Rahmen des Projekts regelmässige Messungen durch. Die Daten aus den Bächen können mit den Bewirtschaftungsdaten der Landwirtschaftsbetriebe abgeglichen werden. Es handelt sich praktisch um ein Feldlabor.

Nicht überall sanken die Rückstände

Im Ballmoosbach gingen die Einträge im Verlauf des Projektes klar zurück, die Massnahmen verliefen erfolgreichen. Anders im Chrümmlisbach, wo bisher kaum eine Änderung festzustellen ist. Die Gründe sind laut Minkowski aktuell noch nicht sanierte Waschplätze, eine steilere Hanglage, grössere Niederschlagsmengen und die rund 300 Schächte entlang von Feldern oder gar innerhalb der Parzellen.

Sie sorgen dafür, dass Wasser rasch abfliessen kann, aber eben auch dafür, dass Pflanzenschutzmittel in die Gewässer eingetragen werden. «Die Schächte zu schliessen ist keine Option», sagt Claudia Minkowski. Eine Option sind aber Pufferstreifen aus Gras. Sie halten die Pflanzenschutzmittel zurück, so dass nur das Wasser in die Schächte abfliesst. Solche werden nun gezielt angelegt. Das geht aber auf Kosten der Ackerfläche. Würden im ganzen Kanton solche Pufferstreifen angelegt, gingen 350 Hektaren Kulturland verloren.

Fläche geht verloren

Ein Ziel des Berner Pflanzenschutzprojektes ist es, die Landwirtinnen und Landwirte zu sensibilisieren. «Das Pflanzenschutzprojekt bietet sich als Chance, Massnahmen auszuprobieren», sagt Thomas Iseli, Landwirt aus Jegenstorf, der Land im Projektgebiet Ballmoos bewirtschaftet. Die Risiken für die Landwirtinnen und Landwirte würden dank den Prämien etwas gelindert. Er habe gesehen, dass trotz korrektem Ausbringen der Pflanzenschutzmittel Rückstände gefunden würden, so Iseli.

Das Risiko sei den Landwirten dadurch bewusster geworden. «Wir haben gelernt, dass kleinste Menge etwas ausmachen», fuhr er fort. Auf seinem Land hat er nun 1,5 Kilometer Querstreifen angelegt, um die Einträge zu verhindern. Das sei sehr wirkungsvoll. Allerdings könne er nun auf der Fläche von rund einem Drittel Fussballfeld nichts mehr produzieren.

Hohe Anforderungen erschweren Massnahmen

Landwirt Urs Bürgi setzt auf herbizidlosen Getreideanbau. Das erlaubt ihm einen Mehrwert im Verkauf, birgt aber ein grösseres Risiko. So kann er bei nassem Wetter nicht mit den Maschinen aufs Feld fahren, um Unkraut zu hacken.  «Das Pflanzenschutzprojekt hat die Problemfelder sehr gut erkannt, die Massnahmen haben sich bei uns Praktikern bewährt», so Bürgi. Es brauche nun noch Zeit, alles umzusetzen. Sorgen macht ihm, dass beim Handel und bei den Konsumenten kein Umdenken zu sehen ist. Da würden höchste Anforderungen an die Produkte gestellt – was eben verunmögliche, gewisse Massnahmen umzusetzen.

Wenige Stoffe sorgen für das Risiko

Um zu verfolgen, wie die Massnahmen wirken, wird das Monitoring fortgesetzt, wie Michael Gysi, Vorsteher des Amtes für Natur und Landwirtschaft (Lanat) erklärte.  Das Projekt habe wichtige Erkenntnisse gebracht. «Wir können die Punktquellen effektiv minimieren. Die sanierten Waschplätze wirken», so Gysi. Es habe sich zudem gezeigt, dass der Rückgang von Belastungen abhängig von den Gegebenheiten des Einzugsgebietes sei. Jedes Einzugsgebiet müssen einzeln analysiert werden. Gysi betonte, dass rund 8 bis 12 Stoffe für das Risiko verantwortlich seien. Es gehe nun darum, Alternativen weiterzuentwickeln und die Beratung für die Auswahl der Mittel zu optimieren. «Weiterbildung und Beratung sind zentral. Das Angebot muss erweitert und gestärkt werden», so Gysi.

Das vom Lanat und vom Berner Bauernverband getragene Projekt läuft bis Ende 2022. Bis 2024 wird das Monitoring fortgeführt.