Food Waste im Visier: Toolbox soll Handel und Konsumenten bewegen

Produkte dürfen auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verkauft werden. Genutzt wird das erst selten. foodwaste.ch hat eine Toolbox lanciert, die den Handel aufklärt und unterstützt. Aber auch die Konsumentinnen und Konsumenten sollen sensibilisiert werden.
Zuletzt aktualisiert am 27. Juli 2023
von Jonas Ingold
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Mindesthaltbarkeit Jin

Läden in der Schweiz dürfen Produkte auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) verkaufen. Das geschieht aber kaum: «Wir kennen erst ganz wenige Läden, welche solche Produkte verkaufen», sagt Erika Bauert, Projektleiterin MHD+ bei foodwaste.ch. Aktuell seien es keine 10 Stück.

Gemäss foodwaste.ch ist es vielen Hofläden und Detailhändlern nicht bewusst, dass der Verkauf nach Ablauf von MHD und Verbrauchsdatum (VD) fast immer bedenkenlos möglich und laut Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) ausdrücklich erlaubt ist.  

Mehr Wissen nötig

Das soll sich ändern. foodwaste.ch hat eine Toolbox entwickelt, welche den kleinen bis mittleren Läden helfen soll, dass Know-How für eine rechtskonforme Umsetzung zu erlangen. Bisher habe dieses gefehlt, sagt Erika Bauert. Dies hätten Interviews im Vorfeld der Toolbox-Entwicklung ergeben.

In der Toolbox enthalten sind u.a. ein Merkblatt und Video-Tutorial zum Einfrieren von Fleisch, Etiketten zum Verkauf über das MHD sowie Infomaterial für die Kundinnen und Kunden.

Das bedeuten Mindesthaltbarkeitsdatum und Verbrauchsdatum

Produkte können nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum ohne Sicherheitsbedenken konsumiert werden. Bei rasch verderblicher Ware steht hingegen ein Verbrauchsdatum darauf (VD). Diese Produkte können bis zu 90 Tage gefroren und damit die Lebensdauer verlängert werden, wenn dies vor Ablauf des VD geschieht.   

Quelle: foodwaste.ch

Akzeptanz braucht Zeit

Denn die Verantwortung liegt nicht nur beim Handel, sondern auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten. «Die Akzeptanz der Kundschaft braucht Zeit», sagt Erika Bauert. Es sei deshalb nötig, die Kundinnen und Kunden parallel zum Verkauf zu informieren. Nicht repräsentative Umfragen hätten aber ergeben, dass die Kundschaft solche Verkäufe wünsche.

Auf die Privathaushalte ist ein erheblicher Teil des Food Waste zurückzuführen. Der Detailhandel habe es in der Hand, seine Kundschaft durch ein regelmässiges, transparent angeschriebenes Angebot von abgelaufener, aber einwandfreier Ware zu sensibilisieren, so foodwaste.ch. Diese Rolle habe Vorbildcharakter und werde dazu führen, dass Konsumentinnen und Konsumenten auch im eigenen Haushalt vermehrt Produkte zuerst mit ihren Sinnen prüften und diese nicht ungeschaut in den Abfall werfen würden.

Breitere Kommunikation

Die Toolbox war Ziel eines Pilotprojekte, das im September endet. Nun soll es weiter gehen: «Wir wollen dran bleiben und ein Folgeprojekt lancieren, um in die Breite zu gehen», sagt Erika Bauert zu den künftigen Plänen. Mit dem Erfolg der Toolbox für den Detailhandel ist Bauert zufrieden: Über 400 Personen loggten sich in den ersten zwei Wochen des Bestehens ein.

Aber wäre es nicht grundsätzlich sinnvoll, das MHD für gewisse Produkte zu verlängern? «Das wäre ganz in unserem Sinn, der Bund ist da dran. Wir haben bei den Produzenten leider zu wenig Hebel», sagt Erika Bauert.