Aldi Suisse lanciert neues Bio-Label

Aldi will neue Massstäbe in der Schweizer Bio-Landschaft schaffen und lanciert ein neues Label. Den Start machen unter anderem Milchprodukte aus antibiotikafreier Tierhaltung.
Zuletzt aktualisiert am 13. Mai 2022
von Jonas Ingold
4 Minuten Lesedauer
Aldi Retour Aux Sources

Die neue Bio-Produktlinie läuft unter den Namen «Retour aux Sources», wie Aldi Suisse heute an einer Medienkonferenz auf dem Lehenhof in Rothrist bekannt gab. «Wir wollen schweizweit weiterbringen, was dieser Betrieb bezüglich antibiotikafreier Produktion leistet», sagte Jérôme Meyer, CEO von Aldi Suisse.

10 Rappen höherer Produzentenpreis

Hans Braun vom Lehenhof ist ein Pionier der antibiotikafreien Milchvieh-Haltung. «Wir haben seit 2005 bei Milchkühen kein Antibiotika mehr eingesetzt», sagt er. Der Betrieb habe damals Probleme mit dem Biomilch-Absatz gehabt und nach neuen Möglichkeiten gesucht und sich zu diesem Schritt entschieden. «Bisher konnten wir aber nur 10 bis 15 Prozent der Milch tatsächlich so mit Mehrwert absetzen», betont Braun. Dank der neuen Aldi-Linie könne er nun sämtliche Bio-Milch aus antibiotikafreier Tierhaltung entsprechend vermarkten. Das wirkt sich auch finanziell aus. Er erhält von Aldi Suisse 10 Rappen mehr pro Kilo Milch für die antibiotikafreie Milchviehhaltung.

«Wir wollen, dass Bio-Produkte keine Luxusgüter sind, aber die Produzenten dennoch gute Preise erhalten», sagt Jérôme Meyer. Aldi bringe die Bio-Produkte mit geringerer Marge und damit günstiger in die Läden, ohne dass deshalb die Produzentenpreise darunter litten. 1,79.- kostet der Liter Milch von «Retour aux Sources».

Aldi-Suisse-Chef  Jérôme Meyer
Aldi-Suisse-Chef Jérôme Meyer ist Bauernsohn und will Bio weiterbringen. (ji)

Kein Antibiotika beim Aldi-Label

Wird in der Schweiz eine Milchkuh mit Antibiotika behandelt, darf ihre Milch nicht in den Verkehr gelangen - egal unter welchem Label und in welcher Haltungsform. Es gelangt also keine antibiotikahaltige Milch in den Handel. Das Label von Aldi Suisse unterscheidet sich dahingehend, dass auf dem Milchbetrieb jeweils gar keine Antibiotika eingesetzt werden, also auch keine sogenannte Sperrmilch produziert wird.

Keine Reaktion auf ausbleibendes Knospe-Label

Ist das neue Label eine Reaktion darauf, dass Aldi das Knospe-Label von Bio Suisse nicht nutzen darf? Nein, sagt Jérôme Meyer: «Wir hätten den Schritt auch gemacht, wenn wir die Knospe hätten. Wir waren aber schon immer interessiert daran, einen Schritt weiter zu gehen.» An der Bio-Suisse-Knospe sei Aldi Suisse aber noch immer interessiert.

Aldi Suisse arbeitet bereits seit 3 Jahren am Programm. Unterstützt wird der Discounter dabei von Urs Niggli, Direktor des Instituts für Agrarökologie und langjährigem Direktor des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL).

«Beschleunigte Umsetzung jahrzehntelanger Forschung»

Er sei gefragt worden, wieso er mit Aldi zusammenarbeite, sagt Niggli: «Endlich können wir vieles, was wir Jahre lang am FiBL in Sachen Antibiotika-Reduktion, Biodiversität und anderen Bereichen erarbeitet haben, in der Praxis umsetzen», so Niggli. Was Aldi mache, sei eine beschleunigte Umsetzung jahrzehntelanger Forschung. Zudem verfüge man von allen Produzentinnen und Produzenten über eine umfassende Nachhaltigkeitsbewertung, nicht nur über Stichproben. «Das soll nicht nur den Konsumentinnen und Konsumente dienen, sondern den Betrieben auch zeigen, wo sie noch optimieren können», sagt der Bio-Experte.

Zunächst 180 Betriebe

Bio Suisse mit seinen 7500 Betrieben könne solche Richtlinien nicht so einfach umsetzen. Das kleinere Programm von Aldi Suisse bringe das nun aber auf den Markt, so Niggli. «Retour aux Sources» startet mit 30 Milchbetrieben sowie 150 Betrieben, die schon bisher Weidetier-Programm für Aldi Suisse produzierten.

Es sei herausfordernd gewesen, die getrennte Verarbeitung der Milch zu garantieren, so Jérôme Meyer.  Dank einer engen Zusammenarbeit mit Emmi, sei dies nun aber möglich. Emmi holt die Milch täglich bei je 15 der Produzenten gesondert ab, am nächsten Tag sind jeweils die anderen 15 dran.

Mit QR-Code zum Produzenten

Wert legt Aldi im Programm auch auf die Nachverfolgbarkeit. Die Konsumentinnen und Konsumenten können via QR-Code auf den Verpackungen nicht nur sehen, wo das Produkt verarbeitet worden ist, sondern auch welche Bäuerinnen und Bauern den Rohstoff geliefert haben. Am Beispiel Milch: Je nach Charge finden die Konsumentinnen und Konsumenten die Namen der jeweils 15 an diesem Tag liefernden Betriebe. Damit soll die Verbindung vom Produkt zum Produzenten deutlich gemacht werden, so Jérôme Meyer.

«Retour aux Sources» startet mit 24 Produkten aus den Warengruppen Molkereiprodukte, Fleisch und Eier. Das Sortiment soll noch dieses Jahr auf Obst, Gemüse, Getreide und Poulet ausgebaut werden.

Milchproduzent Hans Braun auf der Weide.
Hans Braun bei den Kälbern. Er setzt seit 2005 auf antibiotikafreie Milchproduktion. (ji)

Retour aux Sources im Überblick

Basis für «Retour aux Sources» bilden die Bio-Suisse-Richtlinien. Alle Produkte stammen von Bio-Suisse-zertifizierten Betrieben. Die Produkte erfüllen gleichzeitig den «Prüf Nach!»-Standard. Diese Anforderungen sind unter anderem:

Milch
Antibiotikafreie Tierhaltung
Verpflichtendes Kälberaufzucht-Programm
Schweizer Bio-Futter und kraftfutterfreie Fütterung
Verpflichtende Weide- und Laufstallhaltung
Mind. 12% Biodiversitätsförderfläche

Fleisch
Kälber müssen mindestens 120 Tage auf dem Geburtsbetrieb bleiben
Sojafreies Schweizer Bio-Futter
Minimaler Antibiotika-Einsatz
Teilnahme am Dachprojekt Fleisch-Milch: Männliche Milchrassekälber werden als Bio-Weiderinder aufgezogen

Eier
Bruderhähne werden aufgezogen
Freilandhaltung
Weiden mit schützenden Hecken
Mind. 12% Biodiversitätsförderfläche

Alle Betriebe durchlaufen zudem einen jährlichen Nachhaltigkeits-Check.