Sobald es in den Abstimmungskampf gehe, gebe es nur noch schwarz-weiss, sagte Nationalrat und Bauernverbandspräsident Markus Ritter an der von Matthias Zurflüh moderierten Diskussion in Bern. Deshalb müsste man eigentlich schon im Voraus zusammensprechen und -arbeiten. Aber heute stünden hinter Initiativen oft Einzelpersonen und nicht mehr Parteien. Deshalb gebe es schon in den Initiativ-Komitees verschiedene Meinungen – was die Diskussion verunmögliche oder erschwere.
Stefan Flückiger, Geschäftsführer Agrarpolitik des Schweizer Tierschutzes STS, vermisst die Dialogbereitschaft. Im Abstimmungskampf im Frühjahr habe es durchaus tierschutzrelevante Themen gegeben, wie etwa Wildvögel. „Wir haben aber gemerkt, dass diese Themen nicht gefragt sind“, so Flückiger. Man habe sich dann rechtzeitig aus den Diskussionen verabschiedet, weil es eskaliert sei. Der STS sei gemässigt und versuche, mit der Landwirtschaft zusammenzuarbeiten.
Dies auch im Hinblick auf die kommende Massentierhaltungsinitiative. „Ich will keine Schlammschlacht“, stellte er klar. Flückiger schlägt denn neben der Initiative und dem unbeliebten Gegenvorschlag einen dritten Weg vor: Den Aufbaupfad Tierwohl. Und da erhoffe er sich ein Mitwirken des Bauernverbandes. „Ich hoffe, dass alle hier sehen und akzeptieren, dass in der Agrarpolitik wir die Betroffenen sind und sie uns die Chance geben, zu Beteiligten zu werden“, so Markus Ritter auf die Frage, ob der SBV bereit sei, mitzuarbeiten.
Agrarlobby-Kampagne hallt nach
Zuvor hatte Marcel Liner, Experte Agrarpolitik bei Pro Natura, ein proaktives Vorgehen beim Bauernverband vermisst. „Dafür habe ich ein gewisses Verständnis, wegen der Initiativen“, so Liner. Aber dennoch sollte sich auch der Verband überlegen, wie die Zukunft der Landwirtschaft aussehen soll. „Es müsste doch möglich sein, miteinander zu arbeiten“, so Liner, der betonte, dass Pro Natura nicht einzelne Bauern, sondern den Sektor kritisiere und sich die umstrittene Agrarlobby-Kampagne gegen die Agrarlobby und nicht die Bäuerinnen und Bauern gerichtet habe. In dieser war unter anderem SBV-Präsident Ritter neben einer toten Biene abgebildet worden. „Bei so einem Frontalangriff kann man doch nicht mehr diskutieren“, so Ritter. Liner wehrte sich derweil gegen den Vorwurf, keine landwirtschaftliche Produktion mehr zu wollen. „Wir wollen auf keinen Fall in eine Schublade gesteckt werden, welche die Bauern in die Landschaftsgärtner-Ecke schieben will“, so Liner. Er werde sich weiter für Brot und Blumen einsetzen.