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Mediendienst Nr. 3315 vom 17. März 2017
Parlament will "Ohne Gentechnik"-Regeln aufweichen
Das Parlament will die Regeln bei der «Ohne Gentechnik»-Kennzeichnung lockern. Das freut den Bauernverband, der Konsumentenschutz ist skeptisch.

Bald könnten Lebensmittel mit dem Hinweis "Ohne Gentechnik" in den Regalen stehen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion von Jacques Bourgeois (FDP/FR) angenommen, der fordert, dass Lebensmittel künftig einfacher als "GVO-frei" ausgelobt werden dürfen.
Zwar erlaubt das Gesetz den Hinweis «Ohne Gentechnik hergestellt» bereits heute, allerdings nur, wenn lückenlos dokumentiert werden kann, dass im Herstellungsprozess vollständig auf GVO verzichtet wurde. Weil Futtermittelzusätze wie etwa Enzyme oder Vitamine oft mit Hilfe von gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden, war eine Kennzeichnung bislang kaum möglich.
Von Import-Produkten abheben
Der Schweizer Bauernverband stört sich seit langem daran, dass man die GVO-freie Produktion nicht ausloben kann. Von einer solchen Kennzeichnung erhofft man sich, bei der überwiegend Gentechnik-kritischen Bevölkerung punkten und sich von ausländischen Produkten abheben zu können. Der Bauernverband weist darauf hin, dass in den hiesigen Ladenregalen die meisten importierten tierischen Produkte von Tieren stammen, die GVO-Futter gefressen haben – ohne, dass dies deklariert werde.
Bauernverbandsdirektor Jacques Bourgeois begründete seine Motion damit, dass die Schweizer Landwirtschaft so konsequent auf Gentechnik verzichte wie keine andere auf der Welt. Das führe zu Mehrkosten in Millionenhöhe, ohne dass man dies hervorheben dürfe. Bourgeois betont zudem, dass im Ausland punkto «GVO-frei»-Kennzeichnung weniger streng Regeln als in der Schweiz gelten, was für die hiesige Landwirtschaft ein Wettbewerbsnachteil sei.
Im Parlament stiess Bourgeois’ Anliegen auf Verständnis, beide Kammern haben den Vorstoss gutgeheissen. Auch der Bundesrat empfahl die Motion zur Annahme. Bundesrat Alain Berset hielt fest, dass die Regeln im Ausland weniger streng seien als hierzulande und dass man eine Lösung finden müsse, die alle Akteure zufrieden stelle.
Zweifel an einer Lockerung der heutigen Gesetzgebung äusserte die Stiftung für Konsumentenschutz. Es sei täuschend, wenn man Produkte als explizit gentechfrei auslobe, die - im Fall von Futtermittelzusätzen - mit Gentechnik in Berührung gekommen seien. Bei der "Ohne Gentechnik"-Deklaration gelte es einen Ansatz zu finden, der aussagekräftig und verständlich, aber dennoch nicht täuschend sei, sagte Josianne Walpen von der Stiftung für Konsumentenschutz gegenüber dem LID.
Anbau verboten, Verfüttern erlaubt
In der Schweiz ist der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) untersagt. Das Verbot gilt noch bis Ende 2017. Der Ständerat will es um weitere 4 Jahre verlängern, der Entscheid des Nationalrats steht noch aus. Im Gegensatz zum Anbau ist das Verfüttern von GVO-Futterpflanzen erlaubt. Vier Sorten sind als Tierfutter zugelassen. Die Schweizer Landwirtschaft verzichtet jedoch freiwillig auf den Einsatz von GVO-Futterpflanzen. Im Ladenregal gibt es dennoch Lebensmittel, in denen GVO enthalten ist. Gemäss Bauernverband stammt der grösste Teil der importierten tierischen Produkte von Tieren, die GVO-Futter gefressen haben.
Futtermittelzusätze: GVO-Einsatz weit verbreitet
Futtermitteln werden Zusätze wie beispielsweise Vitamine oder Aminosäuren beigemischt, die für die Tiergesundheit wichtig sind. Produziert werden diese Zusatzstoffe oft mit gentechnisch optimierten Mikroorganismen. Dies ermöglicht es, aufwendige chemische Synthesen über mehrere Zwischenstufen durch einen einfachen Biotech-Prozess zu ersetzen. Deutlich tiefere Herstellungskosten, geringerer Ressourcenverbrauch und eine kleinere Umweltbelastung sind die Vorteile dieser Methode. Auch wenn GVO bei der Produktion von Vitaminen, Enzymen und Aminosäuren zum Einsatz kommen, seien die Futtermittelzusätze frei von GVO, betonen Biotechnologie-Experten.