Fertig verpackt vom Stall in die Küche, und bei Raumtemperatur drei Wochen haltbar: Das Ei ist ein einzigartiges Produkt, finden Bruno Stadelmann und Hans Fischer. Aus Eiern lassen sich auch allerlei Gerichte machen, vom Drei-Minuten-Ei über den Teigwarenauflauf bis zum süssen Dessert. Die beiden Landwirte kennen sich aus mit Eiern und Legehennen. Der 34-jährige Bruno Stadelmann hat seinen Hof in Willisau vor zwei Jahren übernommen. Und der heute 76-jährige Hans Fischer aus Malters hat 35 Jahre lang Eier produziert, bevor er den Betrieb im Jahr 1995 seinen Söhnen übergeben hat.
Verändert in der Eierproduktion hat sich in diesen Jahren viel. Futter und Wasser für die Hennen hat Hans Fischer zu Beginn selbst in die Ställe getragen, die Eier sammelte er von Hand ein. Nun läuft alles maschinell. Das Futter wird per Knopfdruck vom Silo über ein Röhrensystem in den Stall geführt, der Mist wird per Förderband abgeführt, und die gelegten Eier gelangen vom Stall auf einem Band in den Abpackraum, wo sie nur noch sortiert und verpackt werden müssen.
Der Musterstall
Beim Kauf von Eiern achten die Konsumenten auf die Herkunft. Drei von vier verkauften Eiern stammen aus Schweizer Ställen. Dass das Schweizer Ei so beliebt ist, ist den strengen Tierschutzvorschriften zu verdanken. Während in der EU die Käfighaltung erst seit diesem Jahr verboten ist, ist sie in der Schweiz bereits seit Anfang der Neunzigerjahre nicht mehr erlaubt. Als Fischer seine ersten Hühner einstallte, hielt auch er sie in Käfigen. "Mit der Zeit brachten die Hühner zu wenig Leistung", erzählt er. So wurde 1968 ein neuer Stall gebaut und in den Achtzigerjahren auf Bodenhaltung umgestellt. Damals habe sein Hof zu den Vorzeigetrieben gehört, so Fischer. "Wir haben eines der ersten in der Schweiz anerkannten Systeme eingebaut." Es war ein zweistöckiges System mit Sitzstangen, das noch heute im Stall steht. Zur Betriebsbesichtigung bei Fischers kamen interessierte Gruppen aus aller Welt. Von Bauern aus der Schweiz über Reisegruppen aus Japan bis zu Mitarbeitern des schwedischen Landwirtschaftsamtes, die sich den Musterstall in Malters anschauen wollten.
Auch Stadelmanns Vater hatte für seinen Betrieb in Willisau in den Achtzigerjahren eine Bewilligung für die Batteriehaltung. "Die Hühner so einzusperren, gefiel ihm aber nicht", erzählt Bruno Stadelmann. Folglich bauten sie einen Legehennenstall, der den Kriterien der Bodenhaltung entsprach. So konnten die Tiere frei herumlaufen. Heute werden die Eier bei Stadelmanns drei Mal pro Woche abgeholt und gelangen als Freilandeier in die Regale des Detailhandels.
Abgestimmter Speiseplan
Pro verkauftes Freilandei erhält ein Schweizer Eierproduzent durchschnittlich 23 Rappen. Den Preis handelt der Bauer oder die Interessensgemeinschaft, an die der Bauer angeschlossen ist, mit dem Händler jeweils Ende Jahr aus, und dieser gilt dann für das ganze nächste Jahr. Hans Fischer erhielt früher mehr: Ihm wurden jeweils um die 35 Rappen pro Ei ausbezahlt. Derzeit ist der Eiermarkt laut Stadelmann ausgeglichen, Überschüsse gibt es kaum. "Wir kommen im Grossen und Ganzen über die Runden." Denn während der Preis gesunken ist, hat sich die Leistungsfähigkeit der Legehennen mit der Zeit verbessert. "Die Hühner fressen immer weniger und legen immer mehr Eier", erklärt Stadelmann. Fischers Hühner legten in den Anfängen jährlich 150 bis 180 Eier. Die Spitzenleistungen der heutigen Legehennen liegen bei 300 Eiern pro Jahr. Die Fortschritte bei der Züchtung und der Futterzusammenstellung taten das Ihrige dazu bei. "Die Hühner und ihre Ernährung sind sehr gut erforscht", so Fischer. Sie erhalten also genau die Mischung und die Menge Futter, die sie in optimaler Weise Eier legen lässt.
Haltungs-Beiträge statt Eierverordnung
Was die agrarpolitischen Rahmenbedingungen betrifft, haben die Eierproduzenten ähnliches wie die Milchbauern durchgemacht. Bis Ende der Neunzigerjahre galt die so genannte Eierverordnung: Die Eierproduktion wurde staatlich gesteuert, die Bauern hatten Verträge und produzierten so viel, wie sie zugeteilt erhielten. Als die staatliche Eierverordnung aufgehoben wurde, gab es eine Strukturbereinigung. Zu viele Eier wurden produziert, der Preis fiel in den Keller. Die kleinen Eierproduzenten erhielten keinen Vertrag mehr und mussten aufgeben.
Während Stadelmann 8'000 Legehennen hält, sind bei Fischers Söhne 11'000 Legehennen eingestallt. Die Höchstbestandesgrenze ist gesetzlich geregelt: Maximal darf ein Schweizer Eierproduzent 18'000 Hennen halten. So grosse Betriebe seien bei ihnen im Luzernischen nicht verbreitet, betonen die beiden Bauern. Staatlich unterstützt werden die Eierproduzenten heute mit Beiträgen für besonders tierfreundliche Stallhaltungssysteme (BTS) und Auslauf im Freien (RAUS-Programm).
Dieses Prinzip soll auch mit der neuen Agrarpolitik 2014 bis 2017 beibehalten werden. "Dem Konsumenten ist das Tierwohl wichtig", sagt Stadelmann. Auch in Zukunft wird das Ei zu den wertvolleren Nahrungsmitteln zählen, finden beide. Doch man müsse sich bewusst sein, dass bereits in fünf Jahren wieder alles anders aussehen könne, meint Stadelmann. "Wenn die Konsumenten wieder sparen müssen, kaufen sie vielleicht wieder billigere ausländische Eier." Der Einkaufstourismus über die Grenze bekämen die Schweizer Bauern bereits heute zu spüren. Man müsse die Konsumenten vom Schweizer Ei überzeugen, indem man ihnen zeige, dass die Schweizer Eierproduzenten in Sachen Tierhaltung und Qualität die Besten seien.
Stadelmann bereut es nicht, dass er den Betrieb übernommen hat. Bis jetzt sei er zufrieden und der Betrieb konnte wachsen, sagt er. Noch grösser werden möchte er jedoch nicht. "Ich verbringe genügend Zeit im Hühnerstall", meint er und lacht. Ausgleich findet er bei seiner zwölf-köpfigen Mutterkuhherde, die er neben den Legehennen auf seinem Hof hält. Auch Hans Fischer würde noch mal von vorne anfangen. Er hat zwar ursprünglich Käser gelernt und neben der Eierproduktion die Milch der Bauern in der Gegend angenommen. Aber die Hühner sind ihm ans Herz gewachsen. Auch heute geht er noch jeden Morgen in den Hühnerstall, um die Eier auszunehmen.
Schweizer Bauern woher – wohin?
Seit 75 Jahren schlägt der LID Brücken zwischen Stadt und Land. In einer Artikelserie mit Bauern verschiedener Generationen sucht der LID 2012 Perspektiven für die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft.

