
LID: Von Januar bis November 2015 hat die Schweiz mehr Käse exportiert als in der gleichen Vorjahresperiode (+1%) - und dies trotz Frankenaufwertung. Alles halb so schlimm also?
David Escher: Die weltweit exportierte Menge von Januar bis November ist über alle Käse gesehen leicht positiv. Jedoch mussten die bekannten und grossen Sorten Emmentaler AOP, Le Gruyère AOP und Appenzeller Exportverluste hinnehmen. Insbesondere in Europa sind die Exporte rückgängig mit -1,2%. Hier spielten insbesondere der starke Franken und die damit verbundenen Preiserhöhungen eine entscheidende Rolle, was sich wiederum im Kaufverhalten der Europäer widergespiegelt hat. Verstärkend kommt hinzu, dass sich die europäische Konkurrenz aufgrund des Russlandembargos und der Aufhebung der Milchquoten weiter verschärft hat. Die Situation bleibt sehr angespannt.
Wie haben die Schweizer Käseexporteure und Switzerland Cheese Marketing auf den starken Franken reagiert?
Unsere Niederlassungen reagierten mit verstärkten Verkaufsförderungsaktivitäten wie Degustationen und Zweitplatzierungen. So holen wir den Konsumenten direkt am Verkaufspunkt ab und zeigen ihm vor Ort die hohen Qualitäten von Schweizer Käse. So lösen wir viele Kaufentscheide zugunsten von Schweizer Käse aus. Es gibt im Übrigen aber auch einige Sortenkäse, welche positive Verkaufszahlen verbuchen können wie der Tête de Moine AOP, der neue Swizzrocker (Tilsiter) in Deutschland oder auch Schweizer Raclette.
"Insbesondere in Europa sind die Exporte rückgängig"
Emmentaler AOP wurde deutlich weniger exportiert, während seine günstigere Kopie - der Switzerland Swiss - im Ausland zulegte. Sollte die Währungssituation anhalten: Wird die Schweiz zunehmend Billigkäse exportieren und weniger Qualitätskäse?
Switzerland Swiss nahm in der Zeitperiode Januar bis November in Europa ebenfalls ab mit -4,3%. Zulegen konnte dieses Produkt einzig ausserhalb von Europa. Derjenige Käse, der in der Schweiz produziert wird, wird ausschliesslich aus hochwertiger Schweizer Milch hergestellt. Alle Schweizer Käse zeichnen sich somit durch höchste Qualität aus. Aus diesem Grund sind wir auch preislich meist höher als die europäische Konkurrenz. Es wird immer Konsumenten geben, die bereit sind, für hohe Qualität einen angemessenen Preis zu bezahlen. Die Masse der Konsumenten bleibt jedoch preissensibel. Daher werden hochpreisige Käsespezialitäten von günstigeren Varianten konkurrenziert.
"Unser Emmentaler AOP hat im Augenblick die schwierigste Ausgangslage"
Auffallend ist, dass Emmentaler AOP im Export deutlich mehr verloren hat als andere Sortenkäse wie Gruyère AOP oder Appenzeller. Der starke Franken kann also nicht alleine schuld sein am Minus des Emmentalers.
Unser Emmentaler AOP hat im Augenblick die schwierigste Ausgangslage. Einerseits wird in der Schweiz günstiger Schweizer Grosslochkäse hergestellt und andererseits ist er einer extrem harten internationalen Konkurrenz ausgesetzt, wie es die anderen Sorten in diesem Ausmass nicht kennen. Denken wir nur an den Emmentaler aus dem Allgäu, denjenigen aus der Savoie oder die unzähligen Grosslochkäse, die in den Niederlanden und sonst wo in Europa produziert werden. Gegen all diese Produkte muss der Emmentaler AOP am Verkaufspunkt positiv auffallen und sich durchsetzen. Der eingeschlagene Weg mit Michelle Hunziker als Markenbotschafterin für den Emmentaler AOP in den Hauptexportmärkten Italien und in Deutschland hilft mit, dieses Ziel zu erreichen.
Verlierer | Gewinner |
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Emmentaler 11'563 t, -9,6% | Switzerland Swiss 4'367 t, +5,4% |
Gruyère 10'904 t, -1,7% | And. Frischkäse/Quark 2'945 t, +164% |
Appenzeller 4'443 t, -1,7% | And. Halbhartkäse (<45%FiT) 4'941 t, +21,4% |
Mozzarella 2'248 t, -42% | And. Halbhartkäse volfett 3,988 t, +21% |
Es gibt auch Gewinner: Die Exporte von Halbhartkäse haben deutlich zugenommen. Auch die Ausfuhren in der Kategorie Frischkäse/Quark legten markant zu. Wie ist das möglich angesichts der aktuellen Währungssituation?
Viele Verkaufspunkte im Ausland wollen sich mittels Schweizer Käsespezialitäten von der Konkurrenz abheben. Aus diesem Grund bieten sie nebst den bekannten Sorten - ein Muss für jede Theke - auch diverse andere Schweizer Käse an. Wichtig ist, festzuhalten, dass der Exportpreis von Schweizer Käse von 9,30 Franken im 2014 auf 8,70 Franken im 2015 gesunken ist. Die Sortenkäse haben ihre Preise erhöht, die übrigen exportierten Käse wurden hingegen tendenziell etwas günstiger verkauft. Schliesslich ist die Rubrik "Frischkäse und Quark" in Europa mengenmässig um -0,4% gesunken, weltweit konnte diese Rubrik um 0,3% zunehmen. Von einem markanten Zuwachs kann daher nicht die Rede sein.
"Mit Besorgnis schauen wir auf das TTIP"
Der Käse-Import nahm zwar zu, jedoch bewegt sich das Plus im Rahmen der Vorjahre. Überrascht es sie nicht, dass die Einfuhren keinen Sprung gemacht haben?
Es fällt auf, dass der Import mengenmässig um 3.0% zugenommen hat. Wertmässig hingegen nahm er um -12,3% ab. Im 2015 hat die Schweiz mehr ausländischen Käse importiert, aber dafür weniger ausgeben müssen, eine einmalige Situation!Seit einigen Jahren stellen wir eine mengenmässige Abflachung der Importe fest. Die Nachfrage der Industrie und der Grossgastronomie für Billigkäse scheint langsam gesättigt zu sein. Der Schweizer Konsument hingegen schätzt beim Käsekauf die einheimische Qualität und bevorzugt Schweizer Produkte. Über die Jahre hat Switzerland Cheese Marketing zudem ihr Inlandmarketing verstärkt, indem sie heute nicht nur den Endkonsumenten bearbeitet, sondern beispielsweise auch die Gastronomie und das Thekenpersonal schult.
Mit welcher Entwicklung rechnen sie im aktuellen Jahr?
Die aktuelle Wirtschaftslage wird sich in den nächsten Monaten nicht wesentlich verbessern. Wir werden weiterhin gefordert sein, unser Bestes zu geben, um keine Marktanteile zu verlieren. Mit Besorgnis schauen wir auf das TTIP, das Transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und USA. Eine Unterzeichnung würde unsere Exportanstrengungen in die USA wesentlich beeinträchtigen.
Hat die neue Währungssituation auch etwas Positives?
Nein. Sie wirkt sich negativ auf das Exportgeschäft aus. Und dieses ist für die Schweizer Käsebranche auch in Zukunft von essentieller Bedeutung.
Frankenstärke: Preise für Dünger und Traktoren purzeln
mw. Der starke Franken hat auch seine positiven Seiten für die Landwirtschaft. Bauern mussten für Traktoren deutlich weniger tief ins Portemonnaie greifen. 2'887 Stück wurden gemäss Bundesamt für Statistik von Januar bis November 2015 neu in Verkehr gesetzt. Das entspricht einem Plus von 16 Prozent gegenüber der gleichen Vorjahresperiode.
Markus Angst spricht denn auch von einem guten Jahr. Er leitet den Verkauf bei der GVS Agrar AG, der Generalimporteurin von Fendt-, Massey Ferguson- und Valtra-Traktoren. Die Preise sind laut Angst um 11 bis 12 Prozent gesunken, was je nach Traktoren-Modell schnell einmal 10'000 Franken und mehr ausmache. Dass der Boom anhält, glaubt Angst indes nicht. Er geht davon aus, dass sich investitionswillige Bauern 2015 eingedeckt haben und die Verkäufe heuer markant abnehmen werden.
Die plötzliche Frankenaufwertung hat nicht nur Traktoren verbilligt, sondern auch andere importierte Produktionsmittel wie zum Beispiel Dünger. Diese seien rund 10 Prozent günstiger geworden, sagt Jürg Friedli, Geschäftsführer von Landor, dem grössten Schweizer Düngemittel-Händler. Billiger wurde etwa Ammonsalpeter, der meistverkaufte Dünger. Andere Produkte wie beispielsweise Diammoniumphosphat (DAP) blieben hingegen preislich stabil, weil sie in Dollar gehandelt würden, so Friedli. Mehr Dünger hätten die Bauern aber trotz tieferer Preise nicht eingekauft, weil man wegen der einzelbetrieblichen Nährstoffbilanz pro Fläche nur eine gewisse Menge an Mineraldüngern ausbringen dürfe.
