Fast 1'000 Hektaren Wald verteilt auf vier Solothurner und eine Baselbieter Gemeinde: Das ist die Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Am Blauen. Diese bewirtschafte den Wald in ökologischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Hinsicht in vorbildlicher Weise, lobt die Binding Stiftung. Diese verlieh deshalb ihren Waldpreis, den mit 200'000 Franken höchstdotierten Umweltpreis der Schweiz, anfangs Mai der interkantonalen FBG Am Blauen. Ökologisch sei die Bewirtschaftung, weil die Förderung der Biodiversität hochgeschrieben werde. Gesellschaftlich agiere die FBG vorbildlich, weil eine Dialog-Kultur mit der Bevölkerung gepflegt werde. Und ökonomisch sei die FBG erfolgreich, weil sie seit ihrer Gründung im Jahr 2003 schwarze Zahlen schreibe.
Mehrheit schreibt rote Zahlen
Letzteres schafft nur eine Minderheit der Forstbetriebe. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zusammenarbeit mit Waldwirtschaft Schweiz, die im Auftrag der Bundesämter für Umwelt und Statistik die Betriebsergebnisse von 200 Forstbetrieben (Forstwirtschaftliches Testbetriebsnetz) unter die Lupe nahmen. Resultat: 56 Prozent der untersuchten Betriebe schrieben im Jahr 2010 rote Zahlen. Brisant: Gerade die Waldbewirtschaftung, das eigentliche Kerngeschäft, trug am meisten zu den negativen Betriebsergebnissen bei.
Verluste wegen hohen Kosten
Dass viele Forstbetriebe Verluste machen, hat hauptsächlich mit hohen Maschinen- und Personalkosten bzw. mit dem teilweise ineffizienten Einsatz zu tun. Forstbetriebe führen eine breite Palette an Arbeiten aus. Deshalb rentiere sich die Anschaffung von Spezialmaschinen – etwa für die Holzernte – nicht, weil diese für andere Arbeiten nicht geeignet seien. Stattdessen würden die Forstbetriebe mit den vorhandenen Ressourcen wirtschaften, was dann aber höhere Kosten zur Folge hat, als wenn man eine Spezialmaschine einsetzen würde. Weitere Kostentreiber sind der grosse Aufwand für den Strassenunterhalt, hohe Verwaltungskosten infolge kleinstrukturierter Forstbetriebe oder die Produktion von Brennholz, weil diese viel Handarbeit erfordert und somit die Herstellungskosten oft die Verkaufserlöse übersteigt.
Leistungen für Öffentlichkeit besser abgelten
Die Betriebsergebnisse würden nicht die ganze Realität widergeben, gibt Urs Amstutz, Direktor Waldwirtschaft Schweiz, gibt zu bedenken. Denn die Forstbetriebe erbringen viele Leistungen für die Gemeinschaft, die nicht oder nur teilweise abgegolten werden von der öffentlichen Hand. Das Bundesamt für Umwelt will dies in Zukunft ändern. Gemäss "Waldpolitik 2020" des Bundes sollen gemeinwirtschaftliche Leistungen – wie beispielsweise für Biodiversität oder Erholung – zukünftig entschädigt werden.
Mehr Effizienz dank Zusammenarbeit
Verbessern will das BAFU zudem die Leistungsfähigkeit der Waldwirtschaft. Die Autoren der Testbetriebsnetz-Studie fordern Forstbetriebe etwa auf, sich vermehrt auf den Markt auszurichten. Will heissen: Bei steigenden Preisen soll mehr Holz geschlagen werden und bei fallenden Preisen hingegen weniger. Dies werde heute noch zu wenig gemacht. Kosten könnten durch die Schaffung grösserer Forstreviere gesenkt werden, weil das eine effizientere Bewirtschaftung ermögliche. Und anstatt sämtliche Arbeiten selbst auszuführen, sollen sich die Forstbetriebe auf diejenigen Arbeiten beschränken, die sie effizient und kostengünstig erledigen können und fallweise mit externen Unternehmen zusammenarbeiten. Den Forstbetrieben wird zudem eine klare strategische Ausrichtung empfohlen. So könne es beispielsweise für einen Betrieb durchaus sinnvoll sein, weniger auf die Holzproduktion und stärker auf Dienstleistungen zu setzen, wenn die entsprechende Nachfrage vorhanden sei.
Aus 3 wird 1
Die FBG Am Blauen hat diese Grundsätze bereits beherzigt. So arbeiten die Bürgergemeinden Ettingen und Witterswil und die Gemeinden Bättwil, Hofstetten-Flüh und Metzerlen-Mariastein seit 2003 zusammen. "Aus drei Revieren wurde ein Revier", erklärt FBG-Betriebsleiter Christoph Sütterlin. Damit hätten die Kosten gesenkt werden können – etwa bei der Verwaltung. Die grössere Waldfläche erlaube eine bessere Auslastung von Personal und Maschinen. Spezialarbeiten lässt die FBG Am Blauen jeweils von externen Unternehmen ausführen, erklärt Sütterlin. Zudem habe man sich strategisch ausgerichtet, auf Arbeiten zugunsten der Biodiversität oder der Pflege von Waldrändern beispielsweise, was von der öffentlichen Hand abgegolten werde. Rund 65 Prozent des Holzes, das die FBG Am Blauen erntet, wird zu Energieholz verarbeitet – ein Betriebszweig, der bei vielen Forstbetrieben zu Verlusten führt. Die FBG Am Blauen aber schreibt seit Jahren schwarze Zahlen. Vorbildlich, wie die Bindung Stiftung findet.
