
Der Schweizer Milchmarkt befindet sich in der Krise. Gemäss Bauernverband liegt der Milchpreis so tief wie letztmals vor 50 Jahren. Betroffen ist vor allem Milch, die zu Rahm, Butter und Trinkmilch verarbeitet wird. 46 bis 48 Rappen erhalten Bauern derzeit für ein kg Molkereimilch, der Richtpreis liegt bei 65 Rappen. Zur Preiserosion geführt haben Verluste im Export infolge Frankenstärke, Einkaufstourismus, tiefe Weltmarktpreise, aber auch die aktuelle Überproduktion im Inland.
Die Schweizer Milchproduzenten (SMP), der Schweizer Bauernverband (SBV) und die Branchenorganisation Milch (BOM) haben deshalb am 27. Mai 2016 die wichtigsten Akteure – darunter Emmi, Cremo, Coop und Migros - zu einem „Milchgipfel“ nach Bern eingeladen, um gemeinsam nach Wegen aus der Krise zu suchen. Im Anschluss präsentierten SMP, SBV und BOM vor den Medien ein Manifest mit Forderungen.
Melken rentiert sich nicht mehr
SMP-Präsident Hanspeter Kern wählte deutliche Worte: „Die Molkereimilch-Produktion in der Schweiz ist in Gefahr. Viele Bauern sind in einer sehr verzweifelten Situation.“ Das sehen nicht nur Vertreter der Milchbauern so, sondern auch die Branchenorganisation Milch. Präsident Markus Zemp sagte: „Wir sind jetzt in einer Krise, die für einige Bauern existenzbedrohend ist.“ Bauernpräsident Markus Ritter mahnte: „Es muss sofort gehandelt werden, sonst wird die Milchproduktion in der Schweiz marginalisiert“.
Als Sofortmassnahme fordern BOM, SMP und SBV vom Bund unter anderem: Höhere RAUS-Beiträge, Vereinfachungen beim Programm „Graslandbasierte Milchproduktion“ (GMF) sowie mehr Geld für Absatzförderung.
Dominique Kohli, Vizedirektor des Bundesamts für Landwirtschaft, versicherte, dass der Bund bereit sei, bei der Absatzförderung mehr zu tun und schnell zu handeln. Betreffend GMF-Programm wollte sich Kohli nicht festlegen. Derzeit laufe Evaluation dazu. Der Bund bekenne sich aber zur Milchproduktion in der Schweiz. Kohli: „Die Schweiz ist ein Milchland.“ Langfristig seien die Perspektiven für die Milchproduktion gut, dies würden Studien der OECD und FAO zeigen.
Mittelfristig fordern BOM, SMP und SBV eine Verbesserung der Rahmenbedingungen zugunsten der Milchproduktion: Der Bund müsse etwa die Milchkaufverträge verbindlicher regeln. Es brauche klare Vorgaben bezüglich Menge und Preis, forderte SBV-Direktor Jacques Bourgeois. Heute sei es so, dass Bauern oft erst im Nachhinein erfahren würden, in welchem Segment ihre Milch vermarktet worden sei. Bauern müssten das aber im Voraus wissen, damit sie entscheiden könnten, ob sie C-Milch liefern sollen oder nicht. Der SBV erhofft sich von einer solchen Regelung eine mengendämpfende Wirkung.
Noch keine Entspannung in Sicht
Trotz „Milchgipfel“: Mit einer baldigen Entspannung rechnen die Akteure nicht. Markus Zemp: „Es sieht nicht nach einem schnellen Ende aus.“ Das sieht auch Markus Ritter so: „Die Situation wird kurzfristig angespannt bleiben.“ Junglandwirten rät der Bauernpräsident, derzeit keine Investitionen in die Milchproduktion zu tätigen und stattdessen Alternativen zu prüfen.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann hat die Milchbranche zu Gesprächen eingeladen. Dann werden die heute vorgestellten Forderungen diskutiert. Hanspeter Kern erwartet konkrete Antworten des Bundes.
