
2016 markierte der 8. August denjenigen Tag, an welchem die Menschheit jegliche von der Erde regenerierbare Ressourcen dieses Jahres verbraucht hatte. Der „Earth Overshoot Day” ist das erste Mal Anfang der 70er Jahre aufgetreten. Damals lag er jedoch noch im Dezember. Kontinuierlich verschiebt sich dieses Datum vor. Doch wie kann der Ressourcen-Verbrauch eingedämmt werden?
Ein etwas anderer Ansatz
Thomas Vellacott, CEO vom WWF Schweiz, argumentierte in seinem Referat über nachhaltigen Konsum an der 8. Konsumententagung der Migros mit dem sogenannten „Nudging”. „Nudge” bedeutet zu Deutsch so viel wie Schubs oder Stossen. Damit ist die Methode gemeint, Menschen in eine gewisse Richtung zu stossen, ohne dabei auf Verbote, Gebote oder finanzielle Anreize zurückzugreifen. Mit „Nudging” können mit teilweise kleinen und nicht aufwendigen Handlungen Verhaltensänderungen der Konsumenten hervorgerufen werden. Denn wie Studien zeigen, reicht ökologisches Wissen nicht, um den Menschen nachhaltig handeln zu lassen.
Zurück zu „Nudging” mit einer Veranschaulichung: Ein Mensa-Betrieb wollte seinen CO2-Ausstoss mit Hilfe des WWF verringern. Zunächst dachten die Betreiber daran, Küchengeräte zu erneuern. Bei einer Untersuchung hat sich jedoch herausgestellt: Durchschnittlich nehmen zwei Drittel der Gäste Menu 1, unabhängig davon, woraus sich dieses Menu zusammensetzt. Wenn zwei bis drei Mal pro Woche Menu 1 vegetarisch ist, kann der Mensa-Betrieb durch diese simple Veränderung seine Emission verringern. Die Produktion von 100 Gramm Rindfleisch verbraucht 1‘540 Gramm CO2. Auf 100 Gramm Linsen, die einen ähnlichen Proteingehalt aufweisen, kommen hingegen nur 70 Gramm CO2.
Grüner Standard
Eine andere Veranschaulichung gab Vellacott in der Podiumsdiskussion. Er sprach von „Green Default” – zu Deutsch: „Grüner Standard”. Da die meisten Menschen nicht aktiv Standard-Angebote verändern, könne dies für die Umwelt genutzt werden. Er schlägt vor, erneuerbare Energien als solche festzulegen. Wem dies zu teuer ist, müsste sich explizit gegen die Nachhaltigkeit und für den „Dreckstrom”, wie Vellacott diesen nennt, entscheiden. Heutzutage ist dies noch nicht der Fall. Für ökologisch nachhaltigen Strom muss der Konsument sich meist aktiv entscheiden.
Die Botschaft des Referats ist deutlich: Wenn der Planet auch noch für künftige Generationen bestehen soll, ist effizienter Ressourcen-Verbrauch ein Muss. Das bedeutet jedoch, dass der Konsument sich verändern muss. Luxus und Bequemlichkeit müssen für eine nachhaltige Welt eingeschränkt werden. Dann heisst es: ÖV anstatt Auto sowie Schiff oder Zug anstatt Flugzeug, um nur einen Aspekt zu nennen.
Das ist „Nudging”
Die „Nudge Theory” kommt aus der Verhaltensökonomie. Sie argumentiert, dass positive Bestärkungen und indirekte Vorschläge effektive Anreize für die gewünschten Entscheidungen von Gruppen und Individuen schaffen. Diese können sogar effektiver sein als direkte Vorgaben, Gesetze oder Zwänge. Der Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und Rechtswissenschaftler Cass Sunstein prägten den Begriff „Nudge” massgeblich mit ihrem Werk „Nudge: Improving Decisions about Health, Wealth, and Happiness” (2008, dt.: „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstösst”). Ein Beispiel für einen „Nudge”: Wenn bei einem Kantinen-Buffet Obst in Griffnähe ist, Donuts und Süsswaren hingegen nicht, greifen Nutzer eher zu Obst. Ein vorgeschlagener „Nudge” ihrerseits gilt dem System der Organspende: Jeder gilt als Organspender, bis er sich explizit dagegen entscheidet.