
Zu den zentralen Punkten des Abkommens zählen laut Wirtschaftsdepartement WBF ein weitgehend freier Zugang für schweizerische Industrieprodukte und ausgewählte landwirtschaftliche Erzeugnisse, der Schutz des geistigen Eigentums sowie umfassende Bestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung.
Als besonders wichtig erachtet der Bund das Abkommen vor dem Hintergrund, dass die EU ebenfalls ein Abkommen mit den Mercosur-Staaten abgeschlossen hat. Allerdings wollen aufgrund der zahlreichen Feuer im Amazonas-Gebiet und dem Verhalten von Brasiliens Präsident Bolsonaro derzeit mehrere EU-Staaten das Abkommen stoppen, sollte sich die Lage nicht ändern. So drohen Frankreich, Irland und Luxemburg mit der Blockade des Abkommens. Falls Brasilien seinen Umweltschutzverpflichtungen nicht nachkomme, werde Irland keinesfalls für das Abkommen stimmen, zitiert das österreichische Agrarportal aiz.info den irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar. Finnland, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, denkt derweil über ein Importverbot für brasilianisches Rindfleisch nach. Ein Abkommen zwischen der EU und Mercosur entspräche dem grössten Freihandelsabkommen der Welt.
Hohes Einspar-Potenzial
Sollte das Efta-Mercosur-Abkommen zustande kommen, wäre es für die Schweiz nach den Abkommen mit der EU und mit China dasjenige mit dem grössten Zolleinsparungspotenzial. Der Bund schätzt es auf maximal 180 Millionen Franken pro Jahr.
Mittelfristig würden mit dem Abkommen knapp 95 Prozent der Schweizer Exporte in die Mercosur-Staaten vollständig zollbefreit. Im Agrarbereich soll die Schweiz unter anderem Konzessionen für Käse, Kaffee, Zuckerwaren, Schokolade, Biskuits, Energy Drinks und Tabakprodukte erhalten.
Die Schweiz gewährt Mercosur im Gegenzug zollfreien Marktzugang für Industrieprodukte inkl. Fischereiprodukte. Im Agrarbereich erlaubt die Schweiz jährliche Konzessionen für Fleisch (3'000 Tonnen Rind-, 1'000 Tonnen Poulet-, 200 Tonnen Schweinefleisch), Käse, Speiseöle (2'000 Tonnen für Soja- und Erdnussöl), Weizen zur menschlichen Ernährung (1'500 Tonnen), gewisse Früchte und Gemüse, Honig, Futtergetreide, Rotwein (35'000 Hektoliter) sowie verarbeitete Produkte.
Zudem soll das Abkommen einen Mechanismus enthalten, sollte das Abkommen "schwere Verwerfungen" auf den Schweizer Agrarmärkten verursachen. Die Konzessionen könnten im Notfall temporär ausgesetzt werden.
Schweizer Bauernverband: Konzessionen gehen sehr weit
Für den Schweizer Bauernverband (SBV) gehen die Konzessionen im Agrarbereich teilweise sehr weit, wie er mitteilt. Beim Rindfleisch wolle die Schweiz unter Berücksichtigung der Marktgrösse deutlich mehr zugestehen, als dies die EU bei ihrem Abkommen getan habe. Ob der SBV die Konzessionen unterstützt, ist noch nicht klar. Dazu müssten diese zunächst im Detail analysiert werden, so der Verband.
Für mangelhaft umgesetzt hält der Bauernverband den Verfassungsartikel 104a Buchstabe d. Dieser verpflichtet den Bund zu Handelsverträgen, welche zur Nachhaltigkeit beitragen. Jair Bolsonaro, Präsident des grössten Mercosur-Agrarstaats Brasilien, trete jedoch den Umweltschutz und die Arbeitsrechte mit Füssen, so der SBV. So habe er die Abholzung des Regenwaldes wieder erlaubt und über 200 Pflanzenschutzmittel zugelassen, welche in der Schweiz und in ganz Europa wegen ihrer Gefährlichkeit verboten seien. Für den Verband ist zwingend, dass Konsumentinnen und Konsumenten mit einer klaren Deklaration über in der Schweiz verbotene Produktionsweisen informiert werden.
Schweizer Tierschutz: Tierquälerische Importprodukte
Der STS will das Abkommen kritisch analysieren. Der Tierschutz fordert die Beibehaltung der bisherigen Importkontingente (insbesondere beim Fleisch), Produktionsstandards gemäss Schweizer Tierschutzgesetz, strenge Fleisch-Hygienekontrollen an der Schweizer Grenze sowie Massnahmen zur Verbesserung der Deklaration, wie er mitteilt.
Laut STS werden mit den Abkommen tierschutzwidrige und tierquälerische Importprodukte auf den Markt kommen, die bei weitem nicht dem Niveau der Schweizer Produkte entsprechen. Beim Pouletfleisch - das fast ausschliesslich aus Brasilien stammt - herrschten Produktionsbedingungen, die den Schweizer Vorstellungen von Tierschutz komplett widersprächen. Beim Rindfleisch sei vor allem die Haltung der Rinder in Feedlots höchst problematisch. Hinzu komme der weit verbreitete Einsatz von Hormonen und Antibiotika zur Leistungsförderung.
Economiesuisse: Schweizer Landwirtschaft nicht gefährdet
Economiesuisse begrüsst das Abkommen. Es räume Handelshürden für Schweizer Firmen aus dem Weg und vermeide schwerwiegende Wettbewerbsnachteile gegenüber EU-Unternehmen, heisst es in einer Mitteilung. Erfreulich sei auch, dass die Parteien weitere Handelshemmnisse abseits der Zölle aus dem Weg räumen möchten. So könnten Schweizer Unternehmen künftig bei öffentlichen Ausschreibungen in den Mercosur-Staaten mitbieten.
Die Verhandlungsführer hätten zudem sichergestellt, dass die Kontingente für Agrarprodukte die Schweizer Landwirtschaft nicht gefährdeten, schreibt der Wirtschaftsverband.
Uniterre: Viele Verlierer
Die Bauerngewerkschaft Uniterre lehnt das Abkommen ab. Gewinner des Freihandels sei der transnationale industrielle Fleisch- und Agrarsektor, so Uniterre in einer Mitteilung. Verlierer seien die Familienbetriebe, Bäuerinnen und Bauern sowie kleine Betriebe der Lebensmittelverarbeitung.
Die zollfreien Importquoten von Rindfleisch, billigem Pouletfleisch, Weizen, Soja, Früchten und Wein drückten die Preise der heimischen Produktion, bedrohten die bäuerliche Landwirtschaft existenziell und untergrüben die Ernährungssicherheit, heisst es weiter.
Igas: Importe verkraftbar
Die Interessengemeinschaft Agrarstandort Schweiz (Igas) hält die jährlich gewährten Konzessionen an Importen für Rindfleisch für verkraftbar, wie sie mitteilt. Die Partner der Schweizer Rindfleisch-Vermarktungskette könnten die Gelegenheit nutzen, sich neu und besser zu positionieren, dies auch bezüglich Nachhaltigkeit.
Das aktuelle Umfeld mit Brandrodungen im Amazonasgebiet und die Haltung von Brasiliens Präsident Bolsonaro seien ein kommunikativ denkbar schlechtes Umfeld für eine nüchterne Einordnung des Abkommens, so die Igas. Die Organisation sieht darin aber den Vorteil, dass der Nachhaltigkeit gerade daher besonders grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden müsste. Gleichzeitig schreibt die Igas, dass für eine seriöse Beurteilung des Abkommens noch Informationen fehlten.
Grüne: Abkommen stoppen
Die Grüne Partei Schweiz will bereits an der Delegiertenversammlung vom kommenden Samstag über die Vorbereitung eines Referendums entscheiden, wie Präsidentin Regula Rytz auf der Website zitiert wird. Dies falls das Parlament das Abkommen nicht stoppt. Es sei unsäglich, dass Bundesrat Parmelin den Abschluss eines Freihandelsabkommens präsentiere, während der Amazonas-Regenwald in Flammen stehe.
SP: Unterzeichnung undenkbar
Die mutwillige Zerstörung des Regenwaldes in Brasilien mache deutlich, dass die brasilianische Regierung ihren Umweltverpflichtungen nicht nachkomme, so die SP. Für die Sozialdemokraten ist eine Unterzeichnung des Abkommens deshalb gegenwärtig undenkbar. Die Partei hat beschlossen, ein allfälliges Referendum zu unterstützen.

Mercosur (in Brasilien Mercosul) bedeutet "Gemeinsamer Markt Südamerikas". Mitglieder sind Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Die Mitgliedschaft von Venezuela ist dauerhaft suspendiert.
Assoziierte Staaten sind Bolivien (befindet sich im Beitritts-Prozess zum Vollmitglied), Chile, Kolumbien, Ecuador, Guyana, Peru und Surinam.
Die Efta besteht aus der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island.