
Emmentaler Switzerland will bei der Mengensteuerung künftig wieder auf die Hilfe des Bundes zählen können. Dieser soll die Allgemeinverbindlichkeit erteilen, so dass sich künftig auch Produzenten ausserhalb der Sortenorganisation an die Produktionsfreigaben halten müssen. An einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung vergangenen Mittwoch in Bern stimmten die Delegierten grossmehrheitlich dafür, beim Bundesrat ein Gesuch einzureichen. Ganz ohne Kritik blieb der Antrag nicht, der Wunsch von Kurt Nüesch, Direktor der Schweizer Milchproduzenten und Vorstandsmitglied von ES, ein einstimmiges Ergebnis zu erhalten, wurde nicht erfüllt.
So kritisierte Käsehändler Peter Rüegg die Bilanz aus den Jahren mit Mengensteuerung. Diese sei katastrophal ausgefallen. Man habe innerhalb von 3 Jahren 8'000 Tonnen Produktion verloren, gleichzeitig lägen die Einschränkungen mittlerweile bei 50 Prozent. Mit der Mengensteuerung versuche man, die verkrusteten Strukturen aufrecht zu erhalten. ES-Präsident Heinz Wälti widersprach dem heftig. Die Strukturen seien massiv bereinigt worden. Zudem hätten insbesondere Schwemmen von billigem Käse aus dem Ausland aufgrund der Währungssituation und des Russland-Embargos für die Probleme gesorgt und nicht die Strategie der Sortenorganisation. Man müsse auf eine Premiumstrategie setzen, den Käse billig zu verkaufen bringe nichts. Weil praktisch alle Delegierten aus Produktion, Handel und Herstellung den Worten Wältis folgten, wird nun der Bundesrat darüber zu entscheiden haben, ob eine neue Allgemeinverbindlichkeit erteilt wird.
Die bisherige Allgemeinverbindlichkeit war Ende Juni dieses Jahres ausgelaufen, seither wurde die Mengensteuerung auf privatrechtlicher Basis weitergeführt. In dieser aktuellen Konstellation besteht die Gefahr, dass Produzenten austreten und sich damit nicht mehr an die Vorgaben halten müssen, was zu ungleichen Spiessen führt. Derzeit produziert ein Käser ausserhalb der Sortenorganisation, das System hat seit Juni also vergleichweise gut funktioniert.
"Geschlossen auftreten"
Zu Beginn der Versammlung hatte Heinz Wälti an die Anwesenden appelliert, geschlossen aufzutreten und insbesondere die aktuelle Währungsproblematik angesprochen. "Vor allem in den Auslands-Hauptmärkten Deutschland und Italien haben wir Schwierigkeiten, voran zu kommen", sagte Wälti. Der ES-Präsident setzt dabei auf hohe Qualität. "Ich wehre mich verbissen dagegen, dass der Emmentaler verschleudert wird", stellte Wälti klar.
Vom Emmentaler überzeugen lassen, sollen sich die Konsumenten unter anderem von Michelle Hunziker. Besonders in Italien soll sie den gewünschten Erfolg bringen und künftig auf Gestellen und Stickern am Verkaufspunkt stark präsent sein, wie ES-Direktor Stefan Gasser sagte. Die Italienerinnen und Italiener können zudem mit einem Emmentaler-Wettbewerb einen Jahreseinkauf gewinnen. Auch in Deutschland setzt Emmentaler Switzerland auf eine starke Präsenz am Verkaufspunkt. So wird in 680 Fililalen des deutschen Einzelhändlers Edeka mit Instore TV auf den Schweizer Traditionskäse aufmerksam gemacht.
Abpacken im Ausland bleibt möglich
Letzten April hatte die Delegiertenversammlung verschiedenen Änderungen im Pflichtenheft zugestimmt, darunter auch eines Verbots des Abpackens im Ausland. Dagegen sind inzwischen einige Einsprachen eingegangen, weshalb darüber abgestimmt wurde, den laufenden Antrag zurückzuziehen und damit lange Verfahren zu verhindern. Die Delegierten stimmten dem klar zu, auch wenn einzelne Votanten Kritik geäussert hatten.
Weiter standen Änderungen im Reglement an, so unter anderem zu einem neuen Bonus-/Malus-System sowie zum Abrechnungsmodus und zur Übertragung von Referenzmengen. Aus der Versammlung wurde in einer Wortmeldung bemängelt, dass die Neuerungen nicht weit genug gingen und das Resultat deshalb enttäuschend sei. Dennoch wurden die Änderungen deutlich mit nur wenigen Gegenstimmen angenommen.