LID: Die Eierproduzenten haben beschlossen, künftig kein importiertes Mischfutter mehr zu verwenden. Haben Sie kein Vertrauen in die ausländischen Futtermühlen?
Jean Ulmann: In den letzten Jahren gab es im Ausland einige Skandale. Wir wollen unbedingt verhindern, dass wir durch im Ausland hergestellte Futtermittel in solche Skandale verwickelt werden. Zudem ist es ein Imagegewinn für Schweizer Eier, wenn sie mit im Inland hergestelltem Futter produziert werden. Derzeit wird ständig von Swissness geredet. Wir wollen in dieser Hinsicht mit gutem Beispiel vorangehen.
Dennoch bleiben sie vom Ausland abhängig.
Richtig. Unser Futtermittelbedarf lässt sich nicht zu 100 Prozent aus inländischer Produktion decken, weil das entsprechende Angebot nicht vorhanden ist. Aber wir wollen, dass das Futter zumindest hier verarbeitet wird.
Wenn fortan ausschliesslich hierzulande hergestelltes Mischfutter verwendet wird, ist davon auszugehen, dass die Produzenten für den Kauf von Futter tiefer ins Portemonnaie greifen müssen.
In der Schweiz gibt es mehrere Futtermühlen. Der Wettbewerb spielt. Deshalb gehen wir nicht davon aus, dass die Produktionskosten zunehmen.
Die Eier werden also nicht teurer für die Konsumenten?
Nein. Möglich, dass sich die Produktionskosten von einem Ei bei der Verwendung von im Ausland hergestelltem Mischfutter um einen Rappen senken liessen. Doch davon bleibt dem Konsumenten so wie so kaum etwas.
Beim Entschluss, ausschliesslich in der Schweiz verarbeitetes Mischfutter zu verwenden, handelt es sich um eine Resolution. Der Beschluss ist also nicht verbindlich?
Nein. Aber wir wollen als Verband eindeutig Position beziehen. Produzenten, die nach Suisse-Garantie-Vorschriften Eier produzieren, sind bereits heute verpflichtet, nur in der Schweiz gemischtes Futter zu verwenden.
Inwiefern hat sich die letztjährige Dioxin-Krise in Deutschland auch in der Schweiz bemerkbar gemacht?
Die Konsumenten waren zunächst verunsichert. Die Nachfrage nach Eiern nahm gleich nach Ausbruch der Krise ab. Bald darauf konnten wir sogar mehr Eier verkaufen als vor der Krise, weil die Nachfrage nach Import-Eiern zurückging. Wir haben gemerkt, dass die Leute Schweizer Eiern grosses Vertrauen entgegenbringen.
Dioxin-Skandal in Deutschland
Anfangs 2011 wurde in Deutschland in Proben von Eiern und Geflügel Dioxin nachgewiesen. Grund: Ein Futtermittelhersteller aus Schleswig-Holstein hatte Mischfettsäuren aus der Biodieselproduktion für die Herstellung von Tierfutter verwendet. Als Folge brach die Nachfrage nach Eiern ein. Zudem liess die Politik Betriebe vorsorgliche sperren; auf dem Höhepunkt waren fast 4'500 Bauernhöfen betroffen. Die Eierbranche bezifferte die infolge der Dioxin-Krise entstandenen Verluste auf rund 100 Mio. Euro. Die Politik reagierte prompt und führte eine schärfere Meldepflicht für Futtermittelhersteller und Labore ein.
