Durch viele Kurven und enge Strassen führt der Weg zum Hof Waldenstein im Solothurnern Faltenjura. Jean-Pierre Voyame ist ein Vorzeigebiobauer. Er produziert nicht nur biologisch, sondern biologisch-dynamisch nach strengen Demeter-Vorgaben. Früher hätten seine Nachbarn den Hof als "Blüemli-Betrieb" bezeichnet. Heute aber würden sie sehen, dass man auch mit Biodiversität ökonomisch gut wirtschaften könne, sagt Voyame. Möglich wird dies durch Beiträge des Bundes. Voyame sieht die Artenvielfalt nicht als Ergänzung zu seinen Schottischen Highlandern oder zum Beerenanbau, sondern als eigenen Betriebszweig. Der Hof Waldenstein nimmt am Förderprojekt Biodiversität teil, das Bio Suisse zusammen mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und SVS/BirdLife Schweiz betreibt.
Vorurteil entkräften
Man möchte dem Vorurteil, dass Landwirtschaft und Naturschutz ein grosser Widerspruch seien, mit einem konkreten Praxisbeispiel entgegen treten, sagt Lukas Pfiffner, Experte für Biodiversität beim FiBL. Das FiBL begleitet und berät die 60 Bauern in diesem Projekt und überprüft ihre Massnahmen. Für Pfiffner ist die Förderung der Biodiversität im betrieblichen Konzept des modernen Biolandbaus unverzichtbar. "Biodiversität ist eine so wichtige Grundlage wie die Bodenfruchtbarkeit", so Pfiffner. Reiche Biodiversität biete vielfältigen Nutzen im Anbausystem, insbesondere wenn man die vielen Wechselwirkungen mit der Produktion in Betracht ziehe. "Beispiele dafür sind die natürliche Bestäubung oder die Schädlingsregulation", sagt Pfiffner.
Förderprojekt Biodiversität: 60 Bio-Höfe sind beteiligt
Das Förderprojekt Biodiversität wird von Bio Suisse in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und dem Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz betrieben. Finanziert wird das Projekt durch den Coop Fonds für Nachhaltigkeit. Durch das Projekt werden gezielte Massnahmen zur Förderung der Biodiversität auf Knospe-Betrieben getroffen, die eine deutliche Wirkung auf die Artenvielfalt haben sollen. Das Interesse der Biobauern am Projekt war gross, nicht alle konnten aufgenommen werden. 60 Betriebe aus der Schweiz nehmen teil. Die Höfe werden vom FiBL beraten und bei der Durchführung der Massnahmen unterstützt, am Schluss wird eine Vereinbarung abgeschlossen. Eine genauere Dokumentation der Wirkung erfolgt auf 20 ausgewählten Betrieben. Nach Abschluss des Projekts soll eine Erfolgskontrolle Aufschluss über die erreichten Ziele geben.
Biobetriebe mit besonderer Verantwortung
Biobetriebe könnten eine besondere Verantwortung gegenüber der Natur wahrnehmen, so Pfiffner. Intensiv geführte konventionelle Betriebe hätten deutlich weniger Möglichkeiten, etwas für die Biodiversität zu tun. "Einige Aspekte, wie etwa eine seltene, bedrohte Ackerflora zu erhalten, können nur durch den konsequenten Herbizidverzicht, also durch den biologischen Landbau erreicht werden." Je intensiver die Landwirtschaft, umso stärker werde die Biodiversität geschädigt, so Pfiffner. "Insbesondere hoher Stickstoffinput und die Anwendung vieler chemischer Pflanzenschutzmittel wirken sich negativ auf die Artenvielfalt aus", sagt der Agrarökologe.
Wer aber Biodiversität als eigenen Betriebszweig betreibt, tut dies auch auf Kosten der mengenmässigen Produktion von Nahrungsmitteln. Pfiffner verweist in diesem Punkt auf das Schweizer Konzept der multifunktionalen Landwirtschaft mit Einbezug von gemeinwirtschaftlichen Leistungen. Damit werde auch ein Verfassungsauftrag erfüllt. "Eine nachhaltige Landwirtschaft ist zudem volkswirtschaftlich sinnvoll. Denn wo weniger Umweltschäden entstehen, kann der Staat schnell viel Geld einsparen", meint Pfiffner.
Für viele unerreichbar
Wie auf dem Vorzeigehof von Jean-Pierre Voyame kann es nicht überall laufen. "Für viele ist Naturschutz auf so hohem Niveau unerreichbar, insbesondere in strukturarmen Ackerbaugebieten", sagt Pfiffner. So gibt es auch im Förderprojekt Betriebe, die einiges an Zeit brauchen, um gezielte Massnahmen zugunsten der Biodiversität umzusetzen und je nach betrieblicher Struktur und Landschaftskontext sind sie zu viel weniger bereit.
Lukas Pfiffner ist aber überzeugt, dass der Ansatz der gesamtbetrieblichen Beratung, wie ihn das Projekt bietet, bei vielen Bauern einen positiven Prozess auslöst. "Es gibt manche Bauern, die erst durch das Förderprojekt einen Zugang zur Biodiversität gefunden haben", zeigt sich Pfiffner zufrieden. Neben dem Einbezug der betriebs- und arbeitswirtschaftlichen Aspekte hält er auch einen weiteren Punkt für entscheidend: "Die Arbeit nur für das Geld oder für das Erreichen von Punkten oder Massnahmen zu tun, reicht nicht. Das Ganze muss schlussendlich Freude machen und verstanden werden, dann wird es auch erfolgreich und nachhaltig umgesetzt."

