
LID: Rund zwei Drittel des Bio-Getreides muss importiert werden. Warum stellen nicht mehr Schweizer Bauern auf Bio um angesichts der hohen Nachfrage und guter Preise?
Daniel Bärtschi: Betriebe, die sich eine Umstellung überlegen, sind meist vielfältig aufgestellt. Sie produzieren nicht nur Getreide, sondern meist auch noch Milch und Fleisch, wo der Markt tendenziell eher gesättigt ist. Deshalb überlegen sich diese Bauern eine Umstellung sehr gründlich. Dazu kommt, dass für Bio-Zuckerrüben nicht die Preise bezahlt werden, die ein Bauer eigentlich haben müsste. Und beim Raps besteht das Problem des Rapsglanzkäfers, so dass sich Betriebe fragen, ob sich dieses Risiko lohnt.
In der EU muss nicht der ganze Betrieb biologisch bewirtschaftet werden, in der Schweiz aber schon. Könnte mit einer Regelung wie in der EU nicht der Engpass bei Schweizer Bio-Getreide entschärft werden?
Wir halten das nicht für eine nachhaltige Lösung, wenn nur einzelne Betriebszweige biologisch bewirtschaftet würden. Zudem würden Konsumenten das wohl kaum verstehen. Es kann nicht sein, dass ein Bauer einen Teil seiner Flächen biologisch bewirtschaftet und bei einem Teil chemisch-synthetische Pestizide einsetzt. Wir wollen deshalb, dass Betriebe gesamtheitlich umstellen.
Gibt es nebst Getreide weitere Bio-Lebensmittel, die knapp sind?
Ja, zum Beispiel Ölsaaten wie Sonnenblumen oder Raps, aber auch Soja und Eiweisserbsen. Knapp ist das Angebot zudem bei gewissen Fleischkategorien wie Poulet. Aber auch bei der Milch, wo wir eine hohe Eigenversorgung haben, gibt es Potenzial, weil der Bio-Markt wächst.
Ein Milchverarbeiter wollte unlängst Bio-Milch importieren, weil es angeblich saisonal zu wenig Biomilch gibt. Gibt es zu wenig?
Im Frühling gibt es tendenziell eher zu viel und im Sommer zu wenig, weil die Kühe dann vielfach auf der Alp sind. Aber wenn man richtig plant, erhält man die benötigten Mengen. Es muss keine Bio-Milch importiert werden, um eine angebliche Lücke im Inland zwei bis drei Monate zu überbücken.
Discounter buhlen seit langem um die Knospe - bislang vergeblich.
Wir führen Gespräche mit Aldi und Lidl. Wir erwarten ein langfristiges und glaubwürdiges Engagement für den Biolandbau. Dazu gehört auch die Unterstützung von Innovations- und Forschungsprojekten. Ausserdem wollen wir, dass die Discounter ein repräsentatives Sortiment an Schweizer Bio-Lebensmittel führen.